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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall
Autoren: Roman Rausch
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Endstation. Vor uns der Petersdom.
    Die Sonne war hinter dem Gianicolo eingetaucht, und die Nacht kroch den Tiber entlang, als Heinlein an der Ponte Garibaldi eintraf, die das Centro Storico mit Trastevere verband. Obwohl es unwahrscheinlich war, dass seine Claudia hier in Rom sein sollte, musste er der Sache auf den Grund gehen. Claudia in Rom, die sonst nie ihr geheiligtes und über alle Einwände erhabenes Würzburg verließ. Für sie war alles ab dreißig Kilometer um die Stadt herum Ausland.
    Die S8 Richtung Gianicolense rumpelte auf die Brücke und teilte die beiden Gehsteige hinter sich. Die Straßenbahn stoppte. Ein Rückstau verhinderte ein zügiges Überqueren, da sich am Ende der Brücke viele Menschen ins Nachtleben stürzten. Heinlein zögerte, ob er sich in das Getümmel begeben sollte, doch dann erkannte er plötzlich jemanden inmitten der Menge. Er beschleunigte seinen Schritt, rannte auf den Pulk der Passanten zu, die auf die nächste Grünphase hofften. Er hatte noch nicht einmal die Hälfte der Brücke erreicht, als sich die Gruppe an der Ampel auflöste und die ihm so vertraute Person im Gewühl verschwand. Was um alles in der Welt hatte Pia hier zu suchen?
    Claudia stand heulend auf der Ponte Garibaldi, während sich die S8 wieder in Gang setzte. »Das ganze Haushaltsgeld für den Monat … Schecks, EC-Karte und Ausweise … alles weg … der Schorsch wird mich …«
    »Nichts wird der Schorsch«, beruhigte sie Pia, »dem werden wir die Löffel lang ziehen, wenn wir ihn kriegen. Verdammt, irgendwo muss der sich doch rumtreiben.«
    »Das war eine absolute Schnapsidee von dir. Warum um alles in der Welt soll der gerade in Rom sein?«
    »Wo soll er denn sonst hin sein, dein ›Giorgio‹?! Kein Wunder, dass das irgendwann mal passieren musste, wenn ihm der Kilian die ganze Zeit mit seinem Italien den Kopf verdreht.«
    »Aber was sollen wir denn jetzt machen? Ganz allein in Rom, ohne Geld … und kennen tun wir ja auch niemanden.«
    »Jetzt stell dich nicht so an, Mensch. Sei doch froh, dass du endlich mal aus deinem Einerlei rausgekommen bist. Jeden Tag nur Kinder, Haushalt und Nachbarn. Die Welt hat mehr zu bieten als das.«
    »Das ist aber meine Welt. Verstehst du? Der Schorsch und ich haben lange dafür arbeiten müssen. Und wir fühlen uns wohl.«
    Pia verdrehte die Augen. »Wie man sieht.«
    Ein erneutes Schluchzen überfiel Claudia. »Das kann doch jetzt nicht alles vorbei sein. Was habe ich nur falsch gemacht?«
    »Beruhige dich. Du hast nichts falsch gemacht. Dein Schorsch nimmt sich halt mal ’ne kleine Auszeit. Das braucht jeder mal.«
    »Aber ich nicht!«, unterbrach Claudia. »Und er verdammt nochmal auch nicht. Er trägt Verantwortung, hat Familie und ’nen Job. Das kann man doch nicht einfach sausen lassen. Ich versteh das nicht.«
    »Na ja, vielleicht stimmt’s in einer anderen Sache nicht mehr so ganz … Männer, du verstehst.«
    »Was meinst du?«
    »Was soll ich schon meinen? Sex, natürlich.«
    »Da gibt’s nichts zu bemängeln.«
    »Und er?«
    »Er hat sich nie beschwert.«
    »Dann wär es eh zu spät.«
    »Du meinst, er hat ’ne andere? ’ne Italienerin?«
    »So weit muss es noch nicht sein. Könnte aber.«
    »Neeeein.«
    »Entschuldigung Sie, können wir behilflich sein?«, fragte ein Italiener in Begleitung eines Freundes. Das Lächeln auf seinen Lippen versprach das Ende aller Sorgen in dieser Stadt der Städte.

XIII.
    Vor uns erhob sich der Thron der Welt; auferstanden aus dem Staub des Circus 28 , den Caligula auf dem Areal der vatikanischen Felder hatte bauen lassen. Das Blut der frühen Christengemeinde war an diesem Ort zur Belustigung der Römer fässerweise ins Erdreich geflossen und hatte damit eine fruchtbare Saat gelegt. Hätten die Kaiser und Könige damals geahnt, was sie damit anrichteten, so wäre vielen unschuldigen Kindern des Herrn der Tod erspart geblieben; genauso wie der Nachwelt die Erfolgsgeschichte des Christentums, das von hier aus aufgebrochen war, die Erde zu erobern.
    Die Fassade des Petersdoms erstrahlte im ehrerbietenden Schein; sie trotzte dem schwarzen Nachthimmel mit dem Glanz der ewig währenden Kirche. Hunderte hatten sich davor auf dem Petersplatz eingefunden. Sie warteten auf die letzte Abstimmung des Tages, die in der angrenzenden Sixtinischen Kapelle in Kürze stattfinden sollte.
    Ninian führte Alvarez und mich zum linken Torbogen, der ins Innere des vatikanischen Territoriums führte. Hier wachte die Schweizergarde. Der
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