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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin
Autoren: Martina Kempff
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Familie mit Begeisterung aufgenommen wäre.
    »Sie finden, dass sie Marcus ähnlich sieht, stell dir das einmal vor!«, rief die Tante. »Da sieht man, wie Liebe einen Menschen formen kann.«
    Weil es sie schmerzte, dass Marcus Mutter mehr im Recht war, als sie ahnen konnte, kehrte Mando zum Thema Politik zurück und las ihrer Tante vor, dass die besseren Häuser im neu gebauten Athen deutsch und die ärmeren italienisch aussähen.
    »Früher war das anders herum«, meinte die Tante und fragte, ob irgendetwas über Ottos neue Gemahlin Amalie von Oldenburg im Bulletin stünde.
    »Es ist ein Skandal, dass uns erst die Auslandspresse über die Vermählung unseres Königs aufgeklärt hat!«, ereiferte sie sich. »Bei so etwas will das Volk doch dabei sein! Und dass sie nicht einmal den orthodoxen Glauben annehmen! Unerhört, dass ein katholischer König Griechenland regiert!«
    »Unser Land hat die Bayern gerufen«, meinte Mando. »Und jetzt müssen wir mit ihnen leben. Übrigens haben die französischen und englischen Rothschilds Otto sechzig Millionen französische Franken in die Königswiege gelegt und weißt du, liebe Tante, was mit dem Geld geschehen ist?«
    »Schulen?«, fragte die Tante. »Häfen, Waisenhäuser?«
    Mando schüttelte den Kopf.
    »Die ausländischen Beamten und das bayrische Werbekorps werden damit bezahlt! Ob wir es wohl jemals erleben werden, dass Griechenland wirklich frei sein wird?«
    »Du hast dein Bestes dafür getan«, sagte die Tante leise.
    Es war das erste Mal seit Jahren, dass sich ihr gegenüber irgendjemand über ihre Aktion während des Krieges geäußert hatte.
    Mando ließ das Bulletin sinken.
    »Hat es dich eigentlich gestört, Tante«, fragte sie zögernd, »dass dein Sohn sich damals so um mich gekümmert hat?«
    »Aber nein!«, rief Marcus' Mutter. »Ich war froh darüber. Ich habe dich immer gemocht, Mando, und fand es schändlich, dass deine Brüder dir nicht zur Seite gestanden haben. Antonio soll das an Lambrini wieder gutmachen«, schloss sie befriedigt.
    Mando umarmte sie. Wäre doch die Tante ihre Mutter gewesen! Aber nein, dann hätte sie ja mit ihrem Bruder …
    ›Lambrini Klassenbeste‹, las sie bei einem ihrer nächsten Besuche in Kalo Livadi auf dem Zettel.
    ›Sehnsucht‹, schrieb sie als Antwort. Marcus konnte sich aussuchen, was sie damit meinte.
    ›Ich auch‹, fand sie beim nächsten Mal vor.
    Dann kam der Tag, den sie beide gefürchtet hatten. Zur gleichen Zeit, als er sein Boot auf den Strand schob, erschien Mando auf dem Hügel. Sie sahen einander sofort. Beide hielten inne. Mandos Esel schrie, das Boot rutschte ins Wasser zurück. Mando stieg von dem Tier ab und ging wie in Trance den Hügel hinunter, Marcus kam ihr genauso verzaubert entgegen. Sie waren nur etwa fünfzig Meter von einander entfernt, als beide zum gleichen Zeitpunkt stehen blieben. Sie sahen einander lange an und machten dann wie auf Kommando wieder kehrt. Marcus rannte ins Wasser, um sein Boot zu retten, und Mando lief ihrem Reittier hinterher.
    Nachdem sie es eingefangen hatte, ging sie hinunter zur Hütte, setzte sich auf die Steinbank und sah dem Boot nach, bis sie es nicht mehr erkennen konnte.
    »Es wird nie vorbei sein«, sagte sie zu Philemon und Baucis, ging in die Hütte und zerknüllte den letzten Zettel, den sie selber dort hinterlegt hatte.
    Sie schrieb einen neuen und nahm sich vor, dass es der letzte sein sollte:
    ›Bis in den Tod‹.
    Nie wieder lag ein Zettel auf dem Bett.
    In einem kurzen Brief teilte ihr Kolokotronis mit, dass er König Otto zur Grundsteinlegung der neuen Athener Universität begleitet hätte.
    »Ich habe ihm gesagt, dass ihm dieser Stein eines Tages gegen den Kopf fliegen wird«, schrieb der General, »denn wenn wir unsere jungen Leute ausbilden, werden sie eines Tages erkennen, dass die Tage der Fremdherrschaft immer noch nicht vorbei sind und sich gegen die bayrischen Bürokraten erheben. Sie wissen sicher, dass unser Freund Miaulis das Zeitliche gesegnet hat, auf Euböa, wo Sie, mein lieber Generalleutnant, so mutig gekämpft haben. Ich hoffe, dass Sie mich in guter Erinnerung behalten. Vergessen Sie bitte nie, dass Sie mir ein Geschenk gemacht haben, das meine alten Tage versüßen wird. Kein Gemälde kann so gegenwärtig sein wie dieser kostbare Augenblick auf Palamidi. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen!«
    In einer Nachschrift teilte er ihr noch mit, dass die Administration von König Otto ihr mit rückwirkender Kraft die von Graf Kapodistrias
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