Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DIE ZEIT City Guide Lissabon

DIE ZEIT City Guide Lissabon

Titel: DIE ZEIT City Guide Lissabon
Autoren: Goncalo M. Tavares , Stefan Nink , Stefan Schomann , Karin Ceballos Betancur , Merten Worthmann , Tillmann Prüfer , Michael Allmaier , Tomas Niederberghaus
Vom Netzwerk:
erhobenem Kopf (die Leidenschaftlichen, die sich ins Leben stürzen). Und Letztere besuchen regelmäßig die Esplanada.
    Einige haben Piercings, andere tragen Anzug und Krawatte, aber allen geht es gut, weil sie von derselben Sonne beschienen werden. Manche Leute spielen Gitarre und trommeln, andere sitzen im Gras und unterhalten sich, wieder andere lehnen sich entspannt in ihren Stühlen zurück und lassen sich vom Sonnenlicht berieseln wie von den Meldungen einer Nachrichtensendung. Und vielleicht ist sie wirklich eine große Neuigkeit, diese Lissabonner Sonne. Eine Nachricht, die niemals veraltet sein wird.
    Ja, tatsächlich, ich glaube, ähnlich wie die Kabakows, dass jemand, der sich fünf Mal pro Woche am späten Nachmittag für eine halbe Stunde auf der Esplanada do Adamastor aufhält, nach zwei bis vier Wochen zu einem anderen Menschen wird. Er ist gelassener, geduldiger und toleranter. Er sitzt einfach da und schaut nach oben, mit sich und der Welt im Reinen. Danach wird er verändert in den Alltag zurückkehren. Ganz so, als schwebe er ein paar Zentimeter über dem Boden.
    Übersetzung von Claudia Stein

Lissabon
Stadt der Mode
Portugals Hauptstadt atmet Weltschmerz, Fernweh, Musik und gute Laune. Das alles atmet auch die Modeszene. In Lissabon führen junge Designer Geschäfte, wie man sie sonst nirgends auf der Welt findet.
VON TILLMANN PRÜFER
     
    Eigentlich braucht die Mode heute keine Metropolen mehr. Die Mode ist global. Sie ist in Hongkong genauso zu Hause wie in New York. Überall findet man dieselben Marken, die in gleich eingerichteten Flagship-Stores dasselbe Sortiment anbieten. Aber globale Mode ist langweilig. Aufregend wird künftig nur das Lokale sein: In welcher Stadt finde ich einen Stil, den es nur dort gibt?
    Zum Beispiel in Lissabon. Die Hauptstadt Portugals atmet Weltschmerz, Fernweh, Musik und gute Laune, Lissabon ist im Aufbruch. Und das alles atmet auch die Modeszene. In Lissabon führen junge Designer Geschäfte, wie man sie sonst nirgends auf der Welt findet. Zum Beispiel den Laden Storytailors im Einkaufsviertel Chiado. Es gehört João Branco und Luís Sanchez, die mit ihren bunten, fantasievollen Entwürfen zu den gefragtesten Modeschöpfern des Landes zählen. Sie nähten sogar schon Outfits für Madonna, könnten in jede Stadt der Welt ziehen – aber warum sollten sie, wo der Dunst von Lissabon doch die Quelle ihrer Inspiration ist?

    Lissabon hat auch eine Modewoche. Auf der zeigen Designer wie Lara Torres und Dino Alves Mode, die verstörender und poetischer ist als alles, was man in Mailand zu sehen bekommt: Models, komplett eingewickelt in schrillpinke Seide, inszeniert wie Kleopatra oder umhüllt von gestrickten Skulpturen.
    Warum gibt es so etwas in Lissabon? Weil die Stadt eine lange Modetradition hat. Selbst das englische Königshaus ließ sich schon Roben von einem portugiesischen Schneider nähen. In Lissabon gibt es nicht nur Viertel wie den Bairro Alto, wo zwischen Bars und Ateliers junge Boutiquen blühen, sondern auch altes Handwerk, wie es in der Hutmacherei Azevedo betrieben wird. Und vor allem leben dort Menschen, die sich gerne gut kleiden. In Lissabon hat die Mode eine Heimat. In vielen anderen Großstädten der Welt ist sie heimatlos geworden.

Fado und pum-pum
Die Sängerin Carminho über Spontankonzerte, Snobs und Lissabons Seele.
VON MERTEN WORTHMANN
     
    DIE ZEIT: Wer Lissabon besucht, möchte natürlich den Fado hören, die hier entstandene Musik der Sehnsucht. Und es gibt ja auch etliche Lokale, die damit werben. Aber dahin will man nicht. Man will in eines, das authentisch ist. Gibt es das überhaupt?
    Carminho: Eins steht fest: Je authentischer es wird, desto weniger Programm dürfen Sie erwarten. Mein Lieblingsort für Fado heißt Mesa de Frades. Das ist eine ehemalige Kapelle in der Alfama, mit Wänden voller alter, bemalter Fliesen. Hier kommen Fado-Musiker nach ihren Konzerten zusammen. Manchmal kriegt man ab zwei Uhr nachts unglaublich guten Fado zu hören. Aber man kann sich eben nicht darauf verlassen, alles hängt von der Stimmung ab.
    ZEIT: Bei Fado denkt mancher ja noch an melancholische ältere Herren. Sie singen ihn als junge Frau.
    Carminho: Es gibt heute einige junge Sänger, und die finden ein neues, jüngeres Publikum. Meine Musik hat zwar uralte Wurzeln. Trotzdem bin ich eine 27-jährige Frau, die sich vom Alltag im 21. Jahrhundert inspirieren lässt. Mit der Stadt passiert ja etwas ganz Ähnliches: Lissabon ist uralt, aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher