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Die Terranauten 068 - Der programmierte Attentäter

Die Terranauten 068 - Der programmierte Attentäter

Titel: Die Terranauten 068 - Der programmierte Attentäter
Autoren: Robert Quint
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befahl Glaucen.
    Widerwillig gehorchte der dünne Mann, und erst jetzt stellte er fest, daß er nackt war. Ein Grauer reichte ihm einen farblosen Overall, den er rasch überstreifte. Der Boden unter seinen bloßen Füßen war kühl.
    »Ihre Schuhe«, sagte der Graue.
    Morgenstern bückte sich und zog die Sandaletten an. Als er sich wieder aufrichtete, fiel sein Blick auf die dem Schott gegenüberliegende Wand. Nur mit Mühe vermochte er einen überraschten Ruf zu unterdrücken.
    An der beigen Wand, dicht unterhalb der Decke, klebte wie ein grotesker Blutegel der raupenförmige, schäferhundgroße Körper des Elektronischen Attentäters.
    »Was ist?« fragte Glaucen irritiert und folgte Morgensterns Blick. »Haben Sie den Geist Ihrer Großmutter gesehen?«
    Der dünne Mann preßte die Lippen zusammen. Der Attentäter … Er mußte für Glaucen und die Grauen unsichtbar sein! Und das bedeutete, daß der Computer ihn als Verbündeten betrachtete und über größere technische Möglichkeiten verfügte, als er bisher geahnt hatte.
    »Ich hatte eine Vision«, erklärte Morgenstern.
    »Eine Vision?« echote Glaucen. Mißtrauen flackerte in seinen Fischaugen, und wie auf einen lautlosen Befehl hin löste sich einer der Gardisten von der Tür und trat hinter den Terranauten. »Was für eine Vision?«
    Morgenstern grinste sardonisch. »Ich sah Sie an einem Strick baumeln«, verkündete er. »Und an Ihrem linken großen Zeh hing ein Schild mit der Aufschrift: Glaucen ist ein Tropf.«
    Der Fette funkelte ihn düster an. »Schön, daß Sie Ihren Humor noch nicht verloren haben. Aber das ist nur eine Frage der Zeit. Mit Leuten wie Ihnen bin ich schon früher fertig geworden.« Er gab dem Grauen einen Wink. »Abführen.«
    Bis auf Morgenstern sah niemand, wie der Elektronische Attentäter an der Wand hinunterglitt, mit geschmeidigen Bewegungen das Schott erreichte und sich rasch und lautlos durch die Öffnung schob.
    Das, dachte Morgenstern zufrieden, änderte die Situation ganz gewaltig.
     
    *
     
    Der Attentäter preßt sich eng an die Wand des blitzenden Korridors, der im unteren Drittel des Trichterschiffes die Sektionen des Medizinischen Traktes verbindet und Teil eines sternförmigen Geflechtes weiterer Gänge ist, die bei der Röhre des Zentralliftes zusammentreffen.
    Alle seine Systeme arbeiten.
    Neue Informationen werden von seinem Datenbewußtsein ausgewertet, und seine elektronischen Sinne beobachten unablässig den Mann namens Morgenstern und die anderen Menschobjekte, die zu den Feinden gehören.
    Der Attentäter weiß, daß er sich in Gefahr befindet.
    Er fürchtet sich nicht davor, von den drei Feinden entdeckt zu werden oder von den versteckt installierten Überwachungsanlagen des Bordcomputers. Der Schiffsrechner wird von seinem leistungsfähigen Decoder geblendet, und den Feinden hat er – ohne daß sie es bemerkt haben – eine bestimmte Droge injiziert, die verhindert, daß sie ihn bewußt wahrnehmen.
    Etwas anderes bedroht seine Existenz und die Erfüllung seines Auftrags.
    Wenn die Feinde den Mann namens Morgenstern verhören, dann werden sie über kurz oder lang auch erfahren, daß er sich an Bord befindet, und ihre Suche intensivieren. Das birgt unkalkulierbare Risiken, und der Attentäter weiß, daß die Zeit drängt.
    Er analysiert die Situation, und die Analyse dauert nur wenige Sekunden.
    Zwei Möglichkeiten stehen zur Wahl.
    Er kann diesen Morgenstern eliminieren. Aber Morgenstern steht nicht auf der Seite des Feindes, sondern auf der seiner Auftraggeber. Und wenn er ihn tötet, dann verliert er einen potentiellen Verbündeten und liefert dem Feind einen Hinweis auf seine Existenz.
    Die zweite Alternative ist gefährlicher und mit gewissen Gefahren belastet, aber wenn ihre Ausführung gelingt, dann hat er seine Position erheblich verbessert.
    Der Elektronische Attentäter zögert nicht länger.
    Er weiß nun, was er zu tun hat, und mit der logischen Kälte einer Maschine trifft er die notwendigen Vorbereitungen.
     
    *
     
    Wie ein stählernes, makrokosmisches Geschwür lag Kaisergrad unter den grellen, blendenden Lichtfluten Calinas.
    Die Stadt war gewachsen, hatte sich aufgebläht und gestreckt, war nun dreimal so groß wie vor der Ankunft Valdecs auf dieser Welt, ein bizarres Konglomerat verschachtelter Türme, Halbkugeln, Zylinder und Würfel, fensterlos, grau wie Staub, das Zentrum eines Spinnennetzes, das von zahllosen breiten Straßen gebildet wurde, die am fernen Horizont in einem Vorhang aus
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