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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin
Autoren: Philippa Gregory
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Doch ich zog es vor, es allein zu tun und zu wissen, daß mein Sohn – mein kostbarer Sohn, ein Sohn des Königs – außer Sichtweite des Hofes war. Ich versprach, nur kurze Zeit zu bleiben und mich durch nichts aufhalten zu lassen.
    Zu meinen Gemächern bekam ich mühelos Zugang, aber die Räume der Königin hatte man auf Geheiß des Staatsrates versiegelt. Ich überlegte, ob ich meinen Onkel suchen sollte, um ihn nach Annes Kleidern und Wäsche zu fragen. Doch dann beschloß ich, das Augenmerk besser nicht auch noch auf das andere Boleyn-Mädchen zu lenken, während das erste wegen nicht genannter Vergehen im Tower eingesperrt war. Ich packte gerade einige meiner eigenen Gewänder für Anne zusammen, als Madge Shelton auftauchte. »Großer Gott, und ich dachte, man hätte auch Euch verhaftet«, sagte sie.
    »Warum?«
    »Warum wird jemand überhaupt verhaftet? Ihr wart weg. Natürlich nahm ich an, Ihr wäret im Tower. Haben sie Euch nach dem Verhör gehen lassen?«
    »Man hat mich nicht verhaftet«, erwiderte ich geduldig. »Ich bin nach London gegangen, um bei Catherine zu sein. Sie hat Anne als Hofdame begleitet. Sie ist noch bei ihr im Tower. Ich bin nur zurückgekommen, um Wäsche für sie zu holen.«
    Madge ließ sich auf einen Sitz beim Fenster fallen und brach in Tränen aus.
    |670| Ich warf rasch einen Blick über die Galerie. »Madge, ich muß jetzt gehen. Was ist denn los?«
    »Lieber Gott, ich dachte, sie hätten Euch verhaftet und würden mich als nächste holen kommen.«
    »Warum?«
    »Es ist, als würde man in der Bärengrube in Stücke gerissen«, antwortete sie. »Den ganzen Morgen lang haben sie mich befragt, wollten wissen, was ich gesehen und gehört hätte. Sie haben mir die Worte im Mund herumgedreht und es so hingestellt, als wären wir nicht viel besser als eine Schar Huren aus dem Badehaus. Ich habe nie etwas Schlimmes getan. Genausowenig Ihr. Aber sie wollen alles wissen, über alles und jeden, Orte und Zeiten und so weiter. Ich habe mich so geschämt.«
    »Der Staatsrat hat Euch befragt?«
    »Uns alle. Sämtliche Hofdamen der Königin, die Zofen, sogar die anderen Bediensteten. Jeden, der je in ihren Räumen getanzt hat. Sie hätten sogar den Hund Purkoy verhört, wenn er nicht schon tot wäre.«
    »Und was wollen sie wissen?«
    »Wer mit wem das Lager teilte. Wer wem was versprochen hat. Wer wem Geschenke machte. Wer in der Frühmesse gefehlt hat. Wer in die Königin verliebt war. Wer ihr Gedichte geschrieben hat. Wessen Lieder sie sang. Wen sie bevorzugte. Einfach alles.«
    »Und was antworten sie?« fragte ich.
    »Oh, zuerst sagen wir alle nichts«, erwiderte Madge beherzt. »Natürlich. Wir wahren unsere persönlichen Geheimnisse und versuchen auch die der anderen nicht zu verraten. Aber sie wissen etwas über die eine Person und etwas anderes über die nächste, und dann wenden sie sich plötzlich gegen dich und erwischen dich und fragen dich Dinge, die du nicht weißt, und Sachen, die du so machst, und die ganze Zeit über schaut Onkel Howard dich an, als wärst du die größte Schlampe, und der Herzog von Suffolk ist so freundlich, daß du ihm alles erklärst, und dann merkst du auf einmal, daß du alles erzählt hast, was du geheimhalten wolltest.«
    |671| Sie hörte auf zu heulen und wischte sich die Augen an einem Stück Spitze ab. Plötzlich blickte sie auf. »Geht! Wenn sie Euch sehen, holen sie auch noch Euch zum Verhör. Das einzige, worüber sie immer und immer wieder sprechen, ist, wo George und Ihr und die Königin in irgendeiner Nacht wart und was Ihr in irgendeiner anderen Nacht getrieben habt.«
    Ich nickte und brach sofort auf. Sie kam hinter mir hergerannt. »Wenn Ihr Henry Norris seht, sagt Ihr ihm, daß ich mein Bestes getan habe, um nichts zu verraten?« bat sie mich so jammervoll wie ein Schulkind, das nicht petzen will. »Sie haben mich überlistet, ihnen zu sagen, daß die Königin und ich einmal um einen Kuß von ihm gespielt haben, aber mehr habe ich nicht verraten. Nicht mehr, als ihnen Jane ohnehin schon erzählt hatte.«
    Nicht einmal der Name von Georges giftiger Ehefrau ließ mich in meinem Lauf innehalten, so eilig hatte ich es, aus dem Palast wieder zu entkommen. Statt dessen packte ich Madge Shelton bei der Hand und zerrte sie hinter mir her, während ich die Treppe hinunterhastete und durch die Tür ins Freie rannte. »Jane Parker?«
    »Sie war am längsten bei ihnen drin; sie hat eine schriftliche Aussage gemacht und unterschrieben. Nachdem sie mit
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