Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Raeuber

Die Raeuber

Titel: Die Raeuber
Autoren: Friedrich Schiller
Vom Netzwerk:
siebzehnhundert, und du an der Spitze, und Metzger und Schneider und Krämer hinterher, und Wirt und Barbierer und alle Zünfte, und fluchen, Sturm zu laufen wider die Stadt, wenn man den Purschen ein Haar krümmen wollte. Da ging’s aus wie ’s Schießen zu Hornberg, und mussten abziehen mit langer Nase. Du lässest Doktores kommen ein ganzes Konzilium und botst drei Dukaten, wer dem Hund ein Rezept schreiben würde. Wir sorgten, die Herren werden zu viel Ehr im Leib haben und nein sagen, und hatten’s schon verabredt, sie zu forcieren. Aber das war unnötig; die Herren schlugen sich um die drei Dukaten, und kam’s im Abstreich herab auf drei Batzen, in einer Stund sind zwölf Rezepte geschrieben, dass das Tier auch bald drauf verreckte.
    MOOR
    Schändliche Kerls!
    SPIEGELBERG
    Der Leichenpomp wird veranstaltet in aller Pracht, Carmina gab’s die schwere Meng um den Hund, und zogen wir aus des Nachts gegen tausend, eine Laterne in der einen Hand, unsre Raufdegen in der andern, und so fort durch die Stadt mit Glockenspiel und Geklimper, bis der Hund beigesetzt war. Drauf gab’s ein Fressen, das währt bis an den lichten Morgen, da bedanktest du dich bei den Herren für das herzliche Beileid und ließest das Fleisch verkaufen ums halbe Geld. Mort de ma vie, da hatten wir dir Respekt wie eine Garnison in einer eroberten Festung –
    MOOR
    Und du schämst dich nicht, damit groß zu prahlen? Hast nicht einmal so viel Scham, dich dieser Streiche zu schämen?
    SPIEGELBERG
    Geh, geh! Du bist nicht mehr Moor. Weißt du noch, wie tausendmal du, die Flasche in der Hand, den alten Filzen hast aufgezogen und gesagt: Er soll nur drauflos schaben und scharren, du wollest dir dafür die Gurgel absaufen. – Weißt du noch? he? weißt du noch? O du heilloser, erbärmlicher Prahlhans! Das war noch männlich gesprochen und edelmännisch, aber –
    MOOR
    Verflucht seist du, dass du mich dran erinnerst! Verflucht ich, dass ich es sagte! Aber es war nur im Dampfe des Weins, und mein Herz hörte nicht, was meine Zunge prahlte.
    SPIEGELBERG
    (schüttelt den Kopf) Nein! nein! nein! das kann nicht sein. Unmöglich, Bruder, das kann dein Ernst nicht sein. Sag, Brüderchen, ist es nicht die Not, die dich so stimmt? Komm, lass dir ein Stückchen aus meinen Bubenjahren erzählen. Da hatt ich neben meinem Haus einen Graben, der, wie wenig, seine acht Schuh breit war, wo wir Buben uns in die Wette bemühten hinüberzuspringen. Aber das war umsonst. Pflumpf! lagst du, und ward ein Gezisch und Gelächter über dir, und wurdest mit Schneeballen geschmissen über und über. Neben meinem Haus lag eines Jägers Hund an einer Kette, eine so bissige Bestie, die dir die Mädels wie der Blitz am Rockzipfel hatte, wenn sie sich’s versahn und zu nah dran vorbeistrichen. Das war nun mein Seelengaudium, den Hund überall zu necken, wo ich nur konnte, und wollt halb krepieren vor Lachen, wenn mich dann das Luder so giftig anstierte und so gern auf mich losgerannt wär, wenn’s nur gekonnt hätte. – Was geschieht? Ein andermal mach ich’s ihm auch wieder so und werf ihn mit einem Stein so derb an die Ripp, dass er vor Wut von der Kette reißt und auf mich dar, und ich wie alle Donnerwetter Reißaus und davon – Tausend Schwerenot! Da ist dir just der vermaledeite Graben dazwischen. Was zu tun? Der Hund ist mir hart an den Fersen und wütig, also kurz resolviert – ein Anlauf genommen – drüben bin ich. Dem Sprung hatt ich Leib und Leben zu danken; die Bestie hätte mich zuschanden gerissen.
    MOOR
    Aber wozu itzt das?
    SPIEGELBERG
    Dazu – dass du sehen sollst, wie die Kräfte wachsen in der Not. Darum lass ich mir’s auch nicht bange sein, wenn’s aufs Äußerste kommt. Der Mut wächst mit der Gefahr; die Kraft erhebt sich im Drang. Das Schicksal muss einen großen Mann aus mir haben wollen, weil’s mir so quer durch den Weg streicht.
    MOOR
    (ärgerlich) Ich wüsste nicht, wozu wir den Mut noch haben sollten und noch nicht gehabt hätten.
    SPIEGELBERG
    So? – Und du willst also deine Gaben in dir verwittern lassen? Dein Pfund vergraben? Meinst du, deine Stinkereien in Leipzig machen die Grenzen des menschlichen Witzes aus? Da lass uns erst in die große Welt kommen. Paris und London! – wo man Ohrfeigen einhandelt, wenn man einen mit dem Namen eines ehrlichen Mannes grüßt. Da ist es auch ein Seelenjubilo, wenn man das Handwerk ins Große praktiziert. – Du wirst gaffen! Du wirst Augen machen! Wart, und wie man Handschriften
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher