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Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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nicht, wie er gestorben ist. Und warum.»
    «Lass uns später darüber reden. Wie wichtig das eigentlich ist. Das Wie und Warum.»
    Sie schwiegen. Mehran sah sie an. Ihm kam ein Gedanke. Einfach. Selbstverständlich. Aber er konnte sich nicht daran erinnern, ob er ihn je in Worte gefasst hatte. Er war wohl davon ausgegangen, dass es nicht nötig wäre. Dass sie es ohnehin wusste.
    «Ich liebe dich, Mama», sagte er.
    Jetzt konnte sie sich nicht mehr zurückhalten. Als Antwort stand sie auf und drückte ihn an sich. Er genoss ihre Umarmung, obwohl sie schmerzte.
    «Kannst du mir nicht von ihm erzählen?», flüsterte er sanft, als sie sich wieder hingesetzt hatte.
    «Von Hamid?»
    «Es gibt so vieles, das ich nicht weiß. Früher wollte ich es nicht wissen. Ich habe gedacht, es würde zu sehr weh tun.»
    «Ich weiß, Mehran.»
    Er schaute sie an, ehe er fortfuhr: «Aber so ist es nicht. Das habe ich heute verstanden. Es ist umgekehrt. In unseren Erinnerungen lebt er weiter. Und gibt uns Kraft. Uns, die noch hier sind.»
    Shibeka sah ihn an. Erinnerungen.
    Es gab so viele.
    So viele.
    Und endlich gab es jemanden, mit dem sie sie teilen konnte.

[zur Inhaltsübersicht]
    A lexander Söderling hatte einen schönen Vormittag genossen. Er hatte es sich gegönnt, einmal auszuschlafen, und mit seiner Familie zusammen gefrühstückt. Als die Kinder zur Schule gegangen waren und seine Frau zur Arbeit, hatte er sich mit dem iPad hingesetzt und die Internetzeitungen gelesen. Keine zog eine Verbindung zwischen den Ereignissen draußen in Almnäs und den Leichen im Fjäll oder den verschwundenen Afghanen. Auch nicht zwischen Charles und dem Autounfall, der Lennart Stridhs Leben ein Ende gesetzt hatte. Der Junge war mit einem gebrochenen Bein davongekommen, aber Alexander vermutete, dass jemand schlau genug gewesen war, ihm zu erklären, dass er in bestimmten Situationen künftig besser den Mund hielt. Es sah so aus, als wären sie davongekommen. Noch einmal. Veronica Ström hatte ihr Wort gehalten und sich um alles gekümmert.
    Um Viertel nach neun verließ Alexander das Haus und ging zu seinem Auto. Normalerweise fuhr er früher los, bevor der Berufsverkehr einsetzte. Jetzt würde er vermutlich eine Stunde bis zur Arbeit brauchen. Aber das war heute in Ordnung. Per Knopfdruck schloss er den Audi auf, während er den Gartenweg entlangging. Er warf einen schnellen Blick auf die große Rasenfläche. Alles voller Laub. Die verdammten Nachbarn, konnten sie diese riesigen Ahornbäume nicht endlich fällen? Nicht genug damit, dass sie ihnen im Sommer die Sonne nahmen. Neunzig Prozent des Laubs wehte auf sein Grundstück. Er hatte schon oft mit dem Gedanken gespielt, sich nachts hinüberzuschleichen und ein paar Kupfernägel in die Ahornstämme zu treiben. Aber wie lange würde es dauern, bis diese elenden Bäume daran krepierten? Wahrscheinlich Jahre. Wenn es überhaupt funktionierte. Vielleicht war es auch nur ein Mythos. Eine Motorsäge würde funktionieren, da war er sich sicher. Es war verlockend. Was würde dann passieren? Bußgelder und Schadensersatzforderungen? Ein bisschen Geschmier in der Lokalpresse. Vielleicht wäre es das trotzdem wert? Immerhin würden sie die Bäume auf keinen Fall wieder aufstellen können.
    Er öffnete die Fahrertür, warf seine Aktentasche auf den Beifahrersitz und nahm hinter dem Steuer Platz. Irgendetwas pikste ihn unten am Rücken. Wie ein Wespenstich oder … Er tastete mit der Hand nach der Stelle. Stach sich erneut. Eine Nadel. Wie zum Teufel kam eine Nadel in den Sitzbezug? Wo kam sie her? Als er die Tür öffnen wollte, um auszusteigen und nachzusehen, merkte er, dass etwas nicht stimmte.
    Sein Herz raste.
    Es schlug nicht nur schneller, es raste einfach, von einer Sekunde auf die andere. Er sackte in den Sitz zurück und versuchte, seine Atmung unter Kontrolle zu bringen. Er musste sich entspannen. Tief Luft holen. Aber es ging nicht. Sein Körper hatte sich verselbständigt. Die Pulsschläge dröhnten in seinen Ohren. In seiner Brust begann es zu schmerzen. Ihm wurde klar, dass er gleich einen Infarkt erleiden würde. Das Herz würde die Anstrengung, der es ausgesetzt war, nicht über eine längere Zeit verkraften. Er drückte die Hände auf die Hupe, um Aufmerksamkeit zu erregen. Sie funktionierte nicht. Er hämmerte auf das Lenkrad. Es gab keinen Ton von sich. Der Krampf in seiner Brust verstärkte sich. Sein Atem ging immer flacher. Die Adern an seinem Hals pochten. Er brauchte Hilfe.

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