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Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Emma Campion
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sondern vielmehr Sklave der niedersten Art. Denn Sklaverei bedeutet Gehorsam einer gebrochenen, schändlichen Seele, die bar jedes eigenen Willens
ist, und wer wollte in Abrede stellen, dass all jene, die wankelmütig sind, die wollüstig sind, kurz gesagt, dass all jene, die keine Scham besitzen, Sklaven sind?« (S. 59)
    Hier wird nicht argumentiert, hier wir gegeifert. Und dennoch … Walsinghams Darstellung von Alice galt lange Zeit als nur wenig übertrieben.
    Mir dagegen wollte die zugrundeliegende Annahme, dass der König von ihr derart vehement manipuliert worden sei, dass eine Gemeine überhaupt in irgendeiner Form die Wahl gehabt haben soll, Mätresse von King Edward zu werden, und dass sie dem König mit irgendwelchen Hexenkräften den Kopf verdrehte, nie einleuchten. Außerdem konnte ich nicht nachvollziehen, warum sie dafür verurteilt wurde, dass sie am Ende während seiner langen Krankenzeit an seiner Seite geblieben war – eine Opportunistin hätte sich bei den ersten Anzeichen von Edwards sinkender Macht die kostbaren Geschenke und all den Reichtum, den sie angehäuft hatte, geschnappt und wäre getürmt. Das drohende Unheil muss Alice kommen gesehen haben, trotzdem ist sie geblieben.
    Ich bin Walsingham für seine Lästerlichkeit also überaus dankbar – sie regte mich an, tiefer in den Archiven nachzuforschen.
    Ich schulde ihm auch Dank für ein kleines Detail, das in meinem Unterbewusstsein zu arbeiten begann. Er sprach von einer Tochter, auf deren Namen ich sonst nirgends gestoßen bin: »In der Zwischenzeit wurde der König immer schwächer, und die Ärzte begannen zu verzagen, doch Alice und ihre Tochter Isabella verbrachten die ganze Nacht an seiner Seite.« (S. 63) Es war diese ›Isabella‹, eine Tochter, der ich in keiner anderen Chronik mehr begegnete, die mich auf die Idee brachte, Janyn Perrers mit der Königinwitwe Isabella in Verbindung zu bringen.
    Während der stürmischen Zeiten, die auf die Rebellion von Isabella und Mortimer folgten, wurde in dem geläufigsten Gerücht darüber spekuliert, King Edward III. sei gar nicht, wie behauptet, ermordet worden, die Geschichte habe man vielmehr nur erfunden, um es dem entthronten König zu ermöglichen, sich in ein Kloster auf dem Kontinent zurückzuziehen. Mich faszinierte indes ein anderes Gerücht noch stärker, demzufolge Isabella mit einem Kind Mortimers schwanger gewesen sein soll, als ihr Liebhaber des Hochverrats angeklagt und eingekerkert wurde. Angeblich soll sie nahezu zeitgleich eine Fehlgeburt erlitten haben. Ich beschloss, einmal durchzuspielen, was womöglich passiert wäre, hätte das Kind überlebt und hätte man dieses Kind – und nicht den entthronten König – heimlich in einem Kloster verschwinden lassen. Laut einer Gerichtseingabe gegen seinen Besitz, in welcher Alice als seine Frau und Erbin benannt wird, starb Janyn Perrers kaum zwei Jahre nach dem Tod der Königinwitwe Isabella, was mich wiederum darüber nachdenken ließ, ob all jene, die Kenntnis von dem Kind hatten, mit dem Tode Isabellas nicht auch automatisch ihres Schutzes beraubt gewesen wären. Und so nahm die Geschichte ihren Anfang …
    Die Quelle für Alices Tochter Isabella habe ich erwähnt. Die meisten Historiker rechnen ihr zwei Töchter zu, Joan und Jane. Woher kam dann also die vierte, Agnes Joanna? Ich fand es interessant, dass Alice in ihrem Testament das Landgut Gaynes in Upminster ausdrücklich »meiner jüngsten Tochter Joane« vermachte und anschließend alle anderen Güter und Patronate »meinen Töchtern Jane und Joane«. Selbstverständlich mag es sich hierbei lediglich um eine aus juristischen Gründen für notwendig erachtete umständliche Wiederholung handeln, doch mir gefiel der Gedanke, Alice könne zumindest noch ein weiteres Kind mit
einem dritten Ehemann gehabt haben, einem Mann, von dem ich so eine Ahnung habe, dass es ihn gab. Irgendwie scheint mir das Bild der Gutsherrin, das ihr letzter Wille entstehen lässt, dafür zu sprechen, dass sie nach Wyndsors Tod noch einmal geheiratet hat. Neben John Hanneye taucht in den Urkunden ihrer Grundstücksgeschäfte immer wieder der Name Robert Broun auf. Ihn zu Alices drittem Ehemann zu machen, ist allein meine Erfindung. Ihr Testament weist sie aus als »Alice, Witwe des Ritters William Wyndesor«, aber dies entsprach natürlich der Wahrheit unabhängig davon, ob sie zudem mit einem noch Lebenden verheiratet war oder nicht. Eine Frau nahm keineswegs immer den Nachnamen ihres Mannes
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