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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition)
Autoren: Naomi Novik
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so früh am Morgen geweckt worden zu sein, wo doch nur ein weiterer leerer Tag vor ihm lag. »Das ist die binomische Formel. Yang Hui kannte sie schon vor Ewigkeiten.« Und damit steckte er den Kopf unter den Flügel und hoffte, wieder in einen Dämmerschlaf fallen zu können.
    Er dachte, damit sei die Angelegenheit ausgestanden, doch als er vier Tage später neben seinem See lag, landete der seltsame Drache mit wütendem Zischen neben ihm. Empört sprudelten die Worte aus
dem Weibchen hervor, sodass es sich bei dem Versuch, sie gleichzeitig auszuspucken, beinahe überschlug. »Bitte schön, diesmal habe ich was ganz Neues gefunden: Die soundsovielte Primzahl, zum Beispiel die zehnte Primzahl, ist immer dann sehr nahe an ihrem Wert, wenn man ihre Position mit der Zahl multipliziert, mit der man ein bestimmtes p potenzieren müsste, um auf denselben Wert zu kommen – die Zahl p«, fügte sie hinzu, »ist eine sehr erstaunliche Zahl, wie ich ebenfalls herausgefunden und sie deshalb nach mir benannt habe …«
    »Ganz bestimmt nicht«, höhnte Temeraire, durch eine wohltuende Verachtung angestachelt, als er bemerkte, worüber sie sprach. »Du sprichst von e und vom natürlichen Logarithmus, und was den Rest mit den Primzahlen angeht, ist auch alles Quatsch. Denk doch nur an die fünfzehnte Primzahl …« Und damit brach er ab, um das Ergebnis im Kopf auszurechnen.
    »Siehst du«, sagte sie triumphierend, und nachdem Temeraire zwei Dutzend weitere Beispiele durchprobiert hatte, musste er zugeben, dass das lästige Drachenweibchen vielleicht sogar recht haben könnte.
    »Und du brauchst mir nicht zu erzählen, dass Pythagoras das zuerst entdeckt hat«, fügte sie hinzu und warf sich in die Brust, »oder Yang Hui, denn ich habe Erkundigungen angestellt, und niemand hat je von einem der beiden gehört. Sie leben auf keinem der Stützpunkte oder in einem der Zuchtgehege, also kannst du dir diese billigen Tricks sparen. Ich habe mir das ja gleich gedacht; wer hat schon je von einem Drachen gehört, der Yang Hui heißt, so ein Unsinn.«
    Temeraire war im Augenblick weder verzweifelt noch müde genug, um zu vergessen, wie entsetzlich langweilig ihm war, und so war er weniger als sonst in der Stimmung, beleidigt zu sein. »Bei beiden handelt es sich nicht um Drachen«, sagte er, »und sie sind ohnehin schon seit vielen, vielen Jahren tot. Pythagoras war ein Grieche, und Yang Hui stammte aus China.«
    »Und woher willst du dann wissen, was sie entdeckt haben?«, fragte sie misstrauisch.
    »Laurence hat mir darüber vorgelesen«, sagte Temeraire. »Woher weißt du denn davon, wenn nicht aus irgendwelchen Büchern?«
    »Ich bin von allein draufgekommen«, sagte der andere Drache. »Hier gibt es ja nicht so viel anderes zu tun.«
    Ihr Name war Perscitia. Bei ihr handelte es sich um einen Kreuzungsversuch zwischen einem Malachit-Schnitter und einem leichtgewichtigen Pascalblauen. Doch das Ergebnis hatte sich als größer, langsamer und nervöser entpuppt, als die Züchter es sich erhofft hatten. Ihre Färbung war alles andere als ideal für jede Art von Tarnung, denn der Körper und die Flügel waren zum größten Teil leuchtend blau, von blassgrünen Streifen durchzogen, und entlang ihrem Rücken liefen in unregelmäßigen Abständen weitverteilte Stacheln. Sie war auch noch nicht sehr alt, anders als die meisten Drachen im Zuchtgehege, die einst angeschirrt gewesen waren, und sie hatte sich von ihrem Kapitän getrennt. »Nun«, sagte Perscitia, »ich hatte nichts gegen meinen Kapitän. Er hat mir beigebracht, Gleichungen zu lösen, als ich klein war, aber ich sehe keinen Sinn darin, in den Krieg zu ziehen und auf mich schießen oder mich von Klauen zerreißen zu lassen, ohne dass mir irgendjemand einen Grund dafür hätte nennen können. Und als ich nicht kämpfen wollte, wollte er mich nicht mehr.« Die letzte Bemerkung klang leichthin, aber Perscitia mied Temeraires Blick bei diesen Worten.
    »Wenn du von Formationskämpfen sprichst, kann ich es dir nicht verübeln; es ist ausgesprochen ermüdend«, sagte Temeraire. »In China mochten sie mich nicht, weil ich gerne kämpfe«, fügte er hinzu, um mitfühlend zu sein. »Das gehört sich nicht für Himmelsdrachen.«
    »China muss ein sehr angenehmer Ort sein«, sagte Perscitia sehnsüchtig, und dem konnte Temeraire nicht widersprechen. Wenn Laurence es nur gewollt hätte, dachte er traurig, dann könnten sie jetzt gemeinsam in Peking sein und vielleicht durch die Gärten des
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