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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
Autoren: Tamara Alexander
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Duncan an seinem gestärkten Kragen und seiner Seidenweste nach oben und schob ihn zu seinem eleganten Pferd hinaus, das draußen angebunden war. Sobald Duncan im Sattel saß, versetzte Larson dem Vollblut einen kräftigen Klaps, und es trabte los.
    Kathryn wartete an der Tür. Sie hatte ihr Tuch um ihre Schultern gewickelt und ihre Augen schauten ihn missbilligend an. „Larson, du hattest kein Recht, dich so zu benehmen! Bradley Duncan ist noch ein Junge, und zwar ein ehrbarer Junge.“
    Larson knallte die Tür hinter sich zu. „Ich habe gesehen, wie er dich angeschaut hat.“
    Sie lachte ungläubig. „Bradley sieht in mir eine ältere Schwester.“
    Larson trat bis auf wenige Zentimeter an sie heran und schaute durchdringend zu ihr hinab. Sie versteifte sich, aber sie wich nicht zurück. Das hatte sie noch nie getan, und das gefiel ihm eigentlich auch. „Ich habe zwar keine Geschwister, Kathryn, aber glaube mir: So schaut kein Mann seine Schwester an.“
    Kathryn seufzte, und ein verständnisvoller Blick machte ihre eben noch so strengen Züge weicher. „Larson, seit ich dich kenne, habe ich keinen anderen Mann mehr angeschaut. Niemals“, flüsterte sie und hob langsam eine Hand an seine Wange. Ihre Augen glänzten. „Das Leben, für das ich mich entschieden habe, ist immer noch das Leben, das ich will. Was andere Männer denken, interessiert mich nicht. Ich will dich, nur dich. Wann begreifst du das endlich?“
    Er wollte ihre Hand wegschieben, aber die Gefühle, die sie in ihm weckte, waren stärker als sein Bedürfnis nach Kontrolle. Er zog sie an sich heran und küsste sie und wollte ihr glauben, dass sie nie einen anderen Mann, ein anderes Leben wollte.
    „Ich liebe dich“, flüsterte sie nah an seinem Mund.
    Er neigte den Kopf nach hinten, sah ihr in die Augen und hätte ihr gern geantwortet. Aber er konnte nicht. Etwas tief in seinem Inneren war wie verriegelt. Er wusste nicht einmal, was es war, aber er hatte als junger Mann gelernt, dass es sicherer war, es zu verstecken und tief in sich einzusperren.
    Ein Lächeln spielte um Kathryns Lippen, als könnte sie seine Gedanken lesen.
    Larson zog sie an sich heran und küsste sie wieder. Dieses Mal zärtlicher. Ein leises Seufzen kam aus ihrer Kehle. Kathryn besaß eine solche Anziehungskraft auf ihn, dass es ihm manchmal Angst einjagte. Er fragte sich, ob sie das überhaupt wusste. Sie verdiente so viel mehr, als er ihr geben konnte. Er sollte derjenige sein, der ihr Bücher und andere Sachen kaufte. Nicht irgendein verliebter Junge. Er wollte Kathryn mit einem Luxus umgeben, der ihrem Leben in Boston in nichts nachstand, und er wollte Stolz in ihren Augen sehen, wenn sie ihn anschaute.
    Aber diesen Blick hatte er schon sehr, sehr lange nicht mehr gesehen.
    Der bekannte bittere Geschmack, versagt zu haben, trübte die zärtliche Liebe seiner Frau, und Larson lockerte seine Umarmung. Er löste vorsichtig seine Finger aus ihren dichten, blonden Haaren. Sie hatte immer noch die Augen geschlossen und ihre Wangen waren sanft gerötet.
    Behutsam fuhr er mit dem Daumen ihre Lippen nach. Obwohl sie seit zehn Jahren durch harte Arbeit versuchten, sich in diesem rauen Land ein Leben aufzubauen, hatte Kathryns Schönheit nicht gelitten, sondern nur noch zugenommen. Es war also kein Wunder, dass er immer wieder Rancharbeiter dabei ertappte, wie sie Kathryn anstarrten.
    Sie schlug langsam ihre Augen auf, und er blickte ihr tief und forschend hinein.
    Kathryn sagte zwar, dass sie nie einen anderen Mann wolle, dass sie mit ihrem bescheidenen Leben zufrieden sei. Und wie sie jetzt auf ihn reagierte und ihn ansah, ließ ihn fast glauben, dass sein Argwohn unbegründet war. Aber es gab etwas, das Kathryn sich von ganzem Herzen wünschte, etwas, das er ihr nicht geben konnte. So sehr er sich auch bemühte und betete, erwiesen sich seine Bemühungen, ihren Wunsch nach einem Kind zu erfüllen, als fruchtlos.
    In diesem Moment verstärkte eine altbekannte, dunkle Gegenwart in ihm seine Gefühle, unzulänglich zu sein, versagt zu haben. Er gab der unhörbaren Stimme in sich Raum, und seine Zweifel wurden neu entfacht. Es wäre nicht das erste Mal, dass Kathryn log.
    Er schob sie von sich weg und drehte sich um. „Auf mich wartet noch Arbeit im Stall. Ich komme später wieder.“
    Larson zog die beißende Dezemberkälte im Colorado-Territorium der verletzten Enttäuschung, die er in den Augen seiner Frau gesehen hatte, vor und knallte die Tür hinter sich zu.

    Kathryn
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