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Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman
Autoren: Heyne
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Leute werden es toll finden.«
    »Du bist meine Mutter, du musst so etwas sagen.«
    »Natürlich«, meinte sie fröhlich.
    Wer konnte dem schon widersprechen? »Ben meint, ich soll zum Arzt gehen.«
    »Schaden kann es jedenfalls nicht. Vielleicht fühlst du dich schon besser, wenn du hörst, dass dir nichts fehlt.«
    Und wenn ich doch etwas hatte? Was wusste der örtliche Allgemeinarzt schon von Lykanthropie?
    »Mir fehlt nichts«, meinte ich beharrlich.
    »Natürlich nicht«, sagte sie. »Man ist immer gesund, bis es dann doch einmal so weit ist.« Ihr Tonfall war ernst geworden.
    »Was soll das nun wieder heißen?«
    Sie hielt inne, als versuche sie zu entscheiden, was sie sagen sollte. Dann seufzte sie. »Es soll heißen, dass Vorsicht besser als Nachsicht ist.«
    »Mom, stimmt was nicht?« Das Gespräch hatte eine etwas eigenartige Wendung genommen.

    »O nein, nicht wirklich. Ich finde nur, dass Ben Recht hat. Das ist alles.«
    Ich konnte nicht gewinnen. Ich wurde von allen Seiten belagert. »Okay. Ich überlege es mir.«
    Sie wechselte das Thema. »Wann werden wir eigentlich diesen Ben endlich einmal kennenlernen?«
    Sie wusste, dass ich mit Ben zusammenlebte; geheim halten konnte ich ihn nicht. Es bereitete ihr einige Sorge, dass ich anscheinend aus heiterem Himmel mit meinem Anwalt zusammengezogen war. Ich hatte ihr nicht erzählt, dass er in der Zwischenzeit zu einem Werwolf geworden war.
    »Ich weiß nicht, Mom. Vielleicht an Weihnachten?«
    »Kitty. Bis dahin sind es noch Monate. Fast das ganze Jahr!«
    »Du bist noch nicht einmal begeistert, dass ich mit dem Gedanken spiele, dieses Jahr über Weihnachten nach Hause zu kommen?«
    »Ich muss zugeben, dass das schön wäre.«
    »Ich spreche mit Ben darüber. Vielleicht schaffen wir es diesen Sommer.«
    Sie schien sich mit dem Kompromiss zufriedenzugeben, denn sie wechselte das Thema und sprach nun von der Familie, Dad und meiner Schwester und ihrer Brut, wie bei all unseren Telefonaten. Das Ganze war tröstlich. Egal was ich tat oder was mir zustieß, da waren immer Mom und ihre Anrufe.
    Nachdem ich aufgelegt hatte, sagte Ben: »Ich bin noch nicht so weit, deine Familie kennenzulernen.«
    »Dir wird nicht entgangen sein, dass ich mich auf nichts festgelegt habe.«

    »Ich sag’s ja bloß.«
    Beinahe hätte ich einen Streit angefangen. Ich hätte alles Mögliche sagen können, ihn mit boshaften Spitzen traktieren und auf den wunden Punkt einhacken können, bis er eiterte: Warum nicht, was passt dir nicht an meiner Familie, du willst bloß nicht zugeben, dass wir eine Beziehung haben, und so weiter. Fast hätte ich angefangen, so etwas zu sagen, bloß um seine Reaktion zu sehen.
    Doch ich ließ es sein, denn ich war genauso wenig bereit für diesen Streit wie Ben für ein Treffen mit meiner Familie.
     
    Am Nachmittag begann ich zu bluten. Eigentlich hätte ich erleichtert sein sollen - meine Periode, das war alles. Doch sie kam spät, es war zu viel Blut, und etwas an der ganzen Sache stimmte nicht. Also ging ich am Montag zum Arzt.
    Die Schwester nahm mir Blut ab. Die Ärztin wollte eine Urinprobe. Sie wollte, dass ich mich auszog und in einem dünnen Papierhemdchen auf den Untersuchungstisch setzte. Dann zerrte und stocherte sie an mir herum, das ganze Pipapo. In den schätzungsweise fünf Jahren seit meinem letzten Besuch in einer Arztpraxis hatte ich das nicht vermisst, kein einziges Mal, überhaupt kein bisschen. Es roch eigenartig. Alles war übergründlich des - infiziert, doch das Desinfektionsmittel verdeckte lediglich einen unterschwelligen Geruch nach Leiden, dem ich entnahm, dass man es hier den ganzen Tag mit kranken Menschen zu tun hatte.
    Ich saß eine Stunde herum und wartete. Als die Schwester
den Kopf ins Zimmer steckte und mir sagte, ich könne mich wieder anziehen, sprang ich beinahe von dem Tisch.
    »Kommt Dr. Luce zurück? Hat sie etwas gesagt?«
    »Sie wird in einer Minute bei Ihnen sein.«
    Die Tür ging zu, und ich zog mich rasch an. Kurz darauf klopfte es. Noch bevor ich etwas sagen konnte, ging die Tür einen Spalt auf, und Dr. Luce, eine beschäftigte Frau mittleren Alters, klein, mit angegrauten Haaren und einem ausgefallenen mehrfarbig gemusterten Laborkittel, eilte herein.
    »Gut, Sie sind angezogen. Wenn Sie sich bitte hierher setzen würden?«
    Sie nahm am Schreibtisch Platz, und ich ließ mich in dem Stuhl direkt davor nieder. Mein Magen spielte vor Nervosität verrückt. Sie lächelte nicht. Wenn alles in Ordnung wäre,
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