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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition)
Autoren: Petra Schier
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einen Stein beiseite, der von dem Grabhügel heruntergekollert war.
    Als Witwe konnte sie ein ruhiges Leben führen und genoss darüber hinaus auch ein gewisses Ansehen. Das war besser, als den Fußabtreter für jemanden zu spielen, der sie nur wegen ihrer Mitgift – oder in diesem Fall wegen der Aussicht auf den Meistertitel und eine gutausgestattete Werkstatt – zum Altar führte. Noch einmal würde sie das nicht ertragen.
    «Herrin, mir wird kalt. Und Ihr holt Euch gewiss einen Schnupfen, wenn Ihr da noch länger steht.» Imela trat ungeduldig von einem Bein auf das andere.
    Marysa sah ihre Magd von der Seite an und nickte. «Du hast recht. Lass uns nach Hause gehen.»
***
    Als sie in den Büchel einbogen, sahen sie schon von weitem Bruder Christophorus. Er stand vor dem Haus und schien auf sie zu warten. Sein Habit war vollkommen durchnässt.
    Marysas Herz machte einen Satz, und sofort ärgerte sie sich. «Guten Tag, Bruder Christophorus. Was führt Euch hierher? Und warum steht Ihr im Regen?»
    «Ich habe geklopft», antwortete er. «Aber es hat niemand geöffnet.»
    «Balbina wird auf dem Markt sein», fiel Marysa ein. «Und Grimold und Jaromir habe ich geschickt, Holz zu holen. Anscheinend sind sie noch nicht zurück.»
    «Sieht ganz so aus.» Christophorus lächelte verbindlich. «Darf ich Euch kurz sprechen?»
    Marysa nickte. «Lasst uns ins Haus gehen.» Sie schickte Imela nach einem Krug Wein und setzte sich mit dem Dominikaner in die Stube. «Um was geht es?»
    Christophorus legte ein großes, in Tuch eingewickeltes Bündel vor ihr auf den Tisch. «Ich wollte mich verabschieden, da ich in den nächsten Tagen Aachen verlassen werde. Und ich wollte Euch dies hier geben.»
    Marysa blickte überrascht zwischen ihm und dem Bündel hin und her. Zögernd zupfte sie an dem Tuch.
    «Nur zu, packt es aus.» Christophorus nickte ihr auffordernd zu.
    Sie griff nach dem Gegenstand und spürte schon, als sie ihn anfasste, um was es sich handelte. Vorsichtig zog sie das Tuch fort. Es war ihre Laute.
    «Warum?», fragte sie.
    Christophorus zuckte mit den Schultern. «Sie gehört Euch. Er hatte kein Recht, sie Euch fortzunehmen.» Er stand auf und ging zur Tür. «Wie gesagt, ich gehe bald fort. Möglicherweise komme ich irgendwann wieder in diese Gegend. Dann werde ich Euch eine Nachricht senden, und Ihr könnt entscheiden, ob ich in Eurem Haus willkommen bin oder nicht.»
    «Ich, also …» Marysa wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Irgendwie war sie froh, dass er vorhatte, die Stadt zu verlassen. Andererseits wollte sie ihn auch nicht so sang- und klanglos ziehen lassen.
    «Ich werde das Geschäft meines Vaters weiterführen», sagte sie.
    «Den Reliquienhandel?» Verblüfft sah er sie an. «Muss ich mir womöglich doch Sorgen um Euch machen?»
    «Nicht, wenn ich es vernünftig angehe.» Sie erwiderte seinen Blick sehr ernsthaft. «Ich war bereits bei der Zunft und habe dort wegen einer Mitgliedschaft vorgesprochen. Mein Vater ist nur wenig mehr als ein Jahr tot, deshalb kann ich seinen Platz einnehmen, der ja ursprünglich Aldo zugestanden hätte.»
    «Der Reliquienhandel ist ein von Männern, vorrangig von Geistlichen, dominiertes Gewerbe», gab er zu bedenken. «Ist Euch klar, auf was Ihr Euch da einlasst?»
    «Vollkommen klar.»
    «Ihr solltet Euch vielleicht lieber einen neuen Ehemann suchen. Einen, der eher als Reinold geneigt ist, Euch in seinem Gewerbe mitarbeiten zu lassen.»
    Ihre Augen verengten sich gefährlich. «Derlei Ratschläge könnt Ihr Euch sparen, Bruder Christophorus. Macht Euch um mich keine Sorgen. Ich weiß, was ich tue. Und heiraten gehört ganz sicher nicht dazu. Niemand wird jemals wieder über mein Leben bestimmen.»
    Da war er wieder, der schneidende Tonfall, den Christophorus mittlerweile so gut kannte und der ihn klar in seine Schranken verwies.
    «Dies war wohl mein Stichwort», sagte er und wandte sich zur Tür. «Ich verabschiede mich nun, Frau Marysa. Gehabt Euch wohl.»
    Ihr Herz verkrampfte sich und begann dann heftig gegen ihre Rippen zu pochen. Sie konnte es sich selbst nicht erklären, aber so durfte er nicht gehen.
    «Ihr seid ganz nass», sagte sie und war erleichtert, als er sich wieder zu ihr umdrehte.
    «Es hat sich in den letzten Tagen stark abgekühlt. Wenn Ihr in den nassen Sachen herumlauft, werdet Ihr Euch erkälten.»
    «Ach was, halb so wild.» Er winkte ab. «Bis zur St. Jakobstraße ist es nicht weit.»
    «Nein, ich gebe Euch etwas Trockenes zum
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