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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie
Autoren: Tommy Engel
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Und prompt musste ich mir dann natürlich auch das ein oder andere Stückchen klauen, schon allein wegen der gespielten Erstauntheit meines Vaters, wenn er entdeckte, dass von seinem Teller wieder ein Happen fehlte. Ich war damals vielleicht fünf, und in dem Alter amüsiert man sich, wenn der Vater so erschreckt tut: Oh, wer hat denn da wieder was von meinem Teller stibitzt?
    Jedenfalls bin ich so ans Essen gekommen. Damals war ich nicht nur klein, sondern auch sehr schmal, aber na ja, auch das hat sich Gott sei Dank ein wenig geändert. Und apropos Gott: Gebetet wurde bei Engels nie vor dem Essen, das war nicht nötig. Schließlich wohnten wir direkt gegenüber der Nikolaus-Kirche.

ICH GEH UND STEH AN DIR VORBEI
    In unserer Küche ging es immer sehr lebhaft zu. Wir hatten oft Besuch, und als ich 1974 mit meiner eigenen Familie hier einzog, sollte es genauso weitergehen. Beinahe täglich stand Hans Süper in der Tür, dessen Vater hier auch schon oft gewesen war. Schließlich hatte dieser mit meinem Vater bei den Vier Botze gespielt.
    Damals, als ich noch klein war, kam auch meine Tante Ulli häufig vorbei. Die Schwester meines Vaters sollte mir bald meine ersten Jobs beim WDR besorgen. Besonders gefreut habe ich mich auch immer über Tante Änne. Eigentlich hatte ich sie als Tante adoptiert, weil sie so intensiv nach Tante roch. In Wirklichkeit war ich mit Änne nicht verwandt und sie nur eine Freundin meiner Mutter. Ich mochte sie nicht zuletzt deshalb so sehr, weil sie mir vieles beibrachte. Tante Änne sprach ein gepflegtes Hochdeutsch und konnte mir bei jeder Art von Hausaufgaben helfen.
    Die Mutter meines Vaters habe ich nie kennengelernt, wohl aber Oma Stöcker, wie wir sie nannten. Bis zu ihrem Tod war meine Oma mütterlicherseits oft bei uns zu Gast. Eine resolute Person war das, und sie trug gern ihr schwarzes Kleid mit den weißen Punkten. Damit lehnte sie sich aus genau jenem Fenster, hinter dem Jahrzehnte später meine Kinder herumturnten. Von dort aus überschaut man die Lotharstraße, den Spielplatz und die Kirche. Da war immer was los. Auch meine Mutter stand zum Ende hin oft an diesem Fenster.
    Wenn es als kleiner Junge Zeit für mich war, ins Bett zu gehen, kam Marga ins Spiel. So schlecht, wie ich aß, schlief ich auch ein. Und meistens wurde meine jüngste Schwester damit beauftragt, mich in den Schlaf zu singen. Marga sang ein Liedchen nach dem anderen, aber wenn sie fertig war, sah Klein-Thomas sie noch immer mit großen Augen an. Irgendwann muss sie vor lauter Verzweiflung begonnen haben, eigene Verse zu dichten. Einer davon, den sie mir später überlieferte, klingt ausgesprochen lyrisch: »Ich geh und steh an dir vorbei«, sang Marga. Ein herrliches Bild, das ein eigenes Lied wert wäre.
    Dass ihr irgendwann schlicht und einfach die Songs ausgingen, war jedoch noch Margas geringstes Problem. Denn draußen wartete längst Theo, ihr Freund, mit dem sie ausgehen wollte. Theo offenbarte mir lange Zeit später, dass er sich über diesen hellwachen Zwerg jahrelang geärgert hatte. Seiner Liebe zu Marga jedoch scheinen meine abendlichen Sperenzchen keinen Abbruch getan zu haben. Die beiden haben trotzdem geheiratet und bekamen zwei Mädels und zwei Jungs.

DUNKLE GESCHÄFTE
    Auch bei anderen Gelegenheiten war ich meinen älteren Schwestern wohl manchmal im Weg. Wenn sie zum Beispiel ins Kino wollten, aber eigentlich auf mich aufpassen mussten, wurde ich oft einfach mitgeschleppt. Was die Mädels dort hintrieb, war klar: Liebesfilme mit Typen wie Tyrone Power oder Errol Flynn, die sie anschmachten konnten. Einmal begann ich in einer besonders dramatischen Szene zu quengeln, weil ich pinkeln musste. Da jedoch in dem Moment niemand mit mir auf die Toilette gehen wollte, zog man mir die Hose runter, und das Geschäft wurde mitten im dunklen Saal verrichtet.
    Meine ersten bewussten Filmerlebnisse spielen im Rolandkino an der Berrenrather Straße. Meistens gingen wir am Sonntagmorgen dorthin, die Frühvorstellungen begannen um elf Uhr. Für 70 Pfennig sah man die Westernserie »Fuzzy Jones« mit Al St. John, das war so ein kleiner Kerl mit großem Schnäuzer. Auch Filme von Dick und Doof, wie wir damals zu Laurel und Hardy sagten, sah ich dort zum ersten Mal.
    Später fuhren wir dann natürlich in die Stadt, um richtiges, großes Kino zu erleben. Ich war in »Ben Hur«, als er frisch herauskam, Charlton Heston war noch jung und ich erst recht. Der erste Film mit Überlänge, ein Wahnsinn. Auch meine
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