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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik
Autoren: Ian Banks
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den
Verdacht, daß noch mehr dahintersteckte.
     
    In gewisser Weise tat es mir leid, daß Eric zurückkam.
Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, in Kürze einen Krieg
durchzuführen, vielleicht in der nächsten Woche oder so,
doch da Eric wahrscheinlich seinen Auftritt haben würde, hatte
ich das Vorhaben aufgegeben. Ich hatte schon seit Monaten keinen
guten Krieg mehr geführt; der letzte war der zwischen den
Einfachen Soldaten und den Aerosolern. In diesem Szenarium
mußten sich sämtliche Truppen der Zweiundsiebzigsten
Division, komplett mit Panzern und Kanonen und Lastwagen und
Nachschubtransportern und Hubschraubern und Schiffen gegen die
Invasion der Aerosoler verbünden. Es war fast unmöglich,
die Aerosoler aufzuhalten, und die Soldaten samt ihren Waffen und
ihrer Ausrüstung fielen dem Feuer zum Opfer und zerschmolzen
überall zu nichts, bis ein tapferer Soldat, der sich an die
Fersen eines Aerosolers geheftet hatte, als dieser zu seinem
Stützpunkt zurückfloh, mit der Nachricht zurückkehrte
(nach vielen dramatischen Abenteuern), daß der Stützpunkt
des Gegners ein Brotbrett war, das unter einem Überhang an einem
Bach vertäut war. Eine Spezial-Kommandotruppe gelangte gerade
rechtzeitig dorthin, um den Stützpunkt in tausend Stücke zu
zerfetzen und schließlich den Überhang über den
qualmenden Überbleibseln in die Luft zu jagen. Ein guter Krieg,
mit allem, was dazugehörte, und einem aufsehenerregenderen Ende
als die meisten (das ging sogar so weit, daß mein Vater mich
bei meiner Rückkehr ins Haus an jenem Abend fragte, was es mit
all den Explosionen und Feuern auf sich habe), aber er lag schon zu
weit zurück.
    Wie auch immer, jetzt, da Eric im Anmarsch war, erschien es mir
keine besonders gute Idee zu sein, einen Krieg zu beginnen, nur um
ihn dann mitten im vollen Gange zu unterbrechen und sich der realen
Welt zuzuwenden. Ich beschloß, die Feindseligkeiten für
eine Weile zu verschieben. Statt dessen baute ich, nachdem ich einige
der wichtigeren Pfähle mit wertvoller Bestückung geschmiert
hatte, eine Dammanlage.
    Als ich kleiner war, pflegte ich mir in der Fantasie auszumalen,
daß ich das Haus durch einen Damm retten würde. Ein Feuer
würde im Gras der Dünen ausbrechen oder ein Flugzeug
abstürzen, und das einzige, was verhinderte, daß das
Kordit im Keller in die Luft flog, war die Umleitung von Wasser aus
der Dammanlage durch einen Kanal zum Haus. Zeitweise war es mein
größter Wunsch, daß mein Vater mir einen Bagger
kaufen sollte, damit ich richtige große Dämme bauen
konnte. Heute habe ich eine entschieden weisere, ja sogar
metaphysische Einstellung zum Dammbau. Ich habe eingesehen, daß
man das Wasser niemals wirklich besiegen kann; es wird am Ende immer
triumphieren, einsickernd und benässend und ansteigend und
untergrabend und überflutend. Das einzige, das man tun kann,
ist, es umzuleiten oder seinen Weg für eine Weile zu versperren;
es dazu zu überreden, etwas zu tun, das es eigentlich nicht tun
will. Der Reiz liegt in der Eleganz des Kompromisses zwischen der
Bahn, die das Wasser ziehen will (geleitet von der Schwerkraft und
dem Mittel, durch das es bewegt wird) und dem Zweck, den der Mensch
damit erfüllen möchte.
    Tatsächlich glaube ich, daß nur wenige Wonnen im Leben
mit der des Dammbauens vergleichbar sind. Man gebe mir einen
ordentlich breiten Strand mit einer vernünftigen Neigung und
nicht zuviel Seegras, dazu einen Meeresarm angemessener
Größe, und ich bin den ganzen Tag glücklich, jeden
Tag.
    Inzwischen stand die Sonne hoch am Himmel, und ich zog meine Jacke
aus, um sie zu meinem Fernglas und meinen Beuteln zu legen.
Stoutstroke tauchte ein und biß in den Boden und hob Scheiben
ab und grub sich immer tiefer und baute einen riesigen dreistufigen
Damm, hinter dessen Hauptteil sich das Wasser des North Burn auf
einer Länge von achtzig Schritt staute, nicht weit entfernt von
der Positionsmarke, für die ich mich entschieden hatte. Ich
benutzte meinen üblichen Überlauf aus Metall, den ich in
den Dünen in der Nähe der am besten zum Dammbau geeigneten
Stelle versteckt hielt, und das pièce de résistance war ein Aquädukt, abgedichtet mit einem alten schwarzen
Plastikmüllsack, den ich im Treibholz gefunden hatte. Der
Aquädukt leitete den Überlauffluß über drei
Abschnitte eines Umgehungskanals, den ich weiter oben aus dem Damm
geschnitten hatte. Etwas flußabwärts von dem Damm baute
ich ein kleines Dorf, komplett mit Straßen und einer
Brücke über das
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