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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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vor.
    «Ich war draußen in New Jersey, bei meinem Onkel.»
    «So?» sagte Di Lucca leise. «Scheinfeit sagt aber ganz was anderes.»
    Und so weiter - ganze vierzehn Tage lang. Er bearbeitete sie, stellte Fragen über Fragen und spielte einen gegen den anderen aus. Sie glaubten zu wissen, was Di Lucca tat, aber sicher sein konnten sie nicht. Sie fingen an, einander mißtrauisch anzustarren. Dann konzentrierte Di Lucca sich auf Kid Stick und erklärte ihm, daß er auf Grund seines Alters noch nicht strafmündig sei und vermutlich auf Bewährung freigelassen würde, wenn er sich zur Zusammenarbeit entschlösse. Kid fing an, weich zu werden, doch war es Robert Scheinfeit, der als erster aufgab und sich auf einen Kuhhandel einließ.
    «So muß man es machen», erklärte Di Lucca Delaney. «Ehre unter Dieben? Daß ich nicht lache! Die würden ihren eigenen Zwillingsbruder hochgehen lassen, wenn sie sich dafür Straferlaß einhandeln könnten.»
    Jetzt, als er die Straße auf dem Stadtplan anstarrte, jene Straße, in der Victor Maitland erstochen worden war, erinnerte sich Delaney an Alberto Di Lucca und wünschte, er könnte ihn, der diese Gegend so gründlich kannte, um Rat fragen. Aber Big Al war schon vor langer Zeit in Pension gegangen und nach Neapel zurückgekehrt, wo er vermutlich an Herzverfettung starb, als er sich an einer letzten costoletta di maiale alla napoletana gütlich tat.
    Delaney seufzte, knipste die Schreibtischlampe aus und machte seinen Inspektionsgang durch das Haus. Zwar war das, was er gelesen hatte, nicht sonderlich niederdrückend, aber erhebend war es auch nicht. Die Untersuchung des Mordfalles Maitland war zügig und umsichtig geführt worden, das mußte er zugeben. Gründlich, energisch und einfallsreich. Man hatte Klingeln gedrückt und Bürgersteige abgeklappert. Eine Menge Leute waren befragt worden. Viele Strafakten waren ans Licht gezogen und überprüft worden. Und doch war nichts dabei herausgekommen, war alles für die Katz gewesen, ganz und gar vergeblich.
    Entdeckt worden war die Leiche von Saul Geltman, Inhaber der Galerie Geltman an der Madison Avenue, Victor Maitlands Agent. Maitland hatte versprochen, am Freitag um drei Uhr nachmittags in der Galerie zu sein, um mit Geltman und einem Designer Pläne für eine neue Ausstellung seiner Bilder durchzusprechen. Als er um vier immer noch nicht da war, rief Geltman erst in seinem Atelier in der Mott Street an, sodann in seiner Wohnung in der East 5 8th Street. Dort sprach er mit Alma Maitland, der Frau des Künstlers. Sie wußte nicht, wo Maitland war, sagte jedoch, er habe erwähnt, daß er um drei Uhr mit Geltman verabredet sei.
    Weder seine Frau noch sein Agent machten sich ernsthafte Sorgen darüber, daß Maitland nicht erschienen war. Es war nicht das erste Mal, daß er eine Verabredung nicht einhielt. Allem Anschein nach war er völlig unzuverlässig, er fand nichts dabei, Verabredungen nicht einzuhalten oder tagelang zu verschwinden. Wenn er in seinem Atelier in der Mott Street arbeitete, hängte er gern den Telefonhörer ab oder ging einfach nicht an den Apparat. Ab und zu schlief er dort auch.
    Saul Geltman gab an, den ganzen Sonnabend über vergeblich immer wieder versucht zu haben, Maitland in seiner Wohnung oder im Atelier zu erreichen. Außerdem hatte er auch noch Bekannte von Maitland angerufen. Niemand wußte, wo der Künstler steckte. Schließlich, am Sonntag gegen Mittag, wurde Geltman doch so unruhig, daß er im Taxi zum Atelier fuhr. Die Tür war zwar zu, aber nicht verschlossen. Küchenschaben labten sich an Maitlands getrocknetem Blut. Geltman wurde speiübel, er wählte aber vom Apparat im Atelier die 911, den Notruf der Polizei.
    Als erster kam ein Streifenwagen des Reviers mit zwei Mann. Die meldeten einen Mord; daraufhin setzte sich der Polizeiapparat in Bewegung. Innerhalb einer Stunde war das Mietshaus abgeriegelt. Im Atelier im fünften Stock wimmelte es von Beamten des Polizeireviers, von Detektiven der Mordkommission, in deren Zuständigkeit dieses Gebiet fiel, Gerichtsmediziner, Labortechnikern, Fotografen, Vertretern der Staatsanwaltschaft und Leuten vom Sonderdezernat unter Abner Boone.
    Im Autopsiebericht hieß es, Victor Maitland sei gestorben «infolge Blutverlustes nach Stichwunden». Und genauso war es auch. Die Tatwaffe wurde beschrieben als «einschneidiges Messer, etwa 12 bis 15 cm lang, mit spitz zulaufender Klinge». Die Untersuchung des Mageninhalts ließ darauf schließen, daß der
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