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Die Räuber

Die Räuber

Titel: Die Räuber
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Geistliche, indem er die Augen gen Him-
    mel hob, „ach, es ist wohl dem so, ich kann Ihnen nicht wi-
    dersprechen.“
    Die Freunde bestanden darauf, nun ohne weiteres auf der
    Stelle abzureisen. Der Geistliche versprach für Pferde zu sor-
    gen, da alles in Verwirrung, und hielt Wort. Nach einer hal-
    ben Stunde stand der gepackte Reisewagen vor der Türe.
    Der alte Graf hatte durch den Geistlichen den Freunden
    ein herzliches Lebewohl sagen lassen, da er sich außerstande
    fühle, sie mündlich zu sprechen.
    Als indessen die Freunde im Begriff waren, in den Wagen
    zu steigen, trat der alte Graf aus der Türe. Stolz trug er sein
    Haupt erhoben, veredelt schienen die Züge seines Antlitzes,
    fester war sein Schritt. Überwunden hatte er den jähen
    Schmerz, und nun konnte das Leid neu seinen heldenmütigen
    Geist nur beleben mit neuer Kraft.
    Er umarmte die Freunde herzlich und sprach dann mit der
    ernsten Würde des in sich abgeschlossenen Mannes: „Ihre Er-
    scheinung war der letzte Lichtpunkt in meinem Leben, Ama-
    liens Flucht der erste Schlag des Wetters, das nun über mein
    Haus einbricht und es vernichtet. Im Alter, wenn das Feuer
    der Phantasie erloschen, gelten Ahnungen mehr als in der Ju-
    gend. — Haben Sie Dank für die heitern Augenblicke, die ihr
    frischer lebensmutiger Geist mir gewährte. Beten Sie, daß der
    Herr bald vollende, was er über mich beschlossen.“
    Der Graf drückte schnell eine Träne aus dem Auge, als
    er von den Freunden schied, und auch diese verließen das
    Schloß in der tiefsten Rührung.
    Mitten im nahen Walde trafen sie auf einen Trupp gräfli-
    cher Jäger, die auf einer von Baumzweigen geflochtenen Bahre
    den Grafen Franz nach dem Schlosse brachten. Ein Schuß,
    der ganz unerwartet aus dem dichten Gebüsche fiel, hatte ihn
    in die Brust getroffen; er schien rettungslos verloren. — „O
    fort — fort von diesem Schauplatz des Jammers!“
    So riefen die Freunde, und rasch ging es weiter.
    Zwei Briefe
    Mehrere Jahre waren verflossen. Hartmann, in seiner diplo-
    matischen Laufbahn vorgerückt, ging in Aufträgen seiner
    Obern nach Rom und dann nach Neapel. Von hier aus erhielt
    Willibald, der in Berlin zurückgeblieben, einen Brief folgen-
    den Inhalts:
    Hartmann an Willibald
    Neapel, den ..........
    Ich schreibe Dir, mein teuerster Willibald, in der vollsten Be-
    wegung meiner ganzen Seele! — An einen Moment in unserm
    Leben bin ich erinnert worden, der Dich so erfaßte, daß Du
    lange nicht das seltsame Gefühl von Lust und Schmerz, von
    Liebe und Verachtung verwinden konntest. — Doch ohne
    weitere Vorrede zur Sache.
    Gestern besuchte ich den reizendsten romantischsten
    Punkt dieser Gegend, nämlich das Kamaldulenser-Kloster in
    der Nähe des Posilippo.
    Der Prior war artig genug, mich an einen Mönch zu weisen,
    der ein Deutscher war, und den er vom Gelübde des Schwei-
    gens dispensierte.
    Je länger der Mönch mit mir sprach, desto bekannter
    wurde mir der Ton seiner Stimme, und auch in den Zügen
    seines würdigen Antlitzes lag etwas Bekanntes, schon Gese-
    henes, das nur der lange weiße Bart zweifelhaft zu machen
    schien. Der Mönch betrachtete mich mit einer forschenden
    Aufmerksamkeit, die offenbar zeigte, daß auch ich ihm be-
    kannt vorkam.
    Endlich erwähnte ich, als der Mönch mich fragte, ob ich
    zum ersten Male in Italien sei, unserer Reise von Berlin über
    Prag und Wien nach Mailand. — „So,“ rief der Mönch, „so
    täuscht mich doch wohl nicht die Erinnerung, die mir gleich
    zu Sinn kommen wollte, als ich Sie nur erblickte. — Wir sa-
    hen uns schon in Böhmen auf dem Schlosse des Grafen Maxi-
    milian von C.“ —
    Der Mönch war kein anderer als jener würdige Geistliche,
    der Schloßkapellan des Grafen von C., und Du kannst denken,
    wie mir mit einem Zauberschlage das helle lebendige Bild je-
    ner verhängnisvollen Momente auf dem Schlosse vor Augen
    trat. Eifrig bat ich den Mönch mir zu sagen, wie sich ferner-
    hin alles begeben, und meinte, daß, führe mich meine Rück-
    reise durch Böhmen, ich gewiß die Gastfreundschaft des alten
    Grafen, sei er noch am Leben, zum zweitenmal in Anspruch
    nehmen werde. — „Ach,“ sprach der Mönch, indem er den
    tränenschweren Blick zum Himmel richtete, „ach! — alles ist
    dahin! — verschwunden alle Pracht und Herrlichkeit! — Das
    Geflügel der Nacht nistet in den Ruinen, wo sonst Freiheit
    thronte und Gastfreundschaft in schimmernden Prunkgemä-
    chern!“ —
    Geahnt haben wir wohl beide
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