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Die Schuldlosen (German Edition)

Die Schuldlosen (German Edition)

Titel: Die Schuldlosen (German Edition)
Autoren: Petra Hammesfahr
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Euro für die Kerzen in den Schlitz am Kasten, dann schob sie den Buggy zurück in die eisige Kälte. Auf den Wegen zwischen den Gräbern kam sie etwas schneller voran. Hier hatte niemand den Schnee weggeräumt, sodass eine relativ gleichmäßige Decke entstanden war. Der Buggy rumpelte nicht mehr so arg. Unter der zweifachen Umhüllung mit dem Schal kam wieder ein dumpfes «Mama?» hervor.
    «Ja», sagte Franziska. «Sie hat es sicher bald überstanden. Dann fahren wir zu ihr.»
    Als Alex den Kleinen gestern Abend bei ihr abgeliefert hatte, hatte er keine feste Zeit für den Kaiserschnitt nennen können. Er war heute früh wieder ins Krankenhaus gefahren, nachdem er Saskia zur Schule gebracht hatte, das ließ er sich nicht nehmen, nicht mal an so einem Tag. Aber er wollte auch bei der Geburt dabei sein und Silvies Tochter in Empfang nehmen, so wie er es damals mit Saskia gemacht hatte.
    «Jetzt besuchen wir zuerst unser Mariechen», sagte Franziska. «Sie hat morgen Geburtstag.»
    Sie machte halt in der Kinderecke. Die kleinen Gräber und Grabsteine waren völlig zugeschneit. Sie bückte sich und wischte mit dem Handschuh über den Stein, bis die Inschrift zu lesen war.
    Maria Welter
    * 25. Februar 1954
    † 13. August 1956
    Auch wenn es vierundfünfzig Jahre her war, es tat immer noch weh, vor diesem Fleckchen Erde zu stehen und zu wissen, dass es nicht hätte sein müssen. Und sich vorzustellen, wie anders alles gekommen wäre, wenn dieses immer fröhliche Kind weitergelebt hätte, herangewachsen wäre mit einer jüngeren Schwester an seiner Seite, und einer Mutter, die für beide da gewesen wäre, die nicht eins vernachlässigte, weil sie das andere hatte hergeben müssen und mit diesem Schlag einfach nicht fertigwurde.
    Dann wäre Ria kaum zum Nestflüchter geworden. Der General säße wahrscheinlich auf der Hardthöhe, hätte aber keine Tochter. Silvie wäre nie geboren, Janice Heckler, Heike und Lothar noch am Leben …
    Die unter dem Schal dumpfe Kinderstimme riss sie aus den schmerzlichen Erinnerungen und trüben Gedanken. «Papa», brabbelte David.
    Und da kam er: der Mann, auf den Franziska nun baute und vertrauen musste, weil sie mit ihren achtundsiebzig zu alt war, um noch einem kleinen Mädchen und Prinz Knatschsack die Mutter zu ersetzen.
    «Dachte ich mir, dass ich euch hier finde», sagte er zu Franziska und strahlte sie an. «Dreitausendsiebenhundert Gramm, zweiundfünfzig Zentimeter, kerngesund und Silvie wie aus dem Gesicht geschnitten.» Er klang so stolz, als sei es sein Werk.
    «Wie geht es Silvie denn?», fragte Franziska.
    «Ganz gut so weit», sagte er. «Sie hat ein bisschen geweint. Aber sie packt das schon. Mach dir keine Sorgen. Ich bin ja auch noch da.»
    Er bückte sich, hob David aus dem Buggy und stellte ihn auf die in die warm gefütterten Stiefelchen gepackten Füße. Franziska wollte den Kleinen bei der Hand nehmen, da hatte der schon Alex’ Hose gepackt und hielt sich daran fest.
    «Jetzt fahren wir zu Mama, Hasemann, und zu deiner wunderschönen Schwester», sagte er, während er den Buggy wie einen Regenschirm zusammenklappte und sich unter den rechten Arm klemmte. Dann nahm er den Jungen auf den linken Arm und stampfte vor Franziska her über die feste Schneedecke. Bei dem pompösen Eckgrab machte er halt und führte noch ein kurzes Zwiegespräch mit seiner Mutter, erzählte ihr von dem neuen Leben. Alexandra hieß die Kleine, hatte Silvie entschieden.

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    Über Petra Hammesfahr
    Petra Hammesfahr schrieb mit 17 ihren ersten Roman. Mit ihrem Buch «Der stille Herr Genardy» kam der große Erfolg. Seitdem schreibt sie einen Bestseller nach dem anderen, u.a. «Die Sünderin», «Die Mutter» und «Erinnerungen an einen Mörder». Ihre Bücher wurden in über 20 Ländern veröffentlicht. Die Autorin lebt in der Nähe von Köln.

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    Über dieses Buch
    Zwischendurch lief er immer wieder ins Freie. Es war jedes Mal ein Erlebnis, das ihm Tränen in die Augen trieb. Das Leben wieder in den eigenen Händen halten, vor niemandem mehr kuschen müssen. Jederzeit rausgehen können, wie er sich das vorgenommen hatte. Und sei es nur in den Garten.

    Er rannte hinunter bis zu dem verrosteten und stellenweise eingesunkenen Maschendrahtzaun, der das Grundstück zur Greve absicherte. Den Zaun hatte der Hausmeisterdienst nicht in Schuss gehalten. Ansonsten konnte man kaum meckern, der Rasen sah gepflegt aus, Bäume und Ziersträucher
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