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Die Terranauten 046 - Die Eisteufel

Die Terranauten 046 - Die Eisteufel

Titel: Die Terranauten 046 - Die Eisteufel
Autoren: Andreas Weiler
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Jahrhunderttausenden geschlafen hatte. Das Herz Rorquals begann wieder zu schlagen.
    Es war verborgen im Zentrum der rätselhaften Welt, niemand ahnte sein Vorhandensein. Und niemand konnte es spüren – noch nicht.
     
    *
     
    Der eisige Wind heulte und pfiff in den Schründen der zerklüfteten Bergeinöde des Westpols. Er peitschte die Schneefelder und geißelte sie mit winzigen Eiskristallen, die er zuvor von schroffen Felskanten gerissen hatte. Wolkenfetzen trieben in einem wilden Derwischtanz über den Bergspitzen; Schnee lag in der Luft.
    Der einsame Beobachter, der hinter der Deckung eines Felsgrates kauerte und in das Hochtal vor sich hinabspähte, fluchte lautlos. Die Eiskristalle schnitten wie winzige Messer in seine nur unzulänglich geschützte Gesichtshaut. Unwillkürlich zog er die Kapuze seiner Weißpelz-Parka tiefer in die Stirn und duckte sich schutzsuchend hinter die Felsbarriere.
    Das Heulen des Windes erstarb für einen Augenblick, und in diesem Moment der Stille konnte Ruben Carcones – so hieß der einsame Beobachterüberlaut sein eigenes Keuchen hören. Obwohl er sich schon seit vielen Monaten in den Gebirgen rund um den Westpol aufhielt, hatten sich seine Lungen noch immer nicht an die dünne Luft gewöhnt. Carcones hätte ein Vermögen für einen Sauerstoffapparat gegeben. Er schalt sich heute noch einen gottverdammten Narren, wenn er nur daran zurückdachte, daß er sich bei seiner Abreise aus Neosibirsk entschieden hatte, die Atemmasken zurückzulassen.
    »Unnützer Ballast«, hatte er damals Gus erklärt. »Auf dieser Fahrt kommen wir ohnehin nicht so hoch in den Westen, daß wir die Dinger brauchen.«
    Aber darin hatte er sich getäuscht – und damit einen Fehler gemacht, der ihn möglicherweise das Leben kosten würde. Gus, der jetzt einige Kilometer von diesem gottverlassenen Ort entfernt in dem kleinen Schutzzelt lag und sich das Leben aus dem Leib hustete, war am Ende. Und Gus wußte sehr gut über seinen miserablen Zustand bescheid. Er machte sich nichts vor. Trotzdem drängte er nicht darauf umzukehren. Warum auch? Dazu war es ohnehin zu spät, und ein PSI-Assassine wie Gus hatte sich schon zu Beginn seiner Karriere als Mietling der Mächtigen damit abgefunden, eines Tages einen mehr als unschönen Tod zu sterben.
    Ruben Carcones schüttelte den Kopf, um die Benommenheit aus seinem Schädel zu vertreiben. Die Kälte. Der einsame Mann rieb sich mit dem behandschuhten Handrücken die Eisbrocken aus dem Schnauzbart und tastete dann zu seinem rechten Augapfel. Trotz der dicken Handschuhe und der Taubheit seiner Finger konnte er spüren, daß sich eine dünne Eisschicht gebildet hatte. Eine üble Angelegenheit, entschied Ruben. Die Ärzte, die ihm geschickt die Scanner in die Augenhöhlen gepflanzt hatten, hatten ihm zwar versichert, daß die Körperwärmeverstärkung in den miniaturisierten Geräten selbst bei extremer Kälte leistungsstark genug sein würde, um Eisbildung zu verhindern, aber wie die Erfahrung bewies, hatten sie sich getäuscht.
    Wahrscheinlich ein Konstruktionsfehler, dachte er, als er nun mit den Fingerspitzen auch über den linken Augapfel strich und feststellte, daß auch dieser leicht vereist war.
    Resigniert ließ Ruben Carcones die Hände sinken, wälzte sich herum und schob seinen Kopf erneut über den Grat, um weiter zu beobachten. Wenigstens funktionierte der Zoom der Augenscanner noch, so daß er in der Lage war, die schwarzen Punkte unten im Tal in hundertfacher Vergrößerung zu begutachten.
    Langsam zoomte Ruben den Talgrund heran.
    Den Talgrund – und die Station.
    In Neosibirsk hätte man ihn nur ausgelacht, wenn er von seiner Entdeckung berichtet hätte. Die gewöhnlichen Menschen, die unter größten Entbehrungen versuchten, den Planeten Quostan bewohnbar zu machen, ihm seine kargen Bodenschätze abrangen und die teuren Importe der lebensnotwendigen Güter durch die Weißpelzjagd finanzierten, ahnten nicht, was in der Wildnis aus Felsgestein und Eis, die gemeinhin »Westpol« genannt wurde, vor sich ging. Außer den Männern und Frauen, die in der geheimen Station lebten und arbeiteten, wußten das überhaupt nur sehr wenige Personen. Valdec zum Beispiel, der Mann an der Spitze des über das irdische Sternenreich herrschenden Konzils der Konzerne …
    »Meine Informationen sind zuverlässig«, hatte ihr Auftraggeber, ein Konzernherr, der sich Sorgen über Valdecs Machtzuwachs machte, seinerzeit bei ihrem Treffen in Brasilia gesagt. »Auf Quostan
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