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Du wirst die Schoenste sein

Du wirst die Schoenste sein

Titel: Du wirst die Schoenste sein
Autoren: Mari Posa
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Schluck, als wir vor Ernestos Haus ankamen. Das Sonnenlicht auf der weiß gestrichenen Fassade blendete mich geradezu. Zwei Männer arbeiteten an einem Blumenrondell, einer pflanzte, der andere bewässerte.
    Und dieses Mal kam mir der Hausherr persönlich entgegen. Mit breitem Lächeln. Gespielt oder echt? Leger gekleidet mit aufgekrempelten Hosenbeinen und blauem T-Shirt. Ich entdeckte am Haaransatz über der linken Schläfe eine schmale silberne Strähne.
    Ernesto teilte mir mit, René sei noch unterwegs, werde aber demnächst eintreffen und bis dahin parkte er mich in einem Raum mit hellen Sofas, wo ein kleiner Imbiss für mich bereit stand. Eine Köstlichkeit aus violetten Feigen und Käsebällchen auf grünem Salat und einem leicht nach Honig schmeckendem Dressing. Dazu schenkte mir Ernesto gut gekühlten Weißwein ein und entschuldigte sich dann wegen der Vorbereitungen für das angeblich spektakuläre Foto-Shooting.
    Während ich aß, blickte ich auf die Fensterfront vor mir, die einen traumhaften Blick auf Mallorcas eigentlichen Pool, dem Mittelmeer, bot. Und auf die steile Auffahrt zum Haus, gesäumt von einer Hecke aus weiß blühendem Oleander und einen Springbrunnen seitlich am Haus. Ich fragte mich allen Ernstes, ob ich wirklich in jenem Haus war, in dem mir das Pool-Desaster zugestoßen war. Denn trotz verschwenderischer Beleuchtung war mir doch einiges entgangen.
    Minuten später stürmte ein mir unbekannter Mann herein und schmatzte mir Küsse auf beide Wangen.
    „Hi, Thea geht’s gut?“ erkundigte er sich mit breitem Lächeln. „Ich konnte mich heute leider nicht hübsch machen für dich. Ich komm direkt aus dem Salon.“
    Ach Gott, jetzt erkannte ich ihn. An der Stimme, dem rundlichen Bauchansatz, seinen lebhaften Bewegungen. René im Naturzustand. Einziges Zugeständnis einer Verschönerung sein hochtoupiertes rötliches Haar.
    „Du hast meine Warnung neulich also nicht ernst genommen. Schade. Du warst so wunderschön und dann gleich platsch ins Wasser.“
    „Und deine Warnung heute?“ Ich blickte gespannt zu ihm auf.
    „Keine Warnung heute. Komm mit.“ René nahm meine Hand. „Heute ist dein Tag, du wirst ihn genießen. Wirst wunderschön sein und wirst es auch bleiben.“
    Wir betraten einen Raum ähnlich dem Kostümfundus eines Theaters und gleichzeitig Künstlergarderobe mit Spiegel und Schminkutensilien.
    „Wieso werde ich es heute genießen? Bin ich heute diejenige, die entscheidet was passiert?“ erkundigte ich mich, als ich bereits vor dem Spiegel saß und René begonnen hatte, mich zu schminken.
    Er blickte mich mit kugelrunden Augen an. „Na hör mal, wer entscheidet wohl bei einem Shooting? Das Model oder der Fotograf?“
    Ja, klar. Dumme Frage.
    René umrahmte meine Augenpartie mit kräftigem Türkis, darüber kam ein Streifen Gold und zum Schluss ein Lilaton bis hoch zu den Brauen.
    „Ich mach heute einen wunderschönen Paradiesvogel aus dir“, sagte René, „für absolut spektakuläre Fotos.“
    Er öffnete eine der Plastikdosen auf dem Tisch vor mir. Durchsichtige Plastikdosen bis obenhin voller flauschiger kleiner Federn in verschiedenen Farben.
    „Keine Mimik jetzt, wenn ich bitten darf. Nicht sprechen, nicht lachen.“
    Auch von René kam in den nächsten Minuten kein Wort mehr. Konzentriert klebte er mir mit flinken Fingern kleine graue Federn auf Wangen, Kinn und Stirn. Setzte dann hier und da rötliche und türkisfarbene Federchen darüber. Über meine Nase kam gerade noch rechtzeitig ein schnabelartiges Gebilde, ehe ich wegen loser Flaumteilchen in der Luft zu niesen begann.
    Fasziniert verfolgte ich im Spiegel wie René mein Gesicht verwandelte. Als er zurücktrat, um sein Werk kritisch zu betrachten, tat ich dasselbe. Aber während er offensichtlich Zufriedenheit, ja Begeisterung ausstrahlte, fand ich mein Vogelgesicht reichlich gewöhnungsbedürftig. Ich erkannte mich nicht einmal wieder mit meinem eulenartigen Paradiesvogelgesicht. Aus der Traum also von professionellen Fotos für Modelagenturen. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass Fotos, in denen ich anonym blieb, gewisse Vorteile hatten. Ich traute Ernesto so einiges zu.
    Als nächstes ließ René meine Haare unter einem üppigen Federkopfputz verschwinden. Ich war jetzt also Eule mit einem Wedel aus Reiherfedern auf dem Kopf.
    „Später mach ich dir das ganze Zeug problemlos wieder runter. Ist nur Klebstoff für falsche Wimpern. Und du kannst vermutlich jetzt schon wieder reden. Versuch’s
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