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Die sieben Dämonen: Roman

Die sieben Dämonen: Roman

Titel: Die sieben Dämonen: Roman
Autoren: Barbara Wood
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nichts mehr zu bewachen gab.
    Das schlangenköpfige Monster nahm bedächtig eine Stufe nach der anderen, und Mark hörte es in seinem Innern flüstern: »Das Ende wird für Euch lang und qualvoll sein. Nacheinander werden Euch die Arme, dann die Beine herausgerissen, bis Ihr den Tod herbeisehnt.«
    Mark erlangte sein Gleichgewicht wieder, stand auf und war mit einem Satz beim Eingang.
    Eine Riesenhand schoß vor und packte seinen Arm. Ein stechender Schmerz fuhr ihm durch die Schulter. Dann ließ die Hand ihn wieder
    los, und er fiel mit dem Kopf voran in den Schacht. Während er sich kriechend durch den dreißig Meter langen Gang kämpfte und sein durchtrennter Arm gegen die roh behauenen Wände schlug, dachte er: So ist es also, wenn man stirbt …
    Dann endete der Gang plötzlich, und er stürzte auf den Grund der Vorkammer. Ächzend und stöhnend lag er da und dachte: Ich werde einfach so liegenbleiben, es wäre so leicht … Aber dann fielen ihm die Mumien wieder ein, und die Rachgier spornte ihn an. Er stellte sich vor, was für ein Gefühl es wäre, die Mumien mit seinen bloßen Händen in Stücke zu reißen …
    Mark spürte, daß die Taschenlampe unter ihm lag, er zog sie hervor und knipste sie an. Der Lichtstrahl fiel auf die sieben Gestalten, die an der gegenüberliegenden Wand drohend vor ihm aufragten.
    »Ihr Dreckskerle!« stieß er keuchend hervor. »Noch habt ihr nicht gewonnen. Nicht, solange ich noch einen Funken Leben in mir habe. Ich bin noch nicht besiegt …«
    Doch der Raum begann vor seinen Augen zu verschwimmen. Mark fiel nach hinten und schlug mit dem Kopf auf den Steinboden. Zuerst sah er nichts als Feuerräder, dann klärte sich sein Blick und richtete sich auf die vier Dämonen, die über ihm standen. Sie waren von der Wand heruntergekommen: Amun der Verborgene, der Aufrechte, Am-mut der Gefräßige und der rothaarige Seth starrten auf ihn herab. Wie auf einen Befehl hin ergriff jeder von ihnen eines seiner Gliedmaßen. Er sah, daß jeder der Dämonen in der anderen Hand eine stumpfe Axt hielt.
    »Zuerst Eure Füße«, flüsterte eine innere Stimme, »dann Eure Hände, dann Eure Knie und Ellbogen, wie wenn man einen Baum zu Brennholz zerhackt …«
    Mark schloß die Augen. Lähmendes Entsetzen ließ all seine Kräfte erschlaffen. Als er die erste Axt hoch in die Luft schwingen und auf seinen Fuß niedersausen sah, vernahm er eine andere Stimme und erinnerte sich an eine kalte Nacht, als ihm die blendende Gestalt Nofretetes erschienen war: »Glaubt an die Götter Ägyptens, Davison, denn sie sind Inkarnationen Atons …« Dann vollführte sein Geist seltsame Gedankensprünge. Als die erste Axt sein Fußgelenk durchhackte und ein rasender Schmerz ihn fast seiner Sinne beraubte, da erinnerte er sich an etwas, das schon lange zurücklag.
    Ein Seminar über ägyptische Gottheiten, das er während seiner Studienzeit besucht hatte – so viele Einzelheiten und scheinbar unwichtige Fakten, die in seinem Gedächtnis verschüttet waren. Bis jetzt. Während er mit geschlossenen Augen dalag und spürte, wie die zweite Axt zum Schlag ausholte, sah Mark die antike Papyrusrolle mit der priesterlichen Handschrift wieder vor sich, die er damals studiert hatte. Er holte tief Luft und rief mit letzter Kraft: »O große Schwestern der Auferstehung, ich bin Euer Sohn, Euer Erbe! Ihr sanften Mütter, ich rufe Euch an. Liebliche Isis, die Ihr Trauer und Schmerz gesehen und Osiris wieder zum Leben erweckt habt, ich bitte Euch demütig …« Ein lähmender Schmerz durchzuckte sein Bein und ließ ihn aufschreien. »Ich flehe Euch an, Isis, große Mutter. Und Euch, holde Nephthys, Mutter des Anubis und Beschützerin derer, die …« Grelle Farben leuchteten vor ihm auf. Seinen Körper durchzuckten Höllenqualen. »Beschützerin derer, die vor Seth fliehen … göttliche Schwester, ich flehe Euch an, eilt Eurem demütigen Diener zu Hilfe. Ich glaube an Euch …«
    Als die Axt seine rechte Hand durchtrennte, verwandelte sich der Schmerz in eine läuternde Kraft. Während Mark die Zauberformel wiederholte, kamen mühelos die altägyptischen Worte über seine rissigen Lippen: »Ii kua xer-ten ter-ten tu ne ari-a ma ennu ari en ten en xu apu amiu ses en enb-sen … Isis, Nephthys …« Dann wurde es Nacht um ihn, und er machte sich bereit, den Tod zu empfangen.

    Als Mark wieder zu sich kam, lag er auf dem Rücken. Die Vorkammer war in sanftes Licht getaucht. Er blieb liegen und starrte an die Decke, während er
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