Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dornröschens Bestrafung

Dornröschens Bestrafung

Titel: Dornröschens Bestrafung
Autoren: Anne Roquelaure
Vom Netzwerk:
dunkelrot vom Wein und seine
Augen ungewöhnlich groß und glasig. Wundervoll war er. Verrückte Gedanken kamen
ihr in den Sinn. Ihn zu fesseln, ihm selbst das Geschirr anzulegen und...
    “Wir dürfen uns nicht
verlieren. Was immer auch geschehen mag“, sagte Tristan. „Wir müssen uns
Augenblicke stehlen, wann immer wir können, um miteinander zu sprechen. Man
wird es uns vielleicht nicht immer erlauben, aber ... „
    „Mit einem Herrn, der so
verrückt ist wie deiner, werden wir sicher reichlich Gelegenheit dazuhaben“,
meinte sie.
    Tristan lächelte. Doch
plötzlich verfinsterte sich sein Blick. Still blieb er liegen und horchte.
    “Was ist?“
    „Da ist niemand draußen auf
den Straßen“, sagte er. „Es herrscht völlige Stille. Dabei fahren um diese Zeit
stets Kutschen auf der Straße.“
    „Sämtliche Tore sind
geschlossen!“, erzählte Dornröschen. „Und die Soldaten sind alle weg.“
    „Aber warum?“
    „Ich weiß es nicht. Man
sagt, dass sie die Küste nach Räubern ab suchen.“
    Tristan erschien ihr in
diesem Moment so wunderschön, dass sie wünschte, sie würden sich ein weiteres
Mal lieben. Sie richtete sich auf, setzte sich zurück auf ihre Fersen und schaute
auf sein Glied, das schon wieder zum Leben erwachte. Dann starrte sie auf ihr
eigenes Spiegelbild in dem weit entfernten Spiegel. Sie bewunderte den Anblick
von ihnen beiden. Doch als sie genauer hinschaute, sah sie noch jemanden im
Spiegel, eine geisterhafte Figur. Sie sah einen Mann mit weißem Haar, der sie
beobachtete!
    Und Dornröschen schrie.
Tristan setzte sich auf und starrte nach vorn. Aber sie hatte bereits erkannt,
was es war. Der Spiegel war ein doppelter Spiegel, einer dieser alten Tricks,
von denen sie als Kind gehört hatte. Tristans Herr hatte sie die ganze Zeit
beobachtet. Sein dunkles Gesicht war erstaunlich klar, sein weißes Haar glühte
beinahe, seine Augenbrauen waren ernst zusammengezogen. Tristan lächelte und
errötete zugleich. Die Tür öffnete sich. Nicolas näherte sich dem Bett, der
vornehme Mann in samtenen Kleidern, und drehte Dornröschens Schultern zu sich.
    „Wiederhole, was du gerade
gesagt hast. Alles, was du über die Soldaten und diese Räuber gehört hast.“
    Dornröschen errötete. „Bitte
verrate mich nicht dem Hauptmann!“ flehte sie.
    Und dann erzählte sie, was
sie von der ganzen Geschichte wusste. Für einen Moment stand Tristans Herr da
und überlegte.
    „Kommt“, sagte er und zog
Dornröschen vom Bett hoch, „Ich muss Dornröschen sofort zurück zum Gasthaus
bringen.“
    „Darf ich gehen, Herr?
Bitte ... „ fragte Tristan.
    Doch Nicolas war in
Gedanken. Er schien die Frage nicht gehört zu haben. Er drehte sich um und
bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Sie eilten den Korridor hinunter und durch die
Hintertür aus dem Haus. Nicolas befahl ihnen zu warten, als er in Richtung
Zinnen ging. Lange schaute er von einem Ende des großen Walls zum anderen. Die
Stille begann Dornröschen zu ängstigen.
    „Aber das ist doch töricht!“,
flüsterte Nicolas, als er zurückkam. „Sie scheinen das Dorf ohne ausreichende
Verteidigung verlassen zu haben.“
    „Der Hauptmann glaubt, dass
die Räuber die Höfe außerhalb der Mauern angreifen und die Landhäuser
überfallen“, berichtete Dornröschen. „Und er hat Wachen aufgestellt, ganz
bestimmt.“
    Nicolas schüttelte missbilligend
den Kopf. Dann verriegelte er die Tür seines Hauses.
    „Aber, Herr“, fragte
Tristan. „Wer sind diese Räuber?“
    Seine Miene hatte sich
verfinstert, und in seiner Art lag nun nichts mehr von einem Sklaven.
    “Kümmere dich nicht darum“,
sagte Nicolas streng, als er aufbrach und vor ihnen her ging. „Wir werden
Dornröschen zurück zu ihrer Herrin bringen. Kommt schnell!”

Desaster
    Nicolas führte sie schnell
durch das Gewirr der kleinen Gassen. Er hatte Tristan und Dornröschen erlaubt,
zusammen hinter ihm zu gehen. Und Tristan hielt Dornröschen in seinen Armen,
streichelte und küsste sie. Das nächtliche Dorf schien ruhig und friedvoll, die
Bewohner waren sich keiner Gefahr bewusst. Doch plötzlich, als sie sich dem
Platz der Wirtshäuser näherten, ertönte von weit her ein schreckliches Getöse,
kreischende Schreie und der donnernde Krach von Holz gegen Holz -zweifellos der
Klang eines Rammbocks! Die Glocken der Dorftürme ertönten. Überall öffneten sich
Türen.
    „Lauft! Schnell!“ rief
Nicolas.
    Von überall her tauchten
Leute auf, brüllten und schrien durcheinander. Fensterläden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher