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Driver 2

Driver 2

Titel: Driver 2
Autoren: J Sallis
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Hand, wenn man mit einem Schraubenschlüssel abrutschte, und das Spanisch, das von den Wänden widerhallte.
    Zum ersten Mal hatte er seine Begabung in einer Werkstatt ausleben können, die dieser hier ziemlich ähnlich war, irgendwo auf der provisorischen Piste in der Wüste zwischen Tucson und Phoenix. Mit Herb hatte es angefangen, einem Außenseiter wie ihm, mit dem er sich in der Schule angefreundet hatte und für den Motoren, Getriebe und Radaufhängungen Dinge waren, die atmeten und lebten. Dann waren da noch Jorge, seine Familie und die Freunde der Familie gewesen, was so ungefähr den gesamten Einwohnern von South Tucson entsprach. Das war das erste Mal in seinem Leben gewesen, dass Driver das Gefühl hatte, irgendwo hinzugehören.
    Er erinnerte sich auch an Manny und wie er seine Tiraden über bestimmte Wörter und deren Missbrauch vom Stapel ließ. Sie hatten in einer Spelunke draußen beim LAX getrunken, in einer selbst ernannten Blues-Bar, in der ein Typ um zwei Uhr nachmittags für ein Publikum, das aus vier Säufern, einer Nutte, ein paar japanischen Anzugträgern und ihnen bestand, mit den Zähnen Gitarre spielte. Manny hatte noch ein Glas Wein runtergeschüttet und plötzlich eine andere Gesprächsrichtung eingeschlagen. »Hast du jemals einen Blick in einen Thesaurus geworfen? Ein Drittel davon ist nur Index. Genau wie in unserem Leben. Wir verbringen ein Drittel damit, herauszufinden, was die anderen zwei Drittel sind.« Man wusste nie, was in Manny gerade vorging.
    Oder überhaupt in irgendwem.
    So wie in diesem Typen beim Cola-Automaten. Rasierte Augenbrauen, rasierter Schädel, eine Haltung wie auf Freigang im Gefängnishof, übersät mit Tattoos. Sah aus wie tausend andere, die Driver kannte. Nur dass bei diesem Typen die Tattoos alle religiöse Motive hatten – als wäre er ein herumlaufendes Kirchenfenster –, dazu lächelte er so unschuldig wie ein Kind.
    »Es ist so wie immer im Leben«, hatte Manny gestern am Telefon gesagt. »Du musst dich entscheiden, was du willst, ansonsten drehst du dich im Kreis. Du willst den Typen entkommen?«
    »Klar will ich das.«
    »Oder willst du sie ausschalten?« Er wartete, dann lachte er. »Nun, da hast du’s. Wir grübeln, wägen ab und diskutieren. Während irgendwo in der Dunkelheit hinter den Worten still unsere Entscheidungen fallen.«

DRIVER WAR SICH NICHT SICHER , ob er jemals eine Entscheidung gefällt hatte, zumindest in Mannys Sinne. Man blieb locker, und wenn es an der Zeit war, schaute man sich um, sah, was da war, nahm es hin. Nicht, dass man sich von etwas unter Druck setzen ließ, aber man schwamm schneller mit der Strömung als dagegen. Es war, als läse man Zeichen, als folgte man einer Spur.
    Manny hatte natürlich darauf bestanden, dass so etwas Bockmist sei, mit Anflügen von Religion. »Zeichen? Was für beschissene Zeichen? Schilder mit Tempolimits oder mit
Vieh kreuzt Straße?«
Alles, was nicht vollkommen rational war, folgte in Mannys Augen religiösen Impulsen, zumindest verdeckt. An jenem Tag in der Blues-Bar war er sogar über Atheisten hergezogen. »Schlimmer als Christen. Die sind so tierisch von sich überzeugt. Haben im Grunde ihre eigene kleine Religion, ihre eigenen Rituale, Psalmen, Hanukkahs und Hosannas. Die hören einem einfach gar nicht zu.«
    Er ließ – wie üblich von einem Gedanken zum nächsten springend – in verschiedenen Akzenten und Tonlagen Teile aus Drehbüchern verlauten, an denen er gerade gearbeitet hatte.
    »Freier Wille, ist doch für’n Arsch. Woran wir glauben, Bücher, die wir schätzen, selbst Musik, die wir hören, verdammt – alles ist doch programmiert, mein Junge, wird uns alles durch Vererbung eingebrannt, durch unseren Hintergrund, dem wir ausgesetzt sind. Wir glauben, wir treffen Entscheidungen. Aber im Grunde kommt die Entscheidung auf uns zu, steht uns von Angesicht zu Angesicht gegenüber und zwingt uns mit ihrem Blick in die Knie.«
    »Also glaubst du, der Weg eines Menschen, sein Leben, ist festgelegt?«
    »Bezüglich Glaube siehe oben. Aber ja, wir sind plötzlich am Leben, flitzen herum wie Kakerlaken, wenn das Licht angeht, und dann gehen die Lichter wieder aus.«
    »Das ist verdammt düster, Manny.«
    »Keine Frage. Aber diese Augenblicke des Lichts, in denen wir herumlaufen – die können wunderbar sein.«
    Entscheidungen? Vielleicht, wenn er auftauchen würde. Aber ehrlich, hatten sie nicht auch ihn schon eine Weile vor sich hergetrieben? Bis er in einem Apartment draußen
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