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Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Christopher W. Gortner
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hörte ich ihn in kühlem Ton sagen. »Ich nehme an, dass Eure Reise nicht allzu beschwerlich war.«
    »Nein, Mylord«, antwortete Master Shelton leise.
    Der Blick des Mannes streifte mich. »Und das ist …?«
    »Brendan«, platzte ich heraus. Erst, als es zu spät war, begriff ich, was ich getan hatte. »Brendan Prescott, Euch zu Diensten, edler Herr.« Einem Impuls folgend, vollführte ich eine Verbeugung, die erkennen ließ, dass stundenlanges mühevolles Üben dahintersteckte, auch wenn ich schrecklich albern auf ihn wirken musste.
    Wie um meine Gedanken zu bestätigen, stieß er ein herzhaftes Lachen aus. »Ihr müsst Lord Roberts neuer Junker sein.« Sein Lächeln wurde breiter. »Privat mag Euer Herr eine solch erhabene Anrede von Euch verlangen, ich dagegen bin mit einem einfachen ›Master Secretary Cecil‹ oder ›Mylord‹ zufrieden, wenn Euch das recht ist.«
    Ich spürte, wie ich errötete. »Selbstverständlich!«, rief ich. »Vergebt mir, Mylord.«
    »Der Junge ist müde, das ist alles«, brummte Master Shelton. »Wenn Ihr Ihre Ladyschaft über unsere Ankunft in Kenntnis setzt, werden wir Euch nicht länger behelligen.«
    Master Secretary Cecil wölbte eine Augenbraue. »Ich fürchte, Ihre Ladyschaft ist gegenwärtig nicht hier. Sie und ihre Töchter sind in das Durham House in The Strand gezogen, um für die Edlen und ihr Gefolge Unterkunft zu schaffen. Das Haus Seiner Lordschaft ist heute Abend voller Gäste, müsst Ihr wissen.«
    Master Shelton erstarrte. Meine Augen schossen zwischen ihm und Master Secretary Cecils unergründlichem Lächeln hin und her. In diesem Moment begriff ich, dass Master Shelton nicht Bescheid gewusst hatte und soeben zurechtgewiesen worden war. So freundlich Cecils Gebaren auch sein mochte, gleichrangig waren die zwei Männer nicht.
    »Lady Dudley hat allerdings eine Nachricht hinterlassen, dass sie Eurer Dienste bedarf«, fuhr Cecil fort. »Ihr sollt ihr umgehend in das Durham House folgen. Ich kann Euch eine Eskorte zur Verfügung stellen, wenn Ihr möchtet.«
    Um uns herum rannten Bedienstete hin und her und zündeten mit ihren Fackeln an den Mauern angebrachte Leuchten an. Die Dämmerung hüllte den Hof und Master Sheltons Gesicht ein. »Ich kenne den Weg«, knurrte er und winkte mich zu sich. »Komm mit, Junge. Das Durham House ist nicht weit.«
    Ich wollte ihm schon folgen, als Cecil mich am Arm fasste. Seine Finger übten einen leichten, doch überraschend gebieterischen Druck aus. »Ich glaube, unser neuer Junker wird hier, bei Lord Robert, Unterkunft beziehen. Ich bringe ihn zu seinen Gemächern.«
    Ich hatte nicht damit gerechnet, so bald schon mir selbst überlassen zu werden, und einen Moment lang fühlte ich mich verloren wie ein verlassenes Kind. Insgeheim hoffte ich, Master Shelton würde darauf bestehen, dass ich ihn zum Rapport bei Lady Dudley begleitete. Stattdessen sagte er nur: »Geh, Junge. Du musst deine Pflicht erfüllen. Ich sehe später nach dem Rechten.« Ohne Cecil eines weiteren Blicks zu würdigen, schritt er zurück zum Tor. Die Hand fest um Cinnabars Zügel geschlossen, folgte ich Cecil.
    Unter dem nächsten Durchgang blickte ich noch einmal über die Schulter.
    Master Shelton war verschwunden.
    Mir blieb keine Zeit, die riesigen Stallungen, bevölkert von zahllosen Pferden und Jagdhunden, zu bewundern. Nachdem ich Cinnabar einem jungen, dunkelhaarigen Knecht mit – was Münzen betraf – äußerst zupackender Hand anvertraut hatte, schulterte ich meine Satteltasche und hastete Cecil hinterher, der mich über einen weiteren Innenhof, durch eine Seitentür und eine Stiege hinauf zu einer Serie von ineinander übergehenden Kammern führte, jede mit gewaltigen Wandbehängen geschmückt.
    Dicke Wollteppiche dämpften unsere Schritte. Die Luft roch stark nach Wachs und Moschus. Von den mit Kerzen gespickten Lüstern, die an den Deckenbalken hingen, tropfte stetig Wachs herunter. Die Klänge einer unsichtbaren Laute wehten an unsere Ohren, während Höflinge vorbeihuschten, und die Juwelen an ihrem Damast und Samt glitzerten wie schillernde Schmetterlingsflügel.
    Niemand achtete auf mich, doch ich hätte mich nicht einmal dann unbehaglicher fühlen können, wenn jemand mich angehalten und nach meinem Namen gefragt hätte. Ich überlegte, ob ich mich jemals in diesem Labyrinth zurechtfinden, geschweige denn mir den Weg zu und von Lord Roberts Gemächern würde merken können.
    »Am Anfang wird man von alldem regelrecht erschlagen«, meinte Cecil,
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