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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte
Autoren: Camilla Läckberg
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das letzte Wort behalten. Die blaue Holzschachtel und deren Inhalt hatten ihr als ständige Erinnerung gedient, daß allein sie ihr eigenes Schicksal lenkte. Und daß alle Mittel erlaubt waren.
    Die Asche, die sich in der Holzschachtel befand, hatte sie noch am Abend, bevor das Schiff nach Amerika auslief, geholt. Im Schutz der Dunkelheit war sie zum Brandplatz geschlichen und hatte sie an der Stelle aufgesammelt, wo sie die verkohlten Körper von ihren Kindern und Anders wußte. Warum sie das tat, war ihr damals nicht klar gewesen, aber im Laufe der Jahre hatte sie ihren impulsiven Beschluß verstanden. Die Holzschachtel mit der Asche erinnerte sie stets daran, wie leicht es war, etwas zu tun, um die eigenen Ziele zu erreichen.
    Der Plan hatte in ihrem Kopf rasch Gestalt angenommen, als der Tag der Abreise nach Amerika näherrückte. Sie wußte, daß ihr Schicksal besiegelt wäre, wenn sie sich wie eine dumme Kuh mit der Familie als Klotz am Bein in die Neue Welt begab. Nur allein hätte sie die Möglichkeit, sich eine andere Zukunft aufzubauen. Eine, bei der die Armut nur eine ferne, seltsame Erinnerung wäre.
    Anders hatte keine Möglichkeit gehabt, um zu begreifen, was geschah. Das Messer drang bis zum Schaft ein, tief in sein Herz, und wie ein totes Stück Fleisch sackte er vornüber auf den Küchentisch.
    Die Jungen lagen schlafend im Bett. Leise schlich sie zu ihnen ins Zimmer, zog unter Karls Kopf vorsichtig das Kissen vor, legte es ihm aufs Gesicht und sich selbst mit ihrem ganzen Gewicht darauf. Es war spielend leicht. Er zappelte eine Weile, doch kein Laut drang unter dem Kissen hervor, also schlief Johan ruhig weiter, während sein Zwillingsbruder starb. Danach kam er an die Reihe. Sie wiederholte die Prozedur, und diesmal war es ein wenig schwieriger. Johan war immer stärker und kräftiger gewesen als Karl, aber auch er war außerstande, sich längere Zeit zu wehren, und bald war er ebenso leblos wie sein Bruder. Sie lagen da, die Augen blicklos an die Decke gerichtet, und Agnes fühlte sich seltsam leer. Ihr war, als hätte sie die richtige Ordnung der Dinge wiederhergestellt. Die Kinder hätten nie geboren werden dürfen, und jetzt gab es sie also nicht mehr.
    Doch bevor sie in ihrem Leben nach vorn schauen konnte, blieb ihr noch eine Sache zu tun. Mitten auf dem Fußboden schichtete sie die Sachen der Jungen zu einem Berg und ging dann zum Küchentisch. Sie zog Anders das Messer aus dem Rücken und schleppte ihn mühsam ins Zimmer der Jungen. Er war so viel größer und schwerer als sie selbst, und als er schließlich als lebloses Bündel auf dem Boden lag, war sie völlig naßgeschwitzt. Sie holte etwas vom Branntwein, den sie im Haus aufbewahrten, goß ihn auf den Kleiderhaufen und zündete sich eine Zigarette an. Genüßlich nahm sie ein paar Züge, bevor sie die brennende Zigarette zwischen die alkoholgetränkten Sachen steckte. Hoffentlich wäre sie ein gutes Stück von hier entfernt, bevor es ordentlich zu brennen begann.
    Stimmen auf dem Korridor weckten Agnes aus ihren Erinnerungen. Sie wartete gespannt, ob die Leute vorübergingen, und entspannte sich erst, als sie ihr Zimmer passiert hatten und sich entfernten.
    Den Schock hatte sie nicht vorspielen müssen, als sie von ihren Besorgungen zurückkehrte und den Brand sah. Nie hätte sie geglaubt, daß er sich derart heftig entwickeln und derart rasend ausbreiten könnte. Aber alles war spurlos vernichtet worden, das zumindest war genau nach Plan verlaufen. Kein einziger kam auch nur einen Augenblick auf die Idee, daß Anders und die Jungen nicht dem Feuer zum Opfer gefallen waren.
    In den darauffolgenden Tagen hatte sie sich so wunderbar leicht gefühlt, daß sie manchmal nach ihren Füßen sehen mußte, um sich zu vergewissern, daß sie wahrhaftig nicht schwebte. Nach außen hatte sie den Schein gewahrt, hatte die trauernde Witwe und Mutter gegeben, insgeheim aber hatte sie gelacht, weil diese dummen, einfältigen Menschen so leicht zu täuschen waren. Und der größte Idiot von allen war ihr Vater gewesen. Es hatte sie gereizt, ihm zu erzählen, wozu seine Tochter fähig gewesen war, ihm das Verbrechen wie einen blutigen Skalp hinzuhalten und zu sagen: Schau, was du getan hast, schau, wozu du mich getrieben hast, als du mich damals wie eine babylonische Hure aus dem Haus jagtest. Aber sie hatte sich besonnen. So gern sie die Schuld auch mit ihm teilen wollte, sein Mitleid würde ihr besser dienen.
    Es hatte so gut funktioniert. Der Plan war
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