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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht
Autoren: Colin Forbes
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des hölzernen Kopfes. Ebenso verfuhr er mit einem Lippenstift und Lidschatten. Inzwischen war Tweed zurückgekommen und sah Humble, der mit dem Rücken zu Paula stand, den Blick auf den Kopf gerichtet, beim Arbeiten zu.
    »Na, was halten Sie davon?«, fragte der rundliche Mann und trat einen Schritt zurück.
    »Grundgütiger!«, rief Tweed erstaunt aus. »Das ist ja Paula.«
    »Er hat das in nur fünf Minuten gemacht«, sagte Paula, die aufgesprungen war, als sie Humbles fertiges Werk sah, zu Tweed. »Das ist ja richtig unheimlich.«
    »Keine Angst«, beeilte sich Humble zu versichern. »Sobald Sie weg sind, mache ich alles wieder rückgängig.«
    »Wie konnten Sie das machen, ohne mich anzusehen?«, fragte Paula.
    »Sehen Sie den da?« Er deutete auf einen großen Spiegel am anderen Ende des Raumes.
    »Sie haben es wirklich faustdick hinter den Ohren«, sagte Paula, die sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte.
    »Wir sollten jetzt besser gehen«, sagte Tweed schroff. »In der Park Crescent wartet jede Menge Arbeit auf uns. Mr Humble, wann können wir mit den Fotos von den rekonstruierten Gesichtern rechnen?«
    »Tut mir leid, aber das kann ich im Voraus nie so genau sagen. Doch ich verspreche Ihnen, dass ich so schnell arbeiten werde wie möglich. Schließlich haben wir es hier mit einem brutalen Doppelmord zu tun.«

3
    »Ich traue dieser Lisa nicht«, sagte Tweed, als sie wieder im Audi saßen und zurück in Richtung Park Crescent fuhren. »Ich denke, dass sie es war, die anonym bei Scotland Yard angerufen und die beiden Leichen gemeldet hat.«
    »Wieso glauben Sie, dass sie es war?«
    »Weil es doch seltsam ist, dass sie bei uns im Büro auftaucht und uns bittet, sie nach Hause zu fahren, und dann liegt bei zwei Nachbarhäusern eine Leiche vor der Tür. Die Frau wollte, dass die Toten gefunden wurden, und sie wollte auch, dass ich in den Fall verwickelt werde.«
    »Lisa wirkte ziemlich nervös auf mich …«
    »Das ist doch kein Wunder. Schließlich sind in ihrer direkten Nachbarschaft zwei Frauen auf bestialische Weise ermordet worden.«
    »Wie passt eigentlich dieser Ex-Inspector Falkirk ins Bild?«, fragte Paula. »Es ist doch höchst unwahrscheinlich, dass er einfach so durch Lisas Straße spaziert und aus Zufall über zwei Leichen stolpert.«
    »Genau das habe ich mir auch gedacht.«
    Die beiden fuhren schweigend eine Weile weiter durch den zähfließenden Verkehr.
    »Dieser Hector Humble ist schon ein merkwürdiger Kerl«, sagte Paula nach einer Weile. »Direkt beängstigend, wie er in ein paar Minuten mein Gesicht nachgebildet hat.«
    »Das hat er für mich getan.«
    »Für Sie ?«
    »Ja, für mich«, antwortete Tweed. »Er spürte, dass ich ziemlich skeptisch war, was seine Arbeit anbelangt. Deshalb wollte er mir beweisen, wie gut er ist. Und ich muss sagen, das ist ihm gelungen.«
    »Und wohin fahren wir jetzt? Sieht aus, als wollten Sie zurück in die Straße, in der die Morde verübt wurden.«
    »Stimmt genau. Ich werde mir Miss Lisa Clancy noch einmal gründlich vorknöpfen.«
    »Tweed hier. Ich möchte Ihnen noch ein paar Fragen stellen«, sagte Tweed in die Gegensprechanlage, nachdem er an Lisas Haustür geklingelt hatte.
    »Muss das sein?«, krächzte es aus dem kleinen Lautsprecher. »Ich bin so müde …«
    »Ich auch. Sie haben genau zwei Möglichkeiten. Entweder Sie öffnen die Tür, oder ich hole die Polizei und lasse Sie zum Scotland Yard in ein Vernehmungszimmer bringen.«
    »Sie klingen auf einmal so anders …«
    »Machen Sie die Tür auf.«
    Es dauerte nicht lange, da hörten sie, wie drinnen ein Schlüssel umgedreht wurde, dann öffnete ihnen Lisa in einem teuer aussehenden lila Samtanzug die Tür. Sie lächelte Tweed freundlich an, sah aber geflissentlich an Paula vorbei, so als wäre es ihr nicht recht, dass sie dabei war. Sie führte sie durch einen mit blauem Teppichboden ausgelegten Flur, in dem auf einer antiken Kommode eine chinesische Vase aus der Zeit der Ming-Dynastie stand, und weiter in ein Treppenhaus.
    Am oberen Ende der Treppe angekommen, betraten sie ein Wohnzimmer, dessen Fenster zur Straße hin lagen. Lisa bat ihre Besucher, auf der Couch neben einem antiken Tisch Platz zu nehmen, und setzte sich dann ihnen gegenüber auf einen Stuhl mit einer hohen Lehne. Sie zog ihre Jacke aus, unter der sie eine tief ausgeschnittene Bluse trug.
    Paula war gespannt, wie Tweed die Befragung führen würde. Ganz offensichtlich hatte Lisa vor, ihn mit ihren weiblichen Reizen zu
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