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Die Richter des Königs (German Edition)

Die Richter des Königs (German Edition)

Titel: Die Richter des Königs (German Edition)
Autoren: Sandra Lessmann
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aus, wo meine Schwester wohnte, konnte aber kein geeignetes Schiff finden. An der Südküste trafen wir durch Zufall den König wieder, der dasselbe Problem hatte. Dort hätten sie ihn um ein Haar erwischt. Aber Gott schützte ihn, und einige Zeit später gelang ihm die Flucht nach Frankreich.«
    »Ihr habt mir noch immer nicht verraten, wie Ihr es geschafft habt«, drängte Alan ungeduldig.
    Jeremy lächelte bescheiden.
    »Als mir klar wurde, dass ich nicht die Mittel besaß, um einen Fischer oder den Kapitän eines Handelsschiffs zu bestechen, seinen Kopf für einen royalistischen Flüchtling zu riskieren, kam mir eine Idee, wie ich die Amtsvertreter überlisten konnte.
    Im Ärmelkanal wimmelte es von holländischen Piraten, die die englische und französische Küste unsicher machten. Eines Abends entdeckten wir einen dieser Freibeuter in einer abgelegenen Bucht. Offenbar hatte ein Sturm ihn gezwungen, dort Schutz zu suchen. Ich ging davon aus, dass die Leute der Gegend das Schiff ebenfalls bemerkt hatten, und beschloss, diesen Umstand auszunutzen. Zum Glück sprach ich damals schon fließend Französisch. Wie Ihr wisst, hatte ich eine Weile in Paris studiert. Ich schärfte dem Mädchen also ein, sie solle so tun, als sei sie Französin, und da sie sehr aufgeweckt war, spielte sie ihre Rolle, ohne sich ein einziges Mal zu versprechen.
    So begab ich mich mit ihr zum nächsten Dorf, wo uns der dortige Nachtwächter, der uns für Vagabunden hielt, verhaftete und dem Friedensrichter vorführte, wie es seine Pflicht war. Dieser besorgte einen Dolmetscher, als er bemerkte, dass er Franzosen vor sich hatte, und ich erklärte ihm, dass meine kleine Base und ich während einer Bootsfahrt vor der Küste Frankreichs von Piraten aufgebracht worden seien. Das Schiff der Freibeuter sei von einem Sturm nach England abgetrieben worden und habe uns an einem verlassenen Strand abgesetzt. Da man uns alles geraubt habe, hätten wir kein Geld, um nach Frankreich zurückzureisen, und natürlich auch keine Papiere.
    Als man dem Friedensrichter die Sichtung eines Holländers vor der Küste bestätigte, nahm er mir meine Geschichte ab. Eigentlich wäre es nun seine Pflicht gewesen, uns nach London bringen zu lassen, wo eine höhere Autorität über unser Schicksal entschieden hätte. Ich rechnete jedoch damit, dass seine Sorge um die Gemeindekasse größer sein würde als sein Pflichtbewusstsein gegenüber dem Gesetz. Und ich behielt Recht. Nachdem er die Kosten für unsere Eskortierung nach London im Geiste überschlagen hatte, entschied er, dass es für die Gemeinde billiger wäre, die unerwünschten Franzosen von einem Fischer der Gegend über den Kanal bringen zu lassen. Man sah dem Friedensrichter deutlich an, wie froh er war, uns los zu sein.«
    Alan brach in schallendes Gelächter aus. »Cromwell hätte dem guten Mann den Kopf abgerissen. Ihr seid wahrlich ein Teufelskerl, Jeremy!«
    »Es ist immer von Vorteil, die Schwächen der Menschen zu kennen.«
    »Ihr seid also ins Exil gegangen?«, fragte Alan, während er sich die Lachtränen aus den Augen wischte. »Und was wurde aus dem Mädchen?«
    »Ich lieferte sie bei ihrer Familie ab. Dann ging ich nach Italien, um Medizin zu studieren, denn in Frankreich herrschte damals ja auch Bürgerkrieg, und ich hatte vorerst genug von Schlachtfeldern und Gemetzeln. Später verbrachte ich einige Jahre in Indien und lernte sehr viel über die dort praktizierte Medizin, die in mancher Hinsicht der europäischen überlegen ist.«
    Alan lauschte interessiert. Er hatte seinen Freund schon früher als überaus klug und wissensdurstig gekannt und sein außerordentliches Gedächtnis für Einzelheiten bewundert. Nun entdeckte er, dass Jeremy seine Talente offenbar ausgiebig genutzt hatte.
    »Habt Ihr eigentlich das Mädchen je wiedergesehen?«
    »Ja, durch Zufall. Als mit Cromwells Tod die Herrschaft der Puritaner endlich zu Ende gegangen war und unser König Charles wieder auf dem Thron saß, kehrte ich über Paris nach England zurück. Und in Paris begegnete ich ihr im Louvre. Ihre Familie ist zwar recht arm, aber von altem Adel, und so fiel es ihr nicht schwer, am französischen Hof Fuß zu fassen. Und als Charles seine in Frankreich lebende Mutter vor ihrem letzten Besuch bat, ihm einige hübsche Hofdamen mitzubringen, war auch Lady St. Clair darunter. Seitdem sehe ich sie regelmäßig, manchmal am Hof und manchmal hier, so wie eben.«
    Alan riss entgeistert die Augen auf.
    »Die Dame, mit der Ihr
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