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Die Wilden Hühner

Die Wilden Hühner

Titel: Die Wilden Hühner
Autoren: Cornelia Funke
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schüttelte Sprotte den Kopf. 
    »Na, wenn ich den Zettel so lese«, Melanie kicherte, »dann würde ich deiner Oma ganz schöne Gemeinheiten zutrauen.« Draußen gackerte ein Huhn wie verrückt los. Mit gerunzelter Stirn sah Sprotte zum Fenster.
    »Was denkst du denn, warum sie so ein Geheimnis um den Schlüssel macht?«, fragte Frieda. Den ganzen Heimweg hatte sie sich gestern den Kopf darüber zerbrochen. Aber alles, was dabei herauskam, war, dass Sprottes Oma ihr langsam unheimlich wurde.
    »Wahrscheinlich ist er nur für eine Schublade, in der deine Oma ihre geheimen Keksrezepte versteckt«, sagte Melanie. Sprotte guckte immer noch zum Fenster. Plötzlich stand sie auf und schlich vorsichtig darauf zu. Fragend sah Frieda sie an. »He, was ist ...?«
    Warnend legte Sprotte den Finger auf die Lippen. 
    »Also, wahrscheinlich ist an dem Schlüssel überhaupt nichts Geheimnisvolles!«, sagte Melanie laut, während sie ebenfalls aufstand und auf die Haustür zuschlich. 
    »Nee, bestimmt nicht!«, sagte Frieda und pirschte sich auch zum Fenster. Nur Trude saß noch mit offenem Mund und ihrem Brötchen in der Hand am Tisch. 
    Dann brüllte Sprotte plötzlich: »Halt, ihr Spione!«, und sprang mit einem Satz aus dem Fenster. Frieda kam mit ihren kürzeren Beinen nicht ganz so schnell hinterher. Melanie riss die Haustür auf und stürmte hinaus.
    Da rappelte auch Trude sich vom Sofa hoch und stolperte ans Fenster. Noch gerade rechtzeitig, um Fred, Torte, Steve und Willi, die vollständige Pygmäen-Bande, über Oma Slättbergs Gemüsebeete davonspurten zu sehen. Sprotte, Frieda und Melanie waren ihnen hart auf den Fersen. Sie hatten sie schon fast erwischt, als Sprotte plötzlich einen Schrei ausstieß und zum Auslauf zeigte.
    Das Gatter zum Hühnerauslauf stand sperrangelweit auf. Und der Auslauf war leer.
    Die kurze Schrecksekunde der Mädchen rettete die Pygmäen.
    Sie kletterten übers Gartentor, schnappten sich ihre Räder und rasten davon.

    »Alle weg!«, sagte Sprotte. Ihre Unterlippe zitterte ein bisschen. Ratlos sah sie sich um. Aber die Hennen waren spurlos verschwunden.
    Schnaufend kam Trude angerannt. Entsetzt guckte sie in den verlassenen Auslauf. »Vielleicht sind sie im Stall!«, sagte sie.
    Sprotte schüttelte den Kopf.
    »So eine Gemeinheit!«, stöhnte Frieda. »So eine verdammte Gemeinheit.«
    »Komm.« Melanie zog Sprotte am Arm mit sich. »Wo ist das Futter? Vielleicht können wir sie damit anlocken.« 
    »Eine ist im Kohlbeet!«, rief Frieda. »Die Gescheckte.«
     »Pass auf, dass sie nicht wegläuft!«, rief Sprotte. »Wir holen das Futter.«
    »Wie soll ich das denn anstellen?«, rief Frieda zurück. Aber die anderen waren schon im Stall verschwunden. Also schlich sie sich ganz vorsichtig hinter das Huhn, um ihm wenigstens den Weg zum Gartentor zu versperren. Beunruhigt hob die Henne den Kopf und zwinkerte mit den kleinen Augen.
    »Ganz ruhig, gaaaanz ruhig«, murmelte Frieda. 
    Die Henne gluckste leise vor sich hin. 
    Da kamen die andern drei zurück, Melanie und Trude mit Futter in den Händen. Nervös drehte die Henne sich zu ihnen um. Aber an einem Kohlblatt zupfte sie trotzdem noch mal.
    »Komm, Kokoschka, komm!«, sagte Sprotte, während sie sich langsam, ganz langsam ein bisschen näher heranschlich. Melanie warf etwas Futter vor Sprotte auf die Erde. 
    »Wir müssen sie umzingeln!«, zischte Sprotte. Also verteilten sie sich. Kokoschka reckte interessiert den Hals. 
    »Hockt euch hin!«, raunte Sprotte. »Dann kommt ihr ihr nicht so schrecklich groß vor.« 
    »Die kriegen wir nie!«, sagte Melanie. 
    »Klar kriegen wir sie. Hühner sind nicht besonders schlau. Wirf ihr noch ein bisschen Futter hin.« 
    Langsam, den Hals neugierig vorgereckt, kam die Henne näher. Allerdings sah sie sich immer wieder besorgt nach den andern Mädchen um. Frieda musste sich ein Kichern verkneifen. Dann stand Kokoschka direkt vor Sprotte. Hastig pickte sie die Körner vor Sprottes Füßen auf. Und da packte Sprotte zu. Empört zeterte Kokoschka los, strampelte mit den roten Beinen, ruckte mit dem Hals. Aber Sprotte hielt fest.
    »Nummer eins«, sagte sie und warf Kokoschka über den Zaun in den Auslauf, wo sie sich mit beleidigtem Glucksen ein ruhiges Plätzchen suchte. »Aber wo ist bloß der Rest geblieben?«
    Verzweifelt sah Sprotte sich um. Die andern hatten sie noch nie so verstört gesehen.
    »Ach, die finden wir schon!« Frieda versuchte sie zu trösten. »So weit können sie ja noch nicht
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