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Drucke Zu Lebzeiten

Drucke Zu Lebzeiten

Titel: Drucke Zu Lebzeiten
Autoren: Franz Kafka
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sofort
straßenmäßig ange- zogen erscheint, weggehen zu
müssen erklärt, es nach kurzem Abschied auch tut, je nach der
Schnelligkeit, mit der man die Wohnungstür zuschlägt, mehr
oder weniger Arger zu hinterlassen glaubt, wenn man sich auf der Gasse
wiederfindet, mit Gliedern, die diese schon uner- wartete Freiheit, die
man ihnen verschafft hat, mit be- sonderer Beweglichkeit beantworten,
wenn man durch diesen einen Entschluß alle
Entschlußfähigkeit in sich gesammelt fühlt, wenn man
mit größerer als der ge- wöhnlichen Bedeutung erkennt,
daß man ja mehr Kraft als Bedürfnis hat, die schnellste
Veränderung leicht zu bewirken und zu ertragen, und wenn man so
die langen Gassen hinläuft, – dann ist man für diesen
Abend gänz- lich aus seiner Familie ausgetreten, die ins Wesenlose
abschwenkt, während man selbst, ganz fest, schwarz vor
Umrissenheit, hinten die Schenkel schlagend, sich zu seiner wahren
Gestalt erhebt.
       Verstärkt wird alles noch,
wenn man zu dieser späten Abendzeit einen Freund aufsucht, um
nachzusehen, wie es ihm geht.

    Entschlüsse

    Aus einem elenden Zustand sich zu erheben,
muß selbst mit gewollter Energie leicht sein. Ich reiße
mich vom Sessel los, umlaufe den Tisch, mache Kopf und Hals beweglich,
bringe Feuer in die Augen, spanne die Mus- keln um sie herum. Arbeite
jedem Gefühl entgegen, be- grüße A. stürmisch,
wenn er jetzt kommen wird, dulde B. freundlich in meinem Zimmer, ziehe
bei C. alles, was gesagt wird, trotz Schmerz und Mühe mit langen
Zügen in mich hinein.
       Aber selbst wenn es so geht,
wird mit jedem Fehler, der nicht ausbleiben kann, das Ganze, das
Leichte und das Schwere, stocken, und ich werde mich im Kreise
zurückdrehen müssen.
       Deshalb bleibt doch der beste
Rat, alles hinzunehmen, als schwere Masse sich verhalten und fühle
man sich selbst fortgeblasen, keinen unnötigen Schritt sich ablok-
ken lassen, den anderen mit Tierblick anschaun, keine Reue fühlen,
kurz, das, was vom Leben als Gespenst noch übrig ist, mit eigener
Hand niederdrücken, d. h. die letzte grabmäßige Ruhe
noch vermehren und nichts außer ihr mehr bestehen lassen.
       Eine charakteristische Bewegung
eines solchen Zu- standes ist das Hinfahren des kleinen Fingers
über die Augenbrauen.

    Der Ausflug ins Gebirge

    „Ich weiß nicht", rief ich ohne
Klang, „ich weiß ja nicht. Wenn niemand kommt, dann kommt
eben niemand. Ich habe niemandem etwas Böses getan, niemand hat
mir etwas Böses getan, niemand aber will mir helfen. Lauter
niemand. Aber so ist es doch nicht. Nur daß mir nie- mand hilft
–, sonst wäre lauter niemand hübsch. Ich würde
ganz gern – warum denn nicht – einen Ausflug mit einer
Gesellschaft von lauter Niemand machen. Na- türlich ins Gebirge,
wohin denn sonst? Wie sich diese Niemand aneinander drängen, diese
vielen quer ge- streckten und eingehängten Arme, diese vielen
Füße, durch winzige Schritte getrennt! Versteht sich,
daß alle in Frack sind. Wir gehen so lala, der Wind fährt
durch die Lücken, die wir und unsere Gliedmaßen offen
lassen. Die Hälse werden im Gebirge frei! Es ist ein Wunder,
daß wir nicht singen."

    Das Unglück des Junggesellen

    Es scheint so arg, Junggeselle zu bleiben, als
alter Mann unter schwerer Wahrung der Würde um Aufnahme zu bitten,
wenn man einen Abend mit Menschen verbrin-gen will,
krank zu sein und aus dem Winkel seines Bettes wochenlang das leere
Zimmer anzusehn, immer vor dem Haustor Abschied zu nehmen, niemals
neben seiner Frau sich die Treppe hinaufzudrängen, in seinem Zim-
mer nur Seitentüren zu haben, die in fremde Wohnungen führen,
sein Nachtmahl in einer Hand nach Hause zu tragen, fremde Kinder
anstaunen zu müssen und nicht immerfort wiederholen zu
dürfen: „Ich habe keine", sich im Aussehn und Benehmen nach
ein oder zwei Junggesellen der Jugenderinnerungen auszubilden.
      So wird es sein, nur daß man
auch in Wirklichkeit heute und später selbst dastehen wird, mit
einem Körper und einem wirklichen Kopf, also auch einer Stirn, um
mit der Hand an sie zu schlagen.

    Der Kaufmann

    Es ist möglich, daß einige Leute
Mitleid mit mir haben, aber ich spüre nichts davon. Mein kleines
Geschäft er- füllt mich mit Sorgen, die mich innen an Stirne
und Schläfen schmerzen, aber ohne mir Zufriedenheit in Aussicht zu
stellen, denn mein Geschäft ist klein.
       Für Stunden im voraus
muß ich Bestimmungen tref- fen, das Gedächtnis des
Hausdieners wachhalten, vor befürchteten Fehlern warnen
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