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Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)

Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)

Titel: Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
Autoren: LISA RANDALL
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seinem Bedürfnis, seinem Publikum nicht nur interessante neue Phänomene zu bieten, sondern auch solche, die sich wirkungsvoll auf eine Kinoleinwand übersetzen ließen. Obwohl er keine naturwissenschaftliche Ausbildung besitzt, hat Scott eine schnelle Auffassungsgabe und ist empfänglich für neue Ideen. Also erklärte ich ihm, warum trotz des Einfallsreichtums und des Unterhaltungswerts einiger seiner Handlungen die Beschränkungen der Physik sie aus naturwissenschaftlicher Sicht als unhaltbar erscheinen ließen.
    Scott antwortete, dass Naturwissenschaftler schon häufig bestimmte Phänomene für unmöglich gehalten haben, die sich später als wirklich herausstellten. »Haben die Naturwissenschaftler nicht früher bezweifelt, was uns die Relativitätstheorie heute sagt?« »Wer hätte je gedacht, dass der Zufall irgendeine Rolle in grundlegenden physikalischen Gesetzen spielt?« Trotz seines großen Respekts vor der Naturwissenschaft fragte sich Scott immer noch, ob die Naturwissenschaftler – angesichts des sich entwickelnden Wesens der Naturwissenschaft – sich nicht manchmal über die Implikationen und Begrenztheiten ihrer Entdeckungen irrten.
    Manche Kritiker gehen sogar noch weiter und behaupten, dass, obwohl Naturwissenschaftler eine Menge vorhersagen können, die Zuverlässigkeit dieser Vorhersagen stets zweifelhaft sei. Ungeachtet naturwissenschaftlicher Belege beharren Skeptiker darauf, dass es immer einen Haken oder eine Lücke geben könnte. Vielleicht könnten Menschen von den Toten zurückkehren oder zumindest durch ein Portal in das Mittelalter oder zur Mittelerde reisen. Diese Zweifler trauen einfach den Behauptungen der Naturwissenschaft nicht, dass etwas ein für alle Mal unmöglich ist.
    Trotz der vernünftigen Einstellung, einen offenen Geist zu wahren und zu erkennen, dass neue Entdeckungen auf uns warten, verbirgt sich in dieser Logik jedoch ein tiefer Fehlschluss. Das Problem wird deutlich, wenn wir die Bedeutung solcher Behauptungen wie der oben gemachten analysieren und insbesondere den Begriff des Maßstabs anwenden. Diese Fragen ignorieren die Tatsache, dass wir, obwohl es immer unerforschte Entfernungs- oder Energiebereiche geben wird, in denen die Gesetze der Physik sich ändern könnten, die Gesetze der Physik bezogen auf menschliche Größenmaßstäbe äußerst gut kennen. Im Laufe der Jahrhunderte hatten wir ausgiebig Gelegenheit, diese Gesetze zu prüfen.
    Als ich der Choreographin Elizabeth Streb im Whitney Museum begegnete, wo wir beide auf einem Podium über das Thema Kreativität sprachen, unterschätzte sie ebenfalls die Widerstandsfähigkeit naturwissenschaftlichen Wissens bezogen auf menschliche Größenmaßstäbe. Elizabeth stellte eine Frage, die jenen ähnlich war, die Scott gestellt hatte: »Könnten die winzigen Dimensionen, die von Physikern vorgestellt werden und zu einer unvorstellbar kleinen Größe eingerollt sind, nicht trotzdem die Bewegung unserer Körper beeinflussen?«
    Ihre Arbeit ist wunderbar, und ihre Untersuchungen der Grundvoraussetzungen von Tanz und Bewegung sind faszinierend. Aber der Grund, warum wir nicht bestimmen können, ob neue Dimensionen existieren oder was ihre Rolle wäre, wenn es sie gäbe, ist gerade, dass sie für uns zu klein oder zu unkenntlich sind, als dass wir sie entdecken könnten. Damit meine ich, dass wir ihren Einfluss auf irgendeine Größe, die wir bislang beobachten konnten, noch nicht festgestellt haben, selbst nicht durch extrem detaillierte Messungen. Nur wenn die Auswirkungen von Extra-Dimensionen auf physikalische Phänomene erheblich größer wären, könnten sie auf wahrnehmbare Weise die Bewegung irgendeiner Person beeinflussen. Und wenn sie einen solchen bedeutenden Einfluss hätten, hätten wir ihre Wirkungen auch schon beobachtet. Deshalb wissen wir, dass die Grundlagen der Choreographie sich nicht ändern werden, auch wenn sich unser Verständnis der Quantengravitation verbessert. Ihre Wirkungen sind viel zu gering im Verhältnis zu allem, was in einem menschlichen Größenmaßstab wahrnehmbar ist.
    Wenn sich Naturwissenschaftler in der Vergangenheit irrten, dann häufig deshalb, weil sie ganz kleine oder große Entfernungen oder extrem hohe Energien oder Geschwindigkeiten noch nicht untersucht hatten. Das hieß nicht, dass sie sich wie Technikfeinde gegenüber der Möglichkeit des Fortschritts verschlossen hatten. Es bedeutete nur, dass sie ihren allerneuesten mathematischen Beschreibungen der Welt und ihren
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