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Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
Autoren: Doris Niespor
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Aber Julie war es gewöhnt, nicht die Beherrschung zu verlieren. Sie fasste sich schnell wieder. Das hatte sie in der Schule oft bitter nötig, denn wenn sie bei jeder Gemeinheit von Swantje und ihrem Klüngel ausgerastet wäre, hätte sie sich schon mehr als einmal lächerlich gemacht. Der Mann, Chris, sah irgendwie echt aus. Entweder war er ein gemeingefährlicher Irrer – oder tatsächlich ein Magier. Und das konnte man ja testen. “Mach mal was“, sagte sie herausfordernd.
    „Wie meinst du das?“, fragte Chris überrascht.
    „Na, du erzählst doch, du bist ein Magier, zeig mal was Gezaubertes.“
    „Was hättest du denn gerne?“
    Julie betrachtete ihre schmutzige alte Hose. „Eine saubere Hose“, antwortete sie, halb beschämt und halb hoffnungsvoll. Chris nickte und machte eine Handbewegung. Konnte sie für heute dem Spott ihrer Mitschüler wirklich entgehen? „Na toll“, sagte eine innere Stimme in Julie, „jetzt sitzt du schon hier im Stroh und hoffst, dass ein Magier dich rettet. Julie Denes, du bist durchgeknallt!“ Mitten in diese Gedanken hinein fühlte sie eine Bewegung am Bein, als würde eine Katze daran entlang streifen. Sie blickte an sich hinunter, und für einen Moment setzte ihr Herzschlag aus. Die Hose war nicht nur sauber, sie war auch nicht mehr zu klein. Und das Beste war: Es war eine echte Reithose, genau in dem Grün, das sie im Schaufenster des Reiterladens bewundert hatte!
    „So besser?“, fragte Chris, dem der Aufruhr in Julies Innerem offensichtlich nicht entgangen war.
    „Viel besser, danke!“ rief Julie begeistert. Sie war unheimlich beeindruckt von dem Kunststück. Heute würde in der Schule keiner über ihre schäbigen Klamotten lachen!
     
    Widerstand
     
    Ganz war Julie noch nicht überzeugt. Gut, sie glaubte jetzt den ganzen Schicksalskram und so, aber nach Tallyn zu gehen? Wer sollte sich um ihren Vater kümmern? War er nicht zu krank, um allein zu bleiben? Und sie selbst ohne Pferde, das konnte Julie sich beim besten Willen nicht vorstellen. Die Zeit lief weiter, aber Julie dachte in diesem Moment nicht an die Schule. Es war ihr zum ersten Mal egal, ob sie zu spät kam. „Ich kann das nicht machen“, entschuldigte sie sich bedauernd, „ich lasse meinen Vater nicht allein; und wenn ich nicht mit aufpasse, kümmert sich hier keiner richtig um die Pferde.“
    „Wenn die mir das mit den Pferden jetzt noch erlauben …“, fügte sie in Gedanken hinzu.
    Auf die Einwände, die sie laut vorgetragen hatte, war Chris gut vorbereitet: „Für die Pferde haben die Ricks schon jemand anderen eingestellt, da er sehr günstig arbeitet, konnten sie nicht nein sagen. Er wird die Pferde gut behandeln, schließlich habe ich ihn persönlich ausgesucht. Und wir brauchen auch in Tallyn Leute, die sich mit Pferden gut auskennen, wir machen eigentlich alles zu Pferd, es gibt bei uns keine Autos.“
    Das musste Julie erst einmal verdauen. Ihr Job war schon weg? Wo sollte sie jetzt Reitstunden herbekommen? – Und in Tallyn gab es keine Autos, nur Pferde … Ihr Herz machte plötzlich einen kleinen Hüpfer vor Freude. Wenn die Menschen in Tallyn alles mit dem Pferd machten, musste man vermutlich nicht fürs Reiten bezahlen!
    Doch sofort wurde sie wieder traurig, denn ihr war klar, dass sie trotzdem nicht gehen konnte. „Ich kann hier nicht weg, ich muss bei meinem Vater bleiben“, sagte sie, nun doch enttäuscht.
    Chris konnte sehr überzeugend sein, wenn er wollte, auch ohne wie Stu die Gabe der Beeinflussung zu benutzen, um schneller ans Ziel zu kommen. „Ganz ehrlich? Nimm es mir nicht übel, aber wenn du woanders wohnen würdest, müsste er nicht mehr nachts Kessel schrubben, und es würde ihm besser gehen. Außerdem würden wir ihm Geld überweisen, 380 Euro jeden Monat, sozusagen ein Stipendium.“ Chris musste grinsen; das hatte sich der Rat ausgedacht. Manche Leute dachten, dass eine Sache nur einen Wert hat, wenn sie teuer ist. Also hatten sie beschlossen, dass die Ricks für den Aufenthalt ihrer Tochter zahlen sollten. Die Idee, das Geld gleich auf das Konto von Julies Vater zu überweisen, brachte Chris immer noch zum Schmunzeln, schließlich war sie so gerecht – und von ihm.
    „Außerdem kommst du zu Weihnachten für vier Wochen nach Hause, da kannst du dich wieder um ihn kümmern.“
    Julies Widerstand brach zusammen. Ein Stipendium war genau das, wovon sie und ihr Vater die ganze Zeit geträumt hatten. Manchmal zeichnete man besonders fleißige Kinder damit aus;
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