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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers
Autoren: Carrie Vaughn
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dass ich eine Hochzeit in Vegas plante. Aber war das kein Oxymoron? Eigentlich sollte man eine Hochzeit in Vegas nicht planen. Vielleicht konnte ich so tun, als sei das Ganze spontan passiert.
    In der Zwischenzeit musste ich immer noch die reguläre Show dieser Woche hinter mich bringen.
    »... und da dachte ich mir, >Herrje, es ist ein Engel, dieser Engel ist vom Himmel herabgestiegen, um mir zu sagen, wie ich dieses Buch schreiben soll!< Die Worte auf der Seite, das sind nicht meine Worte, es sind die Worte des Engels Glorimel, eines kosmischen Wesens aus reinem Licht, durch das die Stimme des Universums selbst strömt! Wenn man die Augen zumacht, kann man beinahe den Gesang in den Worten hören, die Sphärenharmonie ...«
    »Wenn ich die Augen zumache, wie soll ich dann das Buch lesen?« Huch, hatte ich das tatsächlich gesagt? Ich zuckte zusammen. Glücklicherweise hatten die Randerscheinungen jeder Gruppe eines gemeinsam: die Unfähigkeit, Sarkasmus zu erkennen.
    Chandrila Ravensun sagte völlig ernst: »Die Wörter fließen durch einen hindurch. Man muss sich ihnen nur öffnen.«
    Ich ließ den Kopf auf den Tisch vor mir fallen, auf dem sich mein Mikrofon und die Anlage befanden. Der Knall war wahrscheinlich auch im Radio zu hören.
    Das war das letzte, das allerletzte Mal, dass ich Ozzie einen Gefallen tat. »Ich habe da diese Freundin, die ein Buch geschrieben hat.« Er gab mir eine Ausgabe von Unsere kosmische Reise mit einer faszinierenden Aufzählung paranormaler Themen im Rückseitentext: Reinkarnationstherapie, Seelenwanderung und sogar die Erwähnung von Vampirismus in den Kapiteln über Unsterblichkeit und die Seele. Jeder, der ein Buch schrieb und es schaffte, veröffentlicht zu werden, egal, wie klein und speziell der Verlag sein mochte, musste meiner Meinung nach genug Verstand besitzen, um im Laufe eines Interviews kohärent zu klingen. Ich war davon ausgegangen, wir könnten eine einleuchtende Diskussion über unkonventionelle Sichtweisen des Geistes und seiner Kräfte und der möglichen Existenz parapsychischer Energie führen.
    Ich hatte mich geirrt.
    Glücklicherweise war ihr die Aura des Studios zu negativ gewesen, und sie hatte auf einem Telefoninterview bestanden. Sie konnte nicht sehen, wie ich mit dem Kopf gegen den Tisch schlug.
    »Wie hat er denn ausgesehen?«, fragte ich angriffslustig.
    »Wie hat wer ausgesehen?«
    »Der Engel. Glorimel.« War das übrigens nicht der Name eines der Elfen bei Tolkien?
    »Es tut mir leid, aber was meinst du damit, wie hat er ausgesehen?«
    Ich schnaubte. »Du hast gesagt, dieses Wesen sei dir in deinem Haus erschienen und habe dir den gesamten Inhalt deines Buches vorgetragen. Als es dir erschien, wie hat es da ausgehen?«
    Jetzt seufzte sie frustriert. »Glorimel ist eine reine Lichtgestalt. Wie soll ich ihn denn sonst noch beschreiben?«
    »Weißes Licht, gelbes Licht, orangefarbenes Natriumdampflampenlicht, stark, schwach, flackernd, hat es sich bewegt, hat es pulsiert? Beschreib es einfach.«
    »Solch ein Moment lässt sich nicht in Worte fassen!«
    »Aber du hast ein Buch darüber geschrieben. Irgendwie muss es sich also wohl doch formulieren lassen.« Allmählich wurde ich gemein. Ich sollte der Sache ein Ende bereiten, bevor ich noch etwas wirklich Schreckliches sagte. Andererseits war ich schon immer neugierig gewesen, wie weit sie gehen musste, damit ich wirklich fies wurde.
    »Wie soll ich den Menschen sonst von Glorimels wunderbarer Botschaft erzählen?«
    »Parapsychische Massenhalluzination? Was weiß ich.«
    »Glorimel hat mir befohlen, ein Buch zu schreiben.«
    Okay, genug. Es war an der Zeit zu verhindern, dass wir uns gegenseitig anschrien. Genauer gesagt, Zeit zu verhindern, dass ich zurückschrie. »Ich bin mir sicher, dass meine Zuhörer viele Fragen haben. Möchtest du mit ein paar Anrufern sprechen?«
    Huldvoll willigte sie ein. Ich versuchte für den Anfang etwas Positives auszuwählen.
    Eine überschäumende Frau war in der Leitung. »Hi, Chandrila, darf ich Sie Chandrila nennen?«
    »Ja, natürlich.«
    »Ich habe das Gefühl, als wären wir auf gewisse Weise Schwestern. Auch ich bin von einem engelsgleichen Boten besucht worden ...«
    Es wurde immer noch seltsamer. Ich hielt mich zurück und spielte die neutrale Moderatorin. Und merkte mir vor, Ozzie später umzubringen. Nie wieder Shows über engelsgleiche Boten, nie wieder. Dann hatte man mich eben als die Barbara Walters des seltsamen Zeugs bezeichnet. Dann sprach ich eben
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