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Die Verschwundenen

Die Verschwundenen

Titel: Die Verschwundenen
Autoren: Alexander Lohmann
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Fahrerraum telefonierte jemand und brüllte gegen das Gepolter an: »He, Boss … Wollte sagen, wir sind gut angekommen …«
    Decker zog die Beine dicht an den Leib. Als jemand den Kofferraum entriegelte, trat sie mit aller Kraft zu. Ihre Füße trafen die Heckklappe. Sie flog auf und stieß mit vernehmlichem Scheppern gegen einen Widerstand.
    Decker rollte sich nach draußen.
    Die Schwarze mit den kurzen Haaren und der Armyjacke hockte vor ihr auf dem Boden, zwischen dem Auto und dem Garagentor. Sie hielt sich die Brust, wo die Heckklappe sie getroffen hatte, und rang nach Luft. Dann kämpfte sie sich hoch und griff unter ihre Jacke …
    Decker war noch schwindlig von der raschen Bewegung. Sie taumelte auf ihre Entführerin zu. Anstatt sie mit einem Tritt zu erwischen, rammte sie ihr das Knie unters Kinn.
    Die Frau klappte zusammen. Decker fiel halb über sie, hielt mit der Rechten den Schraubenschlüssel umklammert und tastete mit der Linken in der Jacke der Schwarzen nach einer Waffe.
    Keine Zeit!
    Der Fahrer stieg aus. »Rita?«, fragte er. »Was ist los da hinten?«
    Decker kauerte einen Moment an der Stoßstange des Kombis. Als sie Schritte herankommen hörte, sprang sie vor und schwang den Schraubenschlüssel.
    »Woah, woah!«
    Ein langhaariger Bursche mit kümmerlichem Oberlippenbart und Lederjacke wich vor ihrem Angriff zurück.
    Im letzten Augenblick änderte Decker die Schlagrichtung. Sie zielte nicht mehr auf den Kopf des Mannes, sondern traf seine Rechte und schlug ihm mit dem Schraubenschlüssel die Pistole aus der Hand. Die Waffe flog in den hinteren Teil der Garage und verschwand im Schatten zwischen zwei Regalen, zwischen Werkzeugen, Kartons und aufgestapelten Plastikkanistern.
    Decker holte wieder aus. Der Bursche umklammerte ihr Handgelenk, und einen Augenblick lang kamen ihre Gesichter sich so nahe, dass Decker seinen Atem riechen konnte.
    »Was glaubst du …«, keuchte der Bursche.
    Deckers Tritt traf ihn zwischen die Beine und schnitt den Satz ab. Mit einem Winseln sackte er zusammen. Seine verkrampften Finger hielten immer noch Deckers Handgelenk. Sie drehte ihm den Arm um und kam endlich frei.
    Unsicher machte sie ein paar Schritte. Ihre Beine fühlten sich an wie Pudding. Die Schläge, Griffe und Tritte waren reine Reflexe gewesen, so oft einstudiert, dass ihr Körper wie von selbst reagiert hatte. Erst jetzt merkte Decker, wie geschwächt sie noch war.
    Sie schaute zu den Regalen. Irgendwo dort musste die Waffe des Mannes liegen. Doch Decker sah nur jede Menge Gerümpel, und es war nicht genug Zeit, lange nach der Waffe zu suchen.
    An der Seitenwand führte eine Metalltür aus der Garage. Der Schlüssel steckte – wenn sie ihn abzog, schnell durch die Tür trat und hinter sich abschloss, verschaffte ihr das vielleicht den nötigen Vorsprung.
    Sie drückte die Klinke. Die Tür stieß gegen etwas Weiches, als sie aufging, und wurde Decker aus der Hand gezogen. Ein Mann drängte sich in die Garage. Decker sah einen schwarzen Wollpullover und braune Augen.
    »Mason!«, entfuhr es ihr.
    Sie schlug nach ihm, doch Mason wich geschmeidig aus. Als Decker ihm nachsetzte, blickte sie unvermittelt in den Lauf einer großkalibrigen Waffe.
    »Ganz ruhig jetzt!«, sagte Mason. »Ehe noch jemand verletzt wird.«
    »Mason.« Decker hielt zitternd inne. »Ich wusste, dass Sie dahinterstecken.«
    Masons Augenbraue zuckte, sonst blieb sein Gesicht unbewegt. Unsanft drehte er Decker herum und stieß sie vor sich her in die Garage zurück. Sie spürte seine Pistole im Rücken.
    Neben dem Auto kamen die beiden Entführer langsam auf die Beine. Sie fluchten und stöhnten. Der langhaarige Kerl in der Lederjacke stützte sich an der Wand ab. Er zog ein Handy aus der Tasche, drückte eine Taste und hielt es sich zitternd ans Ohr.
    »… alles klar, Boss«, stammelte er in den Hörer. »Sind unterbrochen worden. Rita hat unser Paket verloren, aber der Neue hat's sicher. Alles paletti, Boss.«
    »Ist seid solche Stümper«, sagte Mason hinter Deckers Rücken hervor. »Fast wäre es hier wirklich schmutzig geworden.«
    »Blas dich nicht so auf, Mann!«, entgegnete der Langhaarige. Er steckte das Mobiltelefon wieder ein und ging auf den hinteren Teil der Garage zu.
    Mason schob Decker zur Seite und richtete seine Waffe auf den Langhaarigen. »Was glaubst du, was du da tust?«
    »Meine Knarre liegt irgendwo da hinten«, sagte der Langhaarige. »Die hol ich mir wieder. Vielleicht nehm ich dir die Arbeit ab und leg die
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