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Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks
Autoren: Gert Prokop
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ineinanderrasten, von Flugzeugen, die bei Notlandungen zerschellten…
    Eines Tages fiel mitten in einem Rundfunkvortrag über die rätselhafte Verdichtung der Atmosphäre und eine rapide wachsende Ozon-Schicht in der Strato-sphäre der Strom aus.
    Emma wartete im Dämmerschein einer Kerze auf die Männchen; sie kamen erst nach Mitternacht, kurz nachdem das Licht wieder angegangen war. Sie rief 35
    Phti herbei.
    »Was ist los?« erkundigte sie sich. »Ich habe heute sehr lange auf euch warten müssen; dabei mußte ich im Dunkeln sitzen.«
    »Tut mir leid«, antwortete Phti, »das war nicht vorgese…« Er schwieg erschrocken.
    »Wart ihr das?« fragte Emma.
    »Natürlich nicht«, versicherte Phti, doch er wich ihrem Blick aus und verabschiedete sich schnell.
    In Emma wuchs ein schrecklicher Verdacht. Phti hatte nie verraten wollen, was sie da draußen taten.
    Material sammeln, wie es eine Expedition auf einem fremden Himmelskörper doch wohl tun müßte? Sie kamen immer mit leeren Händen zurück. Vielleicht sammelten sie nur Informationen? Warum aber taten sie so geheimnisvoll? Warum suchten sie nicht offiziellen Kontakt zu den Menschen? Emma konnte nicht einschlafen. Wenn ihre Gäste für all diese Katastrophen verantwortlich waren, war dann nicht sie ebenso dafür verantwortlich?
    Emma sammelte sämtliche Katastrophenmeldun-
    gen, sie frischte sogar ihre französischen und engli-schen Schulkenntnisse auf, um auch ausländische Sender verfolgen zu können, und sie bedauerte sehr, daß sie nie Russisch gelernt hatte. Was ihr wichtig erschien, verzeichnete sie auf Karteikarten, ordnete die nach Ereignisgruppen und Regionen, und sie war mißtrauisch genug, die schnell wachsende Kartothek 36
    im Schlafzimmer aufzubewahren: im Kleiderschrank, der noch aus massivem Eichenholz gebaut war. Als sie die Tabelle für die Umrechnung der Ortszeiten aus dem Lexikon zur Hilfe nahm, verstärkte sich ihr Verdacht.
    Konnte es Zufall sein, daß nahezu alle Katastrophen gerade in die Zeit fielen, da die blauen Männchen ausgeschwärmt waren? Andererseits, dachte Emma, sollte es nur meine paar Männchen geben?
    Können diese Knirpse so schnell so große Entfer-nungen zurücklegen? Als sie Phti fragte, lächelte er nur.
    Emma kramte das Bild der Mittelstürmerin heraus.
    Ihre Adresse konnte sie nicht erfahren, wohl aber, daß sie bei UNION spielte.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben ging Emma auf
    einen Fußballplatz, und sie entschied, daß sie bisher nichts versäumt hatte; das Publikum schien ihr ab-stoßend roh und rüpelhaft und die Spielweise der Ak-teurinnen mindestens so hart und hinterhältig, wie sie es aus Fernsehübertragungen von den männlichen Spielern kannte. In der Pause suchte sie die UNION-Kabine auf. Die Mittelstürmerin erkannte Emma sofort. Sie sei in der Studentenvermittlung registriert, erklärte sie, eines Tages habe man sie gefragt, ob sie einen Gelegenheitsjob für ein paar Nachmittage übernehmen könne.
    »Da die Arbeit leicht und die Bezahlung anständig 37
    war, habe ich angenommen.«
    »Haben Sie den Meister, der die Geräte reparierte, gesehen?« fragte Emma.
    »Nein, ich sollte nur die Apparate annehmen und wieder ausgeben.«
    »Wer hat Sie bezahlt?«
    »Das Geld wurde im voraus überwiesen. Wieso, ist Ihr Radio nicht in Ordnung?«
    »Doch, doch«, sagte Emma. »Eine Frage noch:
    Wie viele Geräte wurden Ihnen gebracht?«
    »Nur Ihres. Deshalb habe ich mich ja an Sie erinnert.«
    Am Ende, dachte Emma, als sie nach Hause fuhr, sind meine blauen Männchen doch die einzigen?
    Und ich der einzige Mensch, der von ihnen weiß?
    Am Abend verwickelte sie Phti in einen umständlichen Bericht über die Eßgewohnheiten in ihrer Ju-gendzeit und mischte unversehens ein paar Brocken Englisch und Französisch unter. Phti bat sie, es ihm doch »richtig« zu sagen.
    Emma entschuldigte sich. »Ich bin eine alte Frau und bringe schon manches durcheinander. Du verstehst wohl keine fremden Sprachen?«
    »Deine Sprache ist sehr fremd für mich!« Phti seufzte. »Ich habe lange gebraucht, sie zu lernen; deshalb übrigens wurde ich in diese Expedition aufgenommen.«
    »Wo hast du es gelernt?« fragte Emma.
    38
    »Bei uns zu Hause, von einem Teilnehmer der ersten Expedition.«
    »Von damals, im Mittelalter? Lebt ihr so lange?«
    »Das verstehst du nicht«, sagte Phti, »das hängt mit der Zeitdehnung zusammen.«
    »Ich weiß wohl, was Zeitdilatation ist«, erwiderte Emma stolz, »ich verstehe nur nicht, wieso du so gut Deutsch
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