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Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden

Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden

Titel: Duell der Magier 01 - Unter den magischen Monden
Autoren: Jo Clayton
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herrschte immer noch Dunkelheit, als sie sich einer Reihe von Kreidefelsen näherte. Über ihr brach die Wolkendecke auf, und die Tänzer wurden sichtbar, die letzten von elf Monden, die sich zur Sammlung scharen sollten, drei kleine Grenzpunkte, die sich fast gleichzeitig bewegten und gleichzeitig zunehmend, abnehmend oder voll waren. Sie zeigten nun fast ihre volle Gestalt, und ihr Lichtschein genügte, um ihr die kleine Unterbrechung in der Brandungslinie zu zeigen, mit der die Wellen gegen die Klippen donnerten. Sie segelte in die kleine Bucht, ankerte inmitten des Kanals – die Gezeiten zur Zeit der Mondsammlung waren launisch. Als sie sicher verankert lag, brach sie auf dem feuchten Deck zusammen, zu erschöpft, um sich wegen ihrer triefenden Kleidung und der kalten Luft Gedanken zu machen.
     
    Und dann kam der Alptraum: Immer wieder spielte sie ihre Flucht durch. Immer wieder sah sie Tayyans Gesicht vor sich, ihre flehenden, vorwurfsvollen Augen. Und immer wieder hörte sie: »Hilf mir, Serroi, hilf mir.« Und sie sah sich laufen wie ein Tier. Und immer wieder hatte sie Norids lächelndes Gesicht vor Augen, die glatte Linie der Brauen, die auf hübsche Weise über die dunkeln, warmen Augen führte, das dreieckige Gesicht mit den fein gezeichneten Lippen, der gebogenen Nase, den zarten Nasenflügeln mit dem herabhängenden Rubin –nicht den Norid von der Straße, nicht diese wertlose Messingimitation, sondern den andern, den ersten, Ser Noris,
ihren
Noris.
     
    Serroi erwachte keuchend mit Herzbeklemmungen und vom Entsetzen gepackt – bis sie sah, wie das Segel träge gegen den Mast schlug. Das Boot unter ihr schaukelte im Wind und der zurückweichenden Ebbe. Sie setzte sich unter Stöhnen auf. Alles tat ihr weh, und ihr Alptraum war noch nicht ganz von ihr gewichen.
    Die frühe Morgensonne glich einer gequetschten Orange, an deren unteren Ende ein Gebirge nagte, das man Zähne der Erde nannte. In der vergangenen Nacht hatten sich Gewitterwolken dort aufgetürmt und das rote, goldene und purpurne Licht aufgesaugt. Der Wind zerrte an ihrem Haar, zupfte einzelne Locken aus dem fuchsbraunen Schopf und kitzelte ihr Gesicht damit. Sie berührte das grüne Oval, schloß die Augen, streckte die unsichtbaren Fühler aus, die sie stets bei solcher Suche von sich ausgehen fühlte, und reckte sie, so weit es nur ging. Kein denkendes Wesen innerhalb ihrer Reichweite. Sie strich zart über den Hautfleck und erschauderte vor Vergnügen bei der Erinnerung an die Liebkosungen anderer Finger. Tayyan
     
    Hilf
mir, rief Tayyan. Serroi schaute hinab zu ihrer Kampfgefährtin, die in ihrem eigenen Blut ausgestreckt lag, dann wanderte ihr Blick zu dem Norid, dem Schwarzen Mann, und Grauen durchströmte sie. Sie lief los. Huschte wie ein Tier über Dachziegel und Mauern. Rannte mit Tayyans vorwurfsvollem Blick ständig im Rücken.
     
    Serroi schauderte, rieb sich die Augen, lehnte den Kopf zurück gegen das Sitzpolster neben dem Ruder und beobachtete, wie die Sonne höher stieg. Allmählich bemerkte sie, wie hungrig sie war. Sie legte sich die flache Hand auf den Bauch und wunderte sich über die Lebensgier ihres Körpers. Sie blinzelte, um die quälenden Erinnerungen zu verscheuchen, stand auf und begann, die Spinde zu durchwühlen. Sie fand einen Weinschlauch und schüttelte ihn, quetschte ein paar Tropfen des säuerlichen Inhalts in ihren ausgedörrten Mund und schüttelte wich Sie brach sich hei öffnen einer Zwiebackdose einen Fingernagel ab, setzte sich hin und lutschte an dem Finger, während sie die hellbraunen Gebäckstücke durchstöberte. Sie fischte eines davon heraus, kaute auf dem harten Stück und nippte von dem sauren Wein. Dann setzte sie die Erkundung des Bootes fort.
    Es war sauber und gepflegt, offensichtlich der Stolz eines armen Fischers. Da gab es Ersatzteile, Baumwollflicken fürs Segel, Kordel zum Flicken von Netzen, sauber aufgerollte Angelschnur, ein kleines Päckchen Nadeln, derbes Garn und vieles mehr. Auf halbem Weg stieß sie auf ihren Bogen, der immer noch gespannt dort lag, wo sie ihn hatte fallen lassen. »Yaelmri würde mir den Kopf abreißen.« Sie beugte sich nieder, löste die Schlinge, strich mit der Hand über das sorgsam geschwungene Holz und war froh, daß es trotz der ständigen Nässe noch stark wirkte. Sie hängte den Bogen zum weiteren Trocknen an den Mast, streckte sich und tätschelte sich beim Gähnen vor den Mund.
    Höher oben an den Felsen brüteten Hanguli-Passare in den
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