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Die Schatten schlafen nur

Die Schatten schlafen nur

Titel: Die Schatten schlafen nur
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Gesichtsausdruck machte ihr zu schaffen.
    »Ach komm, hör auf!« Sie lachte. »Du warst höchstens eifersüchtig, auf irgendeine schräge Art.«
    »Kann auch sein.« Er ging weiter.
    Sie lachte wieder. »Ulli tut dir gut, weißt du das?«
    »Stimmt.« Mehr sagte er nicht.
    Vor einem Jahr hatte sich van Appeldorn Hals über Kopf verliebt in Ulli Beckmann, eine Sozialpädagogin, die er bei Ermittlungen kennen gelernt hatte. Innerhalb von ein paar Wochen nur war er aus einem unerträglich gewordenen Eheleben ausgestiegen und hatte sich eine eigene, kleine Wohnung genommen. Dass seine Adoptivtochter Anna lieber bei ihm als bei ihrer Mutter leben wollte, hatte er nicht ahnen können, und so war es in seinem neuen Zuhause reichlich beengt. Aber er war schon auf der Suche nach einer größeren Wohnung oder einem Haus für Ulli, Anna und sich.
    »Vielleicht können wir vier uns ja mal treffen«, meinte Astrid. »Einfach so zum Essen und Erzählen.«
    Van Appeldorn brummelte irgendwas Unverständliches.
    »Was?«
    »Warum nicht? Wir waren mal ganz gut befreundet, Helmut und ich.«
    »Ja, weiß ich doch. Aber dann hab ich dazwischengefunkt. Die Yoko Ono von Kleve, gewissermaßen.«
    »Genau!« Er blieb wieder stehen und schmunzelte. »Es könnte natürlich auch daran gelegen haben, dass Helmut und ich beide in einer Art Dauerkrise gesteckt haben. Aber ich will deine Bedeutung auf keinen Fall schmälern.«
    Zum zweiten Mal an diesem Tag boxte Astrid ihn in die Seite.
    »Lass uns mal zur Sache kommen. Wir gehen doch wohl morgen Abend auf diese Bürgerversammlung?«
    »Auf alle Fälle. Und vorher werden wir wohl Eroglus Nachbarschaft abklappern müssen und herausfinden, ob jemand etwas beobachtet hat.«
    »Ja, das ist schon klar.«
    »Dann ist es ja gut, Yoko.«

    Ulli hatte versprochen, heute Abend noch zu kommen, aber van Appeldorn wusste, dass es spät werden würde.
    Sie leitete das Jugendheim in Materborn und musste oft bis nach Mitternacht bleiben. Die Arbeit hatte ihr immer Spaß gemacht, aber in letzter Zeit war sie ein bisschen müde geworden. Sie hatte einfach genug von den unregelmäßigen Arbeitszeiten, den immer wiederkehrenden Problemen mit Drogen und Gewalt und wollte etwas Neues, hoffentlich Erfreulicheres, beginnen. Heute Morgen war sie bei einem Bewerbungsgespräch gewesen. Die Stadt Goch suchte eine neue Leiterin für einen Vorschulkindergarten.
    Anna war offenbar zu Hause. Van Appeldorn hörte den Fernseher in ihrem Zimmer. Er klopfte an.
    »Komm rein!« Der Raum war nicht größer als eine Abstellkammer. Nur mit viel gutem Willen hatten sie ein Bett, einen Schreibtisch und einen Stuhl darin untergebracht. Der Fernseher stand auf einem Brett, das van Appeldorn neben dem Fenster an die Wand gedübelt hatte.
    Anna schaltete ihn sofort aus. »Hallo, Norbert! Hast du Hunger?«
    »Du hast doch nicht etwa schon wieder gekocht?«
    Sie freute sich über sein Gesicht. »Heute gibt es nur einen Salat und Brote. Aber ich hab mich entschieden: Ich such mir nächstes Jahr eine Lehrstelle als Köchin. Sigrid findet das auch gut.«
    »Wie war’s denn?« Sigrid war Annas Bewährungshelferin und heute hatte das monatliche Gespräch stattgefunden.
    »Ganz gut, glaub ich.« Sie krabbelte vom Bett und fuhr sich durch das kohlschwarz gefärbte Haar. »Kommt Ulli heute noch?«
    »Hoffentlich.«
    Sie warf ihm einen kecken Blick zu. »Ich bin sowieso nicht da.«
    »Wohin gehst du? Wann bist du zurück?«
    »Papa, ej! Bist du irgendwie krass drauf, oder was? Das haben wir doch wirklich alles durch. Ich gehe zu Daniel.«
    »Ist das dieser Grottenolm?«
    »Hör auf, Mensch! Der ist total süß. Wir gucken Videos. Ja, und seine Eltern sind zu Hause. Und ich bin gegen zwei zurück, okay? Ja, ich weiß, dass ich morgen Schule habe. Aber erst zur dritten Stunde. Alles klar?«
    »Alles klar!« Doch er musste sich gewaltig zusammenreißen.
    Sie hatten beide eine schlimme Zeit hinter sich: Anna, die in eine böse Sache verwickelt gewesen war, und er, der als Ermittler die ganze Schweinerei auch noch aufgedeckt hatte. Am liebsten hätte er sie in ihrem Zimmer angekettet.
    Eine Stunde später, nachdem sie gemeinsam gegessen und abgewaschen hatten, machte sich Anna auf den Weg und van Appeldorn ging in sein Zimmer.
    Als er bei Marion ausgezogen war, hatte er nur das mitgenommen, was er in die Ehe gebracht hatte: seine Kleider, seine Fußballpokale, ein paar Fotos und Bücher. Er wollte einen anderen Neuanfang als Toppe damals, der monatelang
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