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Die Weiterbildungsluege

Titel: Die Weiterbildungsluege
Autoren: Richard Gris
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Firmen kein gesteigertes
     Interesse an echtem Bildungscontrolling haben und lieber durch abenteuerliche Zahlenspiele einen Nutzen suggerieren wollen,
     wären Wirkungsnachweise bei echtem Interesse praktisch kaum umsetzbar. Es fehlen dafür sowohl Zeit als auch Geld und selbst
     wenn es davon genügend gäbe, würde uns die komplexe Welt einen Strich durch die Rechnung machen. Klar sind immer nur die Kosten.

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|229| Epilog
Was wir tun müssen, damit Weiterbildung funktionieren kann
    »Potenzialos. Das ist deine letzte Chance.« Göttervater Zeus zog seine Stirn kraus und kraulte sich mit seiner rechten Hand
     in seinem riesigen weißen Bart. »Mir ist eine Sache zu Ohren gekommen, die mich erzürnt. Da gibt es einen Buchautor, der behauptet,
     dass Weiterbildung rausgeschmissenes Geld ist.« Mit scharfem Blick musterte er seinen Sohn, das schwarze Schaf in der Familie.
     Seit Jahrtausenden lag Potenzialos ihm in den Ohren, in den Kreis der Olympischen Götter aufgenommen zu werden. Aber er hatte
     bislang nichts zuwege gebracht, was das rechtfertigte. Vielleicht lag es daran, dass Zeus seinen Sohn versehentlich in betrunkenem
     Zustand in der Gestalt eines Faultiers gezeugt hatte.
    »Potenzialos, ich mag gar nicht daran denken, was passiert, wenn die Firmen das für bare Münze nehmen. Stell’ dir das nur
     vor, das würde bedeuten, dass du deine Daseinsberechtigung als Gott der Personalentwicklung in den Firmen komplett verloren
     hast. Kannst du mir dazu etwas sagen?« Potenzialos zuckte mit den Schultern. In den letzten 1 000 Jahren hatte er sich nicht
     sonderlich um Personalentwicklung in den Firmen gekümmert. »Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du deine Aufgabe ernst
     nehmen sollst?!«, donnerte Zeus. Vor Wut entfuhr ihm ein Blitz, der auf der Erde einen Baum dahinraffte. Potenzialos hasste
     diese Donnerwetter. Jedes Mal rastete Zeus aus. Immer war er ihm zu faul. Dabei tat er doch so unheimlich viel.
    |230| »Potenzialos, jetzt ist das Fass voll«, zürnte Zeus und seine schlohweiße Mähne stand nach allen Seiten knisternd ab wie nach
     stundenlangem Föhnen. Er hatte sich anscheinend so aufgeladen, dass man mit seiner Elektrizität eine Kleinstadt versorgen
     konnte. »Du erfüllst deine Pflicht so, als wenn Dionysos, der Gott des Weines, notorischer Biertrinker wäre und Aphrodite,
     die Göttin der Liebe, heißflammende Plädoyers für Scheidungen halten würde. Willst du eigentlich wirklich zu uns Göttern in
     den Olymp aufsteigen?« – »Ja natürlich«, antwortete der Filius überrascht. War sein sehnlichster Wunsch etwa zum Greifen nah?
     »Dann sieh zu, dass du deinen Job machst. Ich gebe dir eine letzte Chance. Ich will ein vernünftiges Konzept. Beweise mir,
     wie sich Menschen durch Weiterbildung entwickeln. Es ist die wichtigste Aufgabe in dieser Zeit. Der Wirtschaft geht es schlecht.
     Sie braucht passende, qualifizierte Mitarbeiter. Personalentwicklung muss funktionieren. Jetzt, in Zeiten knapper Kassen,
     darf kein Geld zum Fenster rausgeschmissen werden.«
    Potenzialos trollte sich geknickt. Düstere Wolken türmten sich über ihm auf. Was sollte er nur tun? Da fiel ihm das Orakel
     von Delphi ein. Er machte sich zu dem dortigen Tempel auf, um die weissagende Priesterin um Rat zu fragen. Das ging nicht
     mal eben so, sondern es bedurfte eines Omens. Ein Oberpriester besprengte eine junge Ziege mit eisigem Wasser. »Hoffentlich
     bleibt sie nicht ruhig«, betete Potenzialos. Denn das hätte bedeutet, dass das Orakel für diesen Tag ausfiel und er erst einen
     Monat später wiederkommen könnte. Doch er hatte Glück. Die Ziege zuckte zusammen, wurde als Opfertier geschlachtet und auf
     dem Altar verbrannt. Nun konnten die Weissagungen beginnen. Begleitet von zwei männlichen Kollegen begab sich die Priesterin
     zur heiligen Quelle Kastalia, in der sie ein Bad nahm. Aus einer zweiten Quelle trank sie dann einige Schlucke heiligen Wassers.
     Die zwei Oberpriester begleiteten – gefolgt von den hinzugeeilten Mitgliedern des Fünfmännerrates – die Priesterin anschließend
     in den Tempel. Schließlich setzte sie sich auf einen Dreifuß über |231| einer Erdspalte und binnen kurzer Zeit fiel sie in Trance. Nun war es so weit.
    »Orakel«, sagte Potenzialos mit leicht zitternder Stimme, »ich brauche deinen Rat. Ich suche dringend ein schlüssiges Konzept,
     damit Weiterbildung in den Unternehmen funktioniert.« Die Augäpfel der Priesterin rollten unter den
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