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Don Blech und der Goldene Junker

Don Blech und der Goldene Junker

Titel: Don Blech und der Goldene Junker
Autoren: Max Kruse
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dufteten ihm die Blumen aus den Gärten entgegen, dann hörte er geschäftige Geräusche aus den Gassen, dann sah er in der Ferne die schattenhaften Umrisse des Schlosses Firifalo. Dort regierte der junge König Panja. Wie alle jungen Leute wollte auch er alles besser machen als die Väter. Deshalb hatte es vor Monaten geheißen: »Blechbüchsenarmee ade!«
    Die Soldaten hatten ihre Rüstungen beiseite gestellt. Viele machten aus dem goldgelben Blech nützliches Haushaltsgerät. Sie wurden Handwerker und brave Ehemänner. Vor ihren kleinen Behausungen stapelten sich Töpfe, Schüsseln, Kannen und Krüge zum Verkauf. Früher einmal hatten sie auf das Kommando: »Hinlegen! — Roll!! — Roll!!!« die Feinde niedergewalzt. Und jetzt freute sich Don Blech, wenn er daran dachte, was nun aus seinen Soldaten geworden war. Wochenlang war das helle Kling-Kling der Hämmer und das Singen der Feilen überall zu hören gewesen.
    Auch in Don Blechs Haus. Auch er, der frühere Anführer der rollenden Armee, war unter die Kunstschmiede gegangen.
    Er hatte aus seiner schönsten Paraderüstung — er besaß noch eine andere für den Alltag — , aus der Blechbüchse mit den scharfen Zacken, sein Ebenbild zusammengebaut, den goldenen Junker, den Geharnischten. Viele Wochen hatte er dazu gebraucht, und natürlich genügte eine Rüstung nicht, er hatte noch viele andere Blechbüchsen verwendet. Er hatte gehämmert und geschmiedet, Gelenke und Scharniere angefertigt, Blechfüße und Beinröhren, einen Kniebuckel und Stoßkragen, Ober- und Unterarmschienen, einen Helm mit Visier und Kinnreff — und einen roten Federbusch. Dann hatte er dem stummen eisernen Mann aus Messingblech eine Lanze unter den Arm geschoben und ihm einen Büchsendeckel als Schild in die linke Faust gedrückt.
    Gewaltig und drohend sah er aus.

    Der General fand, daß er ein Pferd brauchte. Voll Eifer machte er sich ans Werk.
    Für den Rumpf des Rosses nahm er besonders dicke, aneinandergelötete Blechröhren. Auch für Hals und Beine verwendete er Blech, das er mit dem Hammer in die richtige Form brachte. Am schwersten fiel ihm der Kopf, am leichtesten der Schweif aus einem Büschel dünner Weidenruten. — Ja, und zuletzt hatte Don Blech den hohlen Ritter auf das hohle Pferd gesetzt, im Garten, unter dem Holunderbusch.
    Da stand er nun und blitzte im Mondschein und wartete darauf, getauft zu werden.
    Aber noch war die Stunde nicht gekommen.
    Don Blech saß in seinem Arbeitszimmer am Tisch, auf dem der Leuchter flammte, und versuchte im Buch der tausend Heldensagen zu lesen.

    Aber seltsam, die Märchen von den Rittern, die feuerspeiende Drachen besiegten und wunderschöne Jungfrauen befreiten, langweilten ihn. Es war wirklich merkwürdig: Während seine Liebe zu Blumen und Schmetterlingen immer größer wurde, erlosch seine Begeisterung für Kämpfe, Mord und Totschlag, für Drachenblut und Schwertergeklirr — und zwar je mehr, je weiter sein kunstvolles Werk gedieh. Doch diesen Zusammenhang ahnte der General nicht. Es war fast so, als ob all das, was man Tapferkeit und Heldenmut nennen könnte, was aber eigentlich Rücksichtslosigkeit und Grausamkeit ist, von ihm in den hohlen Mann überging, als ob es in diesen hineinschlüpfte.
    Das ist jedenfalls die einzige Erklärung für alles, was später geschah.
    Gelangweilt stellte Don Blech das Ritterbuch ins Regal zurück. Lieber kramte er statt dessen das Heft aus der Schublade, auf dessen Titelseite er kunstvoll geschrieben hatte: » Die schönsten Falter der Erde «.
    Hier zeichnete er jeden Schmetterling hinein, den er fand, und er fand viele. Sie schwirrten zu Tausenden in Nekaragien. Deshalb sah man ihn auch oft (wenn er nicht gerade schmiedete) mit dem Vergrößerungsglas auf der Wiese knien und sich über einen Halm beugen.
    Nur den schönsten Falter, den Papillo, auch Kometenschwanz genannt, den gab es in Nekaragien nicht. Und natürlich wünschte sich Don Blech nichts sehnlicher, als gerade ihn zu finden.
    Die Kerzen flackerten. Don Blech war ins Träumen geraten. Er legte auch das Schmetterlingsheft beiseite und schaute prüfend in den Himmel. Stunden waren vergangen. Er nahm den Leuchter und rief: »Kommt in den Garten! Gleich beginnt die Mondfinsternis!«
    Da sprang Donito aus dem Bett — mit der Trompete. Da warf Knofus Knofonius die Gabeln ins Abwaschwasser zurück und wischte sich die Finger an der speckigen Schürze ab. Sie eilten aus dem Haus. Sie ließen den Stier Schmuser aus dem Stall — Tura
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