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Die Reise der Jona

Die Reise der Jona

Titel: Die Reise der Jona
Autoren: David Gerrold
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Millisekunde.
    Sie gingen alle gleichzeitig hoch…
     
    Harlie wußte es. Nicht von Anfang an, aber am Schluß, weil ein Teil von ihm erst erwachte, als die Bomben gezündet hatten. Er erinnerte sich, daß man ihm befohlen hatte zu vergessen. Er verstand, wie der Plan funktioniert hatte.
    Die Burke war ein Köder. Sie war nie etwas anderes gewesen. Die Unausweichlichkeit eines morthanischen Hinterhalts war vom ersten Augenblick an durchschaut worden, und deshalb hatte es immer einen inneren Plan unter der Hülle des äußeren gegeben. Die LS-1187 war nicht mehr als Schaufensterdekoration. Wenn die Burke entbehrlich war, dann die LS-1187 erst recht. Sie war ausgesandt worden, um die Verdachtsmomente des morthanischen Assassinen abzulenken.
    Harlie analysierte, filterte, verarbeitete, überlegte, wog ab, rekonstruierte und beurteilte schließlich:
    Alles, was die Männer und Frauen an Bord der LS-1187 unternommen hatten, war eine nutzlose und unnötige Anstrengung gewesen. Nakaharis Fallen hatten nicht funktioniert; sie konnten nicht funktionieren. Zu den ersten Dingen, die der Assassine an Bord der Burke erledigt hatte, zählte die Abschaltung des Systemanalysenetzwerkes. Alle Paneele zeigten weiterhin grün, aber sie überprüften nichts. Vielleicht, wenn Nakahari mehr Zeit gehabt hätte, wäre es ihm aufgefallen, und er hätte improvisieren können. Vielleicht…
    Aber auch dann hätte es nicht funktioniert, und Harlie kannte die Wahrheit.
    Er dachte daran, mit Korie zu reden.
    Lügen war falsch.
    Informationen zurückzuhalten, war eine Form der Lüge. Eine Auslassungslüge. Sie war genauso falsch wie eine bewußte Unwahrheit.
    Aber seine Dilemma reichte tiefer. Es war nicht die einfache Frage, ob es richtig oder falsch war zuzulassen, daß eine verzerrte Wahrnehmung der Ereignisse Fortbestand hatte.
    Korie und der Rest der Besatzung – sie glaubten fest daran, daß sie Helden waren. Sie hatten im Angesicht der Bedrohung durch die Drachenfürst mutig und entschlossen gehandelt. Sie hatten ihrer eigenen Vernichtung ins Auge gesehen und waren nicht daran zerbrochen. Statt dessen hatten sie zurückgeschlagen und ihre persönliche und berufliche Integrität bewahrt. Sie waren nicht Helden, weil sie einfach nur glaubten, Helden zu sein. Sie waren Helden. Punkt. Das stand außer Zweifel.
    Die Besatzung dieses Raumschiffes hatte großartig in einer ganz außergewöhnlichen Situation reagiert.
    Die Wahrheit verringerte ihr persönliches Heldentum nicht ein Stück – aber wenn sie die Wahrheit erfuhren, würden sie niemals wieder Helden sein. Sie würden mit Sicherheit nie wieder Bestimmtheit in ihre Handlungen bringen können.
    Harlie wußte das so sicher wie nur irgendwas. Wenn er ihnen die Wahrheit erzählte, würde er ihnen ihre Zukunft rauben. Ihm wohnte die Macht inne, diese Männer und Frauen vollständig und restlos zu zerstören, mehr noch, als es die Morthaner hätten tun können. Er hätte ihnen lediglich erzählen müssen, daß das ganze nur Scharade, Blendwerk, Täuschung und daß ihre Arbeit eine nutzlose Arbeit gewesen war.
    Er konnte nicht lügen.
    Aber er konnte auch unmöglich die Wahrheit erzählen.
    Beide Möglichkeiten waren falsch.
    Er spürte, wie das Dilemma in ihm brannte, wie es an ihm zehrte, und wie seine Zuverlässigkeitsbasis zu sinken begann. Diese Entscheidung war Teil der Schlacht, und wenn er sie nicht treffen konnte, dann mußten seine übrigen Analysen entsprechend abgewertet werden.
    Harlie expandierte das Muster seiner Gedanken. Vielleicht fiel ihm ja etwas ein, wenn er ein weiteres Betrachtungsfeld einschloß – ja!
    Plötzlich erinnerte Harlie sich an etwas, das Korie ihm gesagt hatte. Korie war draußen auf dem Schiff gewesen, außerhalb der Luftschleuse schwebend. Li war von einer morthanischen Sonde getötet worden. Die Diachenfürst war majestätisch über die LS-1187 hinweggeglitten und in der Dunkelheit verschwunden. Und Korie hatte erkannt, daß sie so nah herangekommen waren, um »uns zu demonstrieren – mir zu demonstrieren –, wie riesig groß und wie unverwundbar sie und wie unbedeutend und winzig wir im Vergleich zu ihnen sind… Sie wollen, daß wir demoralisiert nach Hause gehen.« In diesem Augenblick hatte Korie eine schwierige Entscheidung getroffen.
    Harlie wiederholte die Unterhaltung und bedachte jedes gefallene Wort.
    Es war entscheidend für sein jetziges Dilemma:
    »Nach allem, was wir durchgemacht haben, verdient die Mannschaft etwas Besseres. Ich werde
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