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Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Titel: Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)
Autoren: Patti Callahan Henry
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hieltinne und ließ meinen Finger über den Stiel einer Kornblume gleiten, rieb das Blütenblatt gegen meine Wange. Der Geruch des Süßen Jasmins, der wie Wein über das Gefäß hing, ließ mich schwindeln.
    Wildblumen.
    Ich nahm die Karte aus dem Strauß. »Mein Beileid, Hutchinson O’Brien.«
    Rusty kam von hinten, umarmte mich und wischte mir die Tränen von der Wange, die ich noch gar nicht bemerkt hatte. »Ich glaube, das Schlimmste ist überstanden, Schatz. Fahren wir heim«, sagte er.
    »Ja«, sagte ich. »Heim.«
    Ich steckte die Karte wieder in den Strauß, aber sie flatterte zu Boden und blieb so liegen, dass sein Name mich anstarrte.
    Hutch.
    Wir treffen unsere Entscheidungen und leben dann damit.
    Wir alle.
    inpasste.

Z WEI
    N ur vier Tage vor der Beerdigung, mitten in der Eröffnung meiner eigenen Kunstausstellung, hatte meine Mutter Hutchs Namen so beiläufig fallenlassen, wie man eine zerknüllte Papierserviette in den Müll wirft.
    EINLADUNG
    Die
    ANNE LOMAX GALLERY
    ATLANTA, GEORGIA
    lädt Sie herzlich ein zur Vernissage der Ausstellung
    Achtundvierzig Achtundvierzig
    von Lillian (ELLIE) Eddington Calvin
    48 Originalkunstwerke
    anlässlich von Ellies 48stem Geburtstag
    Ein Teil der Einnahmen geht an
    Lilly’s Love Charity
    Die Galerie platzte aus allen Nähten. Die Ausstellung war nach zehn einsamen Jahren in meinem Atelier auf dem Dachboden der Höhepunkt meiner Arbeit. Sie war die Feier zu meinem achtundvierzigsten Geburtstag, achtundvierzig Gemälde wurden gezeigt, die letzten zehn davon hatte ich in schlaflosen Nächten erst im letzten Monat vollendet. Mein eigentlicher Geburtstag war zwar erst im September, und jetzt hatten wir Ende Juli, aber die Terminabsprache mit den Spendensammlern meiner Mutter war wichtiger gewesen als mein Geburtsdatum.
    Ich male Blumen – aller Art. Mich fasziniert, dass ich damit bis an mein Lebensende weitermachen könnte und immer noch nicht jede bekannte Blume gesehen hätte. Es war Mutters Idee gewesen – die 48 zum 48ten. Sie kannte alle Tricks und Kniffe.
    Das war typisch meine Mutter – aus etwas, das sie eigentlich nicht guthieß (meine Kunst), eine Wohltätigkeitsveranstaltung zu machen, über der groß und breit ihr Name stand (und zwar buchstäblich, da zehn Prozent der Einnahmen der von ihr gegründeten Wohltätigkeitsorganisation für obdachlose Kinder zugutekamen).
    Ich stand in meinem Seidenkleid auf dem Podium, von wo aus die gute Gesellschaft von Atlanta leicht unscharf wirkte, als würde Nebel durch den Raum treiben. Alle waren da – Freunde, Familie, Fremde –, standen dicht an dicht und redeten über meine Kunstwerke, die bisher ein Dasein wie weggeworfene Erbstücke in meinem Dachbodenatelier gefristet hatten. Mein Mann Rusty kam zu mir und gab mir einen Kuss auf die Wange, ich drehte mich zu ihm um.
    »Ich bin so stolz auf dich«, sagte er.
    »Danke.« In der Hand hielt ich ein Glas Wein, war aber zu aufgeregt, um zu trinken.
    Ich fing Sadies Blick auf, sie lächelte mir zu. Dann war da noch Mutter – sie war mir den ganzen Abend keinen Zentimeter von der Seite gewichen.
    Sissy Parkland kam auf uns zu. Ein Band zog ihre Haare so straff nach hinten, als würde jemand hinter ihr stehen und daran ziehen. »Oh, Ellie, ich habe das Bild mit den Gardenien gekauft. Ich werde es in den Wintergarten hängen. Ich bin ja so begeistert. Am liebsten würde ich alle Bilder kaufen.«
    »Gardenia jasminoides«, sagte Mutter mit einem schmallippigen Lächeln.
    »Was?«, fragte Sissy.
    »Der echte Name«, erwiderte Mutter und griff nach meinem Arm. »Ellie nennt ihre Bilder gerne nach den gewöhnlichen Blumennamen, aber alle Blumen haben einen botanischen Namen, einen echten Namen.«
    »Egal, gewöhnlich oder botanisch, das Bild ist wunderschön.« Sissy winkte jemandem am anderen Ende des Raums und warf uns einen Abschiedskuss zu.
    Ob aus Dickköpfigkeit oder Faulheit, ich war immer hartnäckig dabei geblieben, die Blumen mit ihren gewöhnlichen Namen zu bezeichnen. Mutter – ob aus Dickköpfigkeit oder Penibilität – wies mich immer zurecht und wurde nicht müde, zu erklären, dass jede Blume einen Vor-und einen Nachnamen hatte, genau wie ein Mensch.
    Lil tauchte neben mir auf. »Mom, die wollen ein Foto machen«, sagte sie und nahm meine Hand.
    Don Morgan, Fotograf des Points-North -Magazins, baute sich vor dem Podium auf. »Die einzige Tochter einer einzigen Tochter einer einzigen Tochter, und alle heißen Lillian«, rief Don, während Lil und ich
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