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Die Schattenflotte

Die Schattenflotte

Titel: Die Schattenflotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Meyn
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Frau?»
    Die Männer zögerten einen Moment, dann kamen sie der Aufforderung nach. Jupp tastete die Kerle nach versteckten Waffen ab, schließlich schüttelte er den Kopf. «Die sind sauber!», rief er den anderen zu.
    August griff sich einen der Männer und zog ihn am Ohrläppchen hoch. «Wie viele Männer sind hier noch im Haus?»
    «Nur wir   …» August machte eine drohende Geste mit der anderen Hand. «Ehrlich   …»
    Er stieß den Mann in einen der Sessel. «Schweinebande! Los! Raus mit der Sprache! Wo habt ihr die Frau versteckt?»
    Die Männer warfen sich ängstliche Blicke zu. «Die Mädchen sind oben auf ihren Zimmern», antwortete schließlich einer von ihnen und zeigte auf einen Treppenaufgang, der mit roten Samtkordeln verziert war.
    «Die Mädchen?», wiederholte Sören. Im gleichen Augenblick wurde ihm klar, was der Mann meinte. Sie waren in einem Bordell gelandet. Gemeinsam mit Heinrich, Edgar und drei weiteren Männern stürmte Sören die Treppe hinauf. Nach wenigen Metern befanden sie sich in einem Gewirr von Gängen und Türen. An den Wänden hingen Tüllbänder und Darstellungen von leicht bekleideten Frauen, nackte, orientalische Tänzerinnen, obszöne Bilder und ebensolche Stiche von Paaren in eindeutigen Stellungen.
    «Es geht noch weiter nach oben», meinte Edgar. Hinter ihm erschienen Schmidlein und zwei weitere Männer.
    «Tilda!», rief Sören verzweifelt in den Flur, der sich vor ihnen erstreckte. Hinter einer der Türen konnte Sören eine Frauenstimme vernehmen, aber sie gehörte nichtTilda. Er rüttelte an der Tür, dann sah er, dass der Schlüssel von außen im Schloss steckte. Aus dem Nebenraum war ebenfalls eine Frauenstimme zu hören.
    «Sie sind eingesperrt», sagte Edgar und schloss die Tür auf.
    Die Frau blickte sie völlig verstört und ängstlich an. Ein Mädchen von höchstens fünfzehn Jahren.
    «Was ist mit dir?», fragte Sören. Sie antwortete etwas in einer fremden Sprache, wandte sich ab und schlug die Hände vors Gesicht.
    «Um Himmels willen.» Sören sah plötzlich klar. «Sie werden hier gefangen gehalten und zur Prostitution gezwungen. Ich mag gar nicht daran denken, dass   …» Er lief aus dem Zimmer in den Gang zurück. «Tilda!», schrie er immer lauter. «Tilda! Bist du hier irgendwo? So antworte doch, wenn du mich hören kannst!»
    «Wir müssen die Polizei verständigen», sagte Schmidlein und schloss eine weitere Tür auf. In dem Zimmer saß eine junge Frau auf dem Bett, älter als das Mädchen im Zimmer gegenüber, vielleicht zwanzig. «Verstehst du mich?», fragte er sie.
    Die Frau nickte stumm.
    «Was macht ihr hier? Was ist mit euch geschehen?»
    Sie zögerte und musterte Sören und Schmidlein. Erst als sie merkte, dass ihr keine Gefahr drohte, antwortete sie. «Man hat uns die Papiere abgenommen und gedroht, wir müssten uns die Rückfahrt erarbeiten   …» Sie schluchzte. «Es bleibt uns doch nichts anderes übrig. Wenn wir nach Hause wollen, müssen wir   …» Sie begann zu weinen.
    «Wie viele seid ihr?», fragte Sören.
    Die Frau zuckte die Achseln. «Ich weiß es nicht. Ich möchte nach Hause   … Aber ich habe kein Zuhause mehr. Alle sind weg von dort. Nach Amerika. Nur ich durftenicht einreisen. Sie haben gesagt, ich muss zurückfahren. Aber wohin soll ich?»
    Sören schluckte. «Wir werden dich zu jemandem bringen, der sich um dich kümmert. Um dich und um die anderen Mädchen. Ihr müsst das hier nicht tun.»
    Schmidlein blickte ihn fragend an. «Ich kann’s nicht glauben.»
    «Ich auch nicht», entgegnete Sören. Eine ungeheure Wut stieg in ihm auf. «Das sind abgewiesene Auswanderinnen, die man hier einsperrt. Meine Güte, wer mag so etwas tun? Wer steckt nur dahinter?»
    «Sie geben uns zu essen, sie behandeln uns gut.»
    «Blödsinn!», entfuhr es Sören. «Ihr seid für den Rücktransport nichts schuldig. Man hat euch angelogen.»
    Edgar kam ins Zimmer. Dem riesigen Kerl standen die Tränen in den Augen. «Ich habe so etwas noch nicht erlebt», stammelte er. «Ich weiß nur, wenn ich den Verantwortlichen für diese Schweinerei erwische, dann   … dann kann ich für nichts garantieren. Wir haben bislang fünf Frauen gefunden. Vielleicht sind in den oberen Stockwerken noch mehr.» Er blickte Sören hilfesuchend an. «Was sollen wir denn jetzt bloß machen?»
    Vom Flur her waren aufgebrachte Stimmen zu vernehmen. Nach kurzer Zeit herrschte ein völliges Durcheinander. Einige der Frauen schienen nicht zu begreifen, dass ihr

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