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Die Springflut: Roman (German Edition)

Die Springflut: Roman (German Edition)

Titel: Die Springflut: Roman (German Edition)
Autoren: Cilla Börjlind , Rolf Börjlind
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anschließend auf die hintere Seite der Insel Kärsön. Nils hielt an einer Böschung, die zum Wasser hinunterführte, und sie stiegen aus dem Auto. Der Himmel war sternenklar. Das Licht des Halbmonds beschien das Wasser und die Felsen. Es war ein sehr schöner Ort, zu dem sie früher einige Male spätabends gefahren waren, um ungestört und nackt schwimmen zu gehen.
    »Hier ist es noch genauso schön wie früher«, sagte Nils.
    »Ja.«
    Eva sah ihn an. Er wirkte ruhig, so als wäre nichts passiert. Als wäre alles noch so, wie es einst gewesen war. Nichts ist mehr, wie es einmal war, dachte sie.
    »Nils.«
    »Ja.«
    »Ich muss dich noch etwas fragen …«
    »Ja?«
    »Warum hast du dich nie gemeldet?«
    »Bei dir?«
    »Ja, bei wem sonst? Wir waren ein Paar, erinnerst du dich? Wir wollten heiraten und Kinder bekommen und zusammenleben. Hast du das etwa vergessen? Ich habe dich geliebt.«
    Plötzlich spürte sie, dass sie von völlig falschen Gefühlen in die völlig falsche Richtung gelenkt wurde. Aber die ganze Situation, mit Nils nach siebenundzwanzig Jahren wieder an diesem Ort zu sein, war so absurd. Die Vergangenheit wallte als blinder Hass in ihr auf, und sie war diesem Gefühl hilflos ausgeliefert.
    »Das war dumm von mir, ich hätte mich wirklich bei dir melden müssen. Entschuldige bitte«, sagte Nils.
    Er entschuldigt sich, dachte sie.
    »Du entschuldigst dich? Nach siebenundzwanzig Jahren?«
    »Ja? Was erwartest du von mir?«
    »Hast du jemals daran gedacht, was du mir angetan hast? Was ich durchmachen musste?«
    »Aber nun hör mal, es hat doch keinen Sinn …«
    »Du hättest dich doch bei mir melden und mir sagen können, dass du mich satthast und mit ihr ein neues Leben anfangen willst! Das hätte ich schon akzeptiert.«
    »Mit wem?«
    Das war ihr zweiter Fehler gewesen, aber sie spürte, dass es ohnehin keinen Sinn mehr hatte, sich zurückzuhalten, sie hatte sich nicht mehr in der Gewalt. Nils wirkte auf einmal äußerst angespannt.
    »Mit wem sollte ich ein neues Leben anfangen wollen?«
    »Das weißt du ganz genau! Stell dich nicht dümmer, als du bist! Jung und schön und schwanger, und dann schickst du sie hierher, um dein Geld aus dem Versteck zu holen, und glaubst, dass sie …«
    »Woher zum Teufel weißt du das?!«
    Nils’ Augen wurden auf einmal eiskalt. Er machte einen Schritt auf Eva zu.
    »Was meinst du!?!«, entgegnete sie. »Das von dem Geld?!«
    Nils sah sie lange genug an, um zu erkennen, wie sehr er sich die ganze Zeit geirrt hatte. Es war gar nicht Bertil gewesen, dem es gelungen war, ihn über Mexiko in Mal Pais aufzuspüren und Adelita nach Schweden zu folgen, um an das Geld zu kommen, das man ihm gestohlen hatte. Bertil hatte mit dem Mord nicht das Geringste zu tun. Eva hatte sich das Geld geschnappt und …
    »Du hast Adelita ermordet?«, fragte er.
    »War das ihr Name?«
    Evas Gesicht wurde ohne Vorwarnung von einer Ohrfeige getroffen. Nils war außer sich vor Wut.
    »DU WARST DAS, DU DRECKIGES SCHWEIN!!«
    Er stürzte sich auf Eva, die seinen nächsten Schlag abzuwehren versuchte. Sie war durchtrainiert und er körperlich nicht in bester Verfassung. Auf einmal schlugen sie sich wutentbrannt, zerrten aneinander, traten sich, bis sie seine Jacke zu packen bekam und ihn herumzog. Nils taumelte, stolperte über einen Stein, fiel rücklings und schlug mit dem Kopf gegen eine Felskante. Sie hörte den dumpfen Knall, als der Schädel gegen den scharfkantigen Granit schlug. Nils sackte auf der Erde zusammen. Aus einem Loch in seinem Hinterkopf pulsierte Blut. Sie starrte ihn an.
    Mette lehnte sich im Licht der Lampe vor.
    »Sie haben gedacht, er wäre tot?«
    »Ja. Erst habe ich mich nicht getraut, ihn anzurühren, er lag da und blutete und rührte sich nicht, und ich war schockiert und außer mir vor Wut.«
    »Aber Sie haben nicht die Polizei gerufen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß es nicht, ich habe mich auf die Erde fallen lassen und ihn angesehen. Nils Wendt, den Mann, der einmal mein Leben ruiniert hatte. Und jetzt tauchte er auf und bat um Entschuldigung und fing an, mich zu schlagen. Außerdem hatte er begriffen, was ich auf Nordkoster getan hatte. Also habe ich ihn zu seinem Auto geschleift und auf den Fahrersitz bugsiert. Der Wagen stand ja schon auf der Böschung zum Wasser hinunter, ich musste also nur noch die Handbremse lösen …«
    »Aber Ihnen muss doch klar gewesen sein, dass wir ihn finden würden?«
    »Ja, aber ich dachte … ich weiß nicht … er hatte
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