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Die Welt ist nicht immer Freitag

Titel: Die Welt ist nicht immer Freitag
Autoren: Horst Evers
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in Schieflage gerät. Nach jüngsten Erhebungen eines Meinungsforschungsinstituts habe der Anteil der über 60jährigen in dieser Stadt dramatisch zugenommen.
    Der Mediamarkt ruft an. Die Reparatur des Faxgerätes verzögert sich, weil ständig anonyme Bombendrohungen kommen, in denen eine Lockerung der Garantiebestimmungen gefordert wird. Wer macht denn sowas?
    Der Rentner gegenüber bastelt minierweile mit einem Radio, einem Wecker, einer Fernbedienung, grauer Knetmasse und irgendwelchem Zeug, das ich nicht richtig erkennen kann, rum. Schlimm, mit ansehen zu müssen, wie sinn- und wehrlos die alten Menschen in unserer Gesellschaft ihre Zeit totschlagen müssen. Ob ich wohl einmal genauso werde?
    Oder habe ich Glück und bin auch noch in hohem Alter so agil und auf der Höhe, daß ich auch dann noch schön den ganzen Tag aus dem Fenster gucken kann. Dann sitze ich vielleicht am Fenster des Seniorenheims gegenüber. Wäre schön, wenn hier dann eine junge Frau wohnen würde. Das zumindest ist einer der Vorteile des Alters. Je älter man wird, desto mehr Frauen, die man so sieht, sind auf einmal junge Frauen.
    Wenn das jetzt kein positiver Schluß ist.

Epilog
    Aus einigen Texten dieses Buches geht hervor, daß ich innerhalb der 5 Jahre, die dieses Buch umfaßt, umgezogen bin. Und das, obwohl ich doch eigentlich so gut in der alten Wohnung zurechtkam. Um der Frage nach dem Warum vorzugreifen, folge zum Schluß noch diese kurze Erklärung:
Warum ich umziehen mußte
    Mein Wäschekorb steht exakt l Meter 20 von meinem Bett entfernt. Das ist die perfekte Entfernung, das Nonplusultra moderner Inneneinrichtung, quasi. Denn so weiß ich genau, daß in dem Moment, wo das Volumen und die Auswucherungen des Wäschekorbes eine solche Dimension erreicht haben, daß sie gleichsam mit der Schlafstätte verfließen und ich des Nachts wirklich lange überlegen muß, was von beidem jetzt eigentlich genau nochmal mein Bett und was der Wäschekorb ist, daß in dem Moment Waschtag ist. Aber Hallo!
    Als ich mich nach einer kurzen, unruhigen und unbequemen Nacht aus dem Wäschekorb erhebe, spüre ich genau, vor allem am Rücken, heute ist es soweit. Der Wecker zeigt 11 Uhr. Na hab ich doch länger geschlafen, als es sich anfühlt. Mache Notiz, Wäschekorbschlaf ist nur halb so erholsam wie Normalschlaf. Man lernt eben nie aus. Greife mir einen gewaltigen Stoß Wäsche, stopfe ihn in die Waschmaschine, fülle Waschpulver ein, will sie gerade einschalten, als überraschend auch mein Hirn aufwacht:
    - Moment Horst!
    - Was'n? Ach so.
    Hole alles wieder raus und beginne die Wäsche zu sortieren.
    Als erstes entscheide ich mich für eine 40-Grad-Wäsche. Wie meistens, eigentlich fast immer. Während die Maschine läuft, beginne ich den Tag mit einem gemütlichen Vor-mich-hin-starren. Würde gerne Radio hören, aber das ist kaputt. Rufe Eldat an.
    - Hallo Eldat, hier ist Horst, weißt du noch, wie ich erzählt habe, daß die sich weigern, mein Radio zu reparieren, nur weil die Garantie ein paar Wochen abgelaufen ist?
    -Was?
    - Hab ich doch erzählt, weißte doch. Und jetzt dacht ich, wenn du da vielleicht nochmal hingehst, weißte, so mit deinem arabischen Aussehen, wennde dann noch so'n bißchen fanatisch guckst, vielleicht stimmt die das ja um.
    - Sag mal, weißt du, wie spät das is?
    - Na ungefähr zwölf schätz ich, also auf, auf, der Tag freut sich auf dich.
    - Arschloch.
    Er legt auf. Werde nachdenklich. Gehe nochmal zum Wecker. Der Zeigerstand hat sich seit elf verändert. Klar. Drehe den Wecker richtig herum und komme zu dem Schluß, daß es so gesehen dann wohl doch eher erst sechs ist. Blöder Sommer, das ständige Hellsein draußen is doch ne Frechheit, wer blickt da noch durch? Na wenigstens hat mich dann mein Schlafgefühl nicht getrogen, zerreiße die Notiz zum Wäschekorbschlaf. In diesem Moment erhebt sich ein ohrenbetäubender Lärm aus der Küche. Die Waschmaschine beginnt den Schleudergang. Rund zwei Minuten lang dröhnt, wackelt, klirrt und donnert alles. Wie gelähmt, aber auch andächtig verharre ich angesichts der beeindruckenden, unbändigen Urkraft meiner Waschmaschine. Begreife plötzlich das ohnmächtig faszinierte Staunen der Live-Reporter vor dem ausbrechenden Ätna. Dann, genauso plötzlich Totenstille; nur durchbrochen vom leise wieder in die Maschine einschießenden Wasser. Aus den Wohnungen über und unter mir erhebt sich Gerumpel. Flüche, stapfende Schritte, noch mehr Flüche, wütendes Stampfen, endlose
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