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Die Welt ist nicht immer Freitag

Titel: Die Welt ist nicht immer Freitag
Autoren: Horst Evers
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machen, stellte erst meinen Wecker auf 2 Uhr und dann einen Kassettenrecorder mit folgendem, von mir besprochenem Band in das Schlafzimmer meiner Eltern:
    »Mensch, der Horst, der braucht aber mal ganz dringend eine supergute Stereoanlage. Jawohl!!! Gleich morgen gehn wir los und kaufen eine!«
    Ein ins Brillante lappender, prima Plan. Nach einer Woche ohne jeden Erfolg jedoch habe ich aufgegeben. Erst viel, viel später fand ich heraus, daß mein Vater den Recorder schon in der ersten Nacht bemerkt, seinerseits eine Kassette besprochen und das Ganze für seine Zwecke eingesetzt hatte. Das war dann auch der Moment, in dem ich endlich begriff, warum eigentlich ausgerechnet Autowaschen in meiner gesamten Jugend mein allerliebstes Hobby gewesen war.
    Nach diesem Erlebnis habe ich mich von der Wissenschaft abgewandt. Die Gefahren wurden einfach unkontrollierbar.
Leben zur Jahrtausendwende 2
(Treppen)
    Man kann das Gefühl kaum beschreiben, wie es ist, wenn man jahrelang im Parterre oder im ersten Stock gewohnt hat und jedesmal beim Schritt über die Türschwelle dachte: »Oh Mensch, so'n bißchen Tageslicht in der Wohnung war schon schön. Muß ja nich viel sein, nur so zum Tagsüber-das-elektrische-Licht-Ausmachen-und-trotzdem-noch-das-meiste-Sehen-können. Das wär doch was. Ja. Möcht ich auch mal! Wenn man dann tagsüber im Dunkeln gegen den Garderobenständer rennt, wie jeden Tag, und sich zum 769sten Mal denkt: »Mann, jetz stell ich den Garderobenständer aber mal hinter den Lichtschalter. Sofort. Also gleich morgen. Oder ich zieh um. Also eins von beiden.«
    Und dann dieses Gefühl, wenn man tatsächlich umgezogen ist, in den dritten Stock, sonnendurchflutet, und endlich auf der Türschwelle denken kann: »Boarh, diese Treppen bringen mich um!«, um danach vor Erschöpfung in den Garderobenständer zu fallen. Was, das nebenbei, ein ganz anderes, schon angenehmeres Fallen an sich ist, das stimmt schon.
    Dieses Gefühl sagt einem mehr über die Psyche und die Natur des Menschen, als es hundert Tage im Big-Brother-Haus je könnten.
Leben zur Jahrtausendwende 3
(Hochbett)
    Dienstagmittag 12.00 Uhr, sitze zu Hause auf meinem Sofa und renoviere die Wohnung. Das heißt, genaugenommen blase ich Zigarettenrauch gegen die Wand und lasse alle Maschinen, die ich so habe, vom Staubsauger bis zum Mixer, in voller Lautstärke laufen. Diese Renoviererei is ganz schön anstrengend. Seit zwei Stunden sitz ich hier jetzt schon und rauche, was das Zeug hält. Keine leichte Arbeit, aber man will ja schließlich auch mal fertig werden.
    Vorher hatte ich mir eine Baustelle angesehen, um zu gucken, wie die Profis so eine Renovierung oder Sanierung angehen. Ich habe die Bauarbeiter eine halbe Stunde beobachtet, viel gelernt, und mich dann entschlossen, es ganz genauso wie sie zu machen.
    Daß ich den Rauch gegen die Wand blase, hat auch seinen Grund. Jutta, eine Freundin, hat mir nämlich geraten, meine Wände gelb zu wischen. Das sei heutzutage unbedingt notwendig. Mit Gelb-Wischen meinte sie diese Schwamm-Malweise, mit der in den letzten 10 Jahren die Wände von praktisch allen Kneipen in Berlin bemalt wurden. Der Gedanke, viel, bestimmt viel Geld sparen zu können, wenn es bei mir genauso aussieht wie in der Kneipe, leuchtete auch mir ein.
    Da ich mir allerdings das ganze Gedöns mit Möbel rücken, Wände freiräumen, Fußboden abdecken und so sparen will, versuche ich, die gelbe Farbe an die Wand zu kriegen, indem ich beständig Zigarettenrauch gegen die Wand blase. Langwierig und anstrengend zwar, aber das wird dann bestimmt auch mal sehr wertvoll werden, immerhin ist es mundgeblasen.
    Naja, zumindest die Bilder hätte ich eigentlich abnehmen können. Andererseits, wenn ich die hinterher sowieso wieder an dieselben Stellen hänge, wäre es ja auch eine ziemliche Verschwendung von Zeit und Material, die Wand da drunter mitzustreichen. So dicke hab ich's ja nu auch wieder nicht. Ein bißchen nachgedacht, und schon kann man sich viel unnötige Mühe sparen.
    Die Leiter vom Hochbett dagegen soll eigentlich nicht für immer an der Wand lehnen. Seit ich die Leiter vor ca. einem Jahr in einem plötzlichen, geradezu blindwütigen Rausch der Arbeitswut vom Hochbett abgeschraubt habe, um endlich mal die kaputte zweite Stufe zu reparieren, dann allerdings genauso plötzlich die Lust wieder verloren und die Leiter erstmal für einen Moment gegen die Wand gelehnt habe, seitdem steht sie da. Und ich war nie wieder oben auf dem Hochbett. Ging ja
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