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Die stumme Bruderschaft

Die stumme Bruderschaft

Titel: Die stumme Bruderschaft
Autoren: Julia Navarro
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bewunderte sie. Ja, er bewunderte die feinen Gesichtszüge und das fröhliche Lächeln, das sie immer bereithielt; er bewunderte auch ihre Treue gegenüber dem König, kein Vorwurf war über ihre Lippen gekommen, als sie von Ania, der Tänzerin aus dem Kaukasus, die ihren Mann mit der schrecklichen Krankheit angesteckt hatte, verdrängt wurde.
    Abgarus ließ sich von niemandem mehr anfassen, denn er befürchtete, andere anzustecken. Er zeigte sich immer weniger in der Öffentlichkeit.
    Aber er hatte sich dem eisernen Willen der Königin nicht widersetzen können, die darauf bestand, sich persönlich um ihn zu kümmern, und nicht nur das, sie hauchte seiner Seele Mut ein, damit er an Josars Bericht über die Wunder des Nazareners glaubte.
    Der König sah sie traurig an.
    »Du bist es … Ich sprach mit Josar über den Nazarener. Ich werde ihm einen Brief mitgeben und ihn einladen, ich werde mein Reich mit ihm teilen.«
    »Josar sollte mit einer Leibgarde reisen, damit auf der Reise nichts passiert und er den Nazarener hierher geleiten kann …«
    »Ich werde drei oder vier Männer mitnehmen, das genügt. Die Römer sind sehr misstrauisch und ein ganzer Trupp Soldaten wird ihnen nicht gefallen. Jesus auch nicht. Ich hoffe, meine Herrin, dass ich die Mission erfüllen und Jesus überzeugen kann, mich zu begleiten. Ich werde allerdings schnelle Pferde mitnehmen, damit man Euch rasch Nachrichten überbringen kann, sobald ich in Jerusalem angekommen bin.«
    »Ich werde jetzt den Brief fertig schreiben, Josar …«
    »Im Morgengrauen werde ich mich auf den Weg machen, mein König.«

2
     
    Das Feuer begann an den Bänken der Gläubigen zu nagen, und Rauch verdunkelte das Hauptschiff. Vier schwarz gekleidete Gestalten eilten zur Seitenkapelle. In einer Tür in der Nähe des Hauptaltars rang ein Mann nervös die Hände. Der hohe Ton der Sirenen der Feuerwehr kam immer näher. In wenigen Sekunden würden sie in die Kathedrale stürzen, und das bedeutete einen neuerlichen Fehlschlag.
    In der Tat, da waren sie schon. Der Mann eilte den schwarz gekleideten Gestalten entgegen und bedeutete ihnen, zu ihm zu kommen. Eine ging mutig weiter, die anderen wichen ängstlich vor dem Feuer zurück, das sie umzingelte. Die Zeit hatte sie eingeholt. Das Feuer war schneller gewesen als geplant. Die Gestalt, die unbedingt bis zur Seitenkapelle vordringen wollte, war jetzt ganz von den Flammen eingeschlossen. Sie wurde vom Feuer erfasst, aber sie nahm alle Kraft zusammen und riss sich die Kapuze vom Gesicht. Die anderen versuchten, zu ihr zu gelangen, aber das Feuer war bereits überall, und die Eingangstür der Kathedrale gab allmählich unter den Stößen der Feuerwehrleute nach. Schnell rannten sie zu dem Mann, der sie zitternd erwartete. Sie entkamen in derselben Sekunde durch die Seitentür, in der das Wasser aus den Schläuchen in die Kathedrale eindrang, während die vom Feuer umzingelte Gestalt verbrannte, ohne auch nur einen einzigen Laut von sich zu geben.
    Was die Flüchtenden nicht bemerkt hatten, war eine weitere, in der Dunkelheit einer Kanzel verborgene Gestalt, die jeden ihrer Schritte aufmerksam verfolgte. Sie hatte eine Pistole mit Schalldämpfer in der Hand, die nicht zum Einsatz gekommen war.
    Als die schwarz gekleideten Männer durch den Seiteneingang flohen, kletterte die Gestalt von der Kanzel, und bevor die Feuerwehrmänner sie sehen konnte, betätigte sie eine Geheimtür in der Wand und verschwand.
     
    Marco Valoni inhalierte den Rauch der Zigarette, der sich in seiner Kehle mit dem des Brandes vermischte. Er war hinausgegangen, um frische Luft zu schöpfen, während die Feuerwehrmänner die Loderasche löschten, die immer noch in der Nähe des rechten Flügels des Hauptaltars qualmte.
    Die Piazza war abgesperrt und die Carabinieri drängten die Neugierigen zurück, die wissen wollten, was in der Kathedrale los war. Um diese Zeit wimmelte es in Turin von Leuten, die erfahren wollten, ob das Grabtuch Christi Schaden genommen hatte.
    Marco hatte die Journalisten, die über das Ereignis berichteten, gebeten, die Leute zu beruhigen: Das Grabtuch war unversehrt.
    Nicht gesagt hatte er ihnen allerdings, dass jemand in den Flammen umgekommen war. Wer, wusste man noch nicht.
    Wieder ein Brand. Die alte Kathedrale wurde vom Feuer verfolgt. Aber Marco glaubte nicht an Zufälle, und in der Kathedrale von Turin passierte einfach zu viel: mehrere versuchte Diebstähle, und, soweit er sich erinnerte, drei Brandstiftungen. Bei
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