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Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Titel: Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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liebsten hätte Julia eine unanständige Geste gemacht. Nichts zu tun hatte die, als diese grellbunten Dinger, die aussahen wie Schießbudenblumen, in den Kübeln vor dem Haus zu gießen, und das war ja nicht nötig bei dem Sauwetter. Ohnehin fühlte sich Julia schon schlecht genug. Sie hasste es, nach Tagesanbruch heimzukommen. Die Dunkelheit gewährte ihr Schutz vor den Blicken und die Vortäuschung bürgerlicher Anständigkeit. Gott, was hatte sie sich überhaupt gedacht? Mit diesem Typen.
    Kurz vor ihrer Haustür sah Julia nach oben und blickte der Krause direkt ins Gesicht. Die schien sich ertappt zu fühlen und huschte davon. Wahrscheinlich hatte sie behauptet, die Schlägerei, in die Conrad verwickelt worden war, gesehen zu haben. Die sah immer alles. Angeblich.
    In der Wohnung roch es nach Äpfeln und Staub. Julia ging einmal durch die Räume, um sich zu versichern, dass alles seinen Platz hatte, dann stellte sie die Kaffeemaschine an und ging duschen. Sie ließ so lange heißes Wasser über ihre Haut laufen, bis die Nacht fortgespült war, nur ihre Schatten nisteten noch im Erinnern.
    »Bentrup, eins, Strich, eins.«
    »Herrgott!« Julia griff nach dem Handtuch, tappte mit nassen Füßen ins Wohnzimmer und riss das iPhone aus der Jacke.
    »Wo bleibst du?«
    »Wenn du mich nicht daran hindern würdest, wäre ich schon da.«
    »Am besten, du kommst gleich ins Vincenz.«
    »Ins Krankenhaus?«
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Gnädigste.«
    Es macht mir aber etwas aus, du Idiot. Ich hasse Krankenhäuser. »Komme.«
    »Wann?«
    »Wenn ich meinen Urlaub gebucht, die Katze zur Nachbarin geschafft und meinen Kosmetiktermin absolviert habe.«
    Sie drückte kräftiger als nötig aufs Display. Dann rief sie Robert wegen der kaputten Scheibe an. Sie hörte, wie er ins Telefon lächelte, er versprach ihr, sich darum zu kümmern. Wenn sie den Wagen gleich brachte, konnte sie ihn am Nachmittag wiederhaben. Wunderbar. Für dich doch immer, sagte Robert, bis bald. Julias Mutter hätte ihn gern als Schwiegersohn gesehen, aber die Liebe hatte nur von dem einen bis zum nächsten Frühjahr gereicht. Es wird Zeit, dass du jemanden findest, mit dem du Kinder haben kannst, hatte ihre Mutter gesagt. Ich war damals doch schon viel zu alt und Oma auch. Tatsächlich waren die Frauen in ihrer Familie spät dran mit der Familiengründung. Mutter war Mitte dreißig, Großmutter fast vierzig gewesen. Die Männer allerdings, jünger als ihre Frauen, waren früh und keines natürlichen Todes gestorben.
    Eilig zog Julia einen Pullover über und eine Jeans, die ihr etwas zu weit war. Alle Kleider waren ihr etwas zu weit geworden, und sie konnte sich nicht aufraffen, etwas Neues zu kaufen. Julia griff nach ihrem Becher. Der Kaffee war kalt. Sie trank ihn trotzdem. Dann schwang sie sich auf ihr Rad. Der Tag konnte nur besser werden.
    Vor dem Eingang der Intensivstation wanderte Sven auf und ab. Seine hagere Gestalt spiegelte sich in der Glastür. Ersetzte ein Lächeln auf, keines, das Julia kannte, und nickte einen Gruß.
    »Nun erzähl schon«, sagte sie.
    Er fuhr sich durchs Haar, löste das Gummiband und zog es wieder fest um den rotblonden Zopf. »Ich weiß nicht, wie das alles werden soll. Dann müssen sie eben Coesfeld dichtmachen und uns nach Münster versetzen, wenn wir keine Leute kriegen oder einstellen können, wollen.« Schon wieder fummelte er in seinem Haar. Julia legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Was ist denn nun mit Conrad?«
    Sven starrte ihr auf die Stirn, bevor er antwortete. »Ges­tern Abend. Die Nachbarin ...«
    »Frau Krause?«
    »Ja, die. Sie sagt, drei Typen hätten auf einen Jungen eingeschlagen. An der Bushaltestelle vor deinem Haus.«
    »An der Bus ... Was wollte Conrad denn da?«
    »Was weiß denn ich?«, brauste Sven auf. »Dich auf ‘n Bier einladen? Dir ‘n Heiratsantrag machen? Keine Ahnung. Jedenfalls war er da, hat eins auf die Fresse gekriegt, und die drei sind weg. Die Krause hat dann den Notarzt angerufen. Ganz wirr war die noch, als wir dort waren.«
    »Wir?«
    »Fels war mit.«
    »Ach. Ich dachte ...«
    Stefan Fels war nach seiner Herzerkrankung Dienststellenleiter geworden. Schreibtisch, keine Außentermine. Doch auch seine Akten regten den untersetzten Kollegen, der ihr gerade bis zur Schulter reichte, so auf, dass Julia Sorge um seinen Blutdruck hatte. Zu Recht, wie sie wusste.
    »Was ist mit dem Jungen«, fragte sie.
    »War auch bewusstlos, ist nur nicht so schnell wieder da gewesen wie Conrad. Der
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