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Die neue Weltliteratur und ihre großen Erzähler

Die neue Weltliteratur und ihre großen Erzähler

Titel: Die neue Weltliteratur und ihre großen Erzähler
Autoren: Sigrid Löffler
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Weltgegenden, die neuerdings die postkoloniale Literatur ins wahrhaft Globale erweitern – jüdische Autoren, die aus der Sowjetunion emigrierten und in Ankunftsstädten wie New York oder Toronto Fuß fassten; Flüchtlinge, die vor den Bürgerkriegen im Libanon und in Jugoslawien Asyl in Amerika oder in Deutschland suchten. Dass eine solche Auswahl immer auch von Subjektivität geprägt ist, liegt auf der Hand. Ein Gesamtüberblick ist weder angestrebt noch möglich. Jedem informierten Leser dürfte es ein Leichtes sein, Autoren und Werke zu monieren, die ihm fehlen und die er vermisst.
    Indem dieses Buch Weltregionen in den Blick nimmt, die bisher auf der literarischen Landkarte kaum oder gar nicht verzeichnet waren, lädt es zu Entdeckungsreisen ein. Kartografiert werden Literaturlandschaften, doch so, dass sie in Literaturerzählungen überführt werden. Literaturgeschichte wird in Form von Literaturgeschichten dargestellt, wobei der kulturelle Resonanzraum immer mit anklingt. Der Kontext zu den Texten wird angesprochen. Und die Politik liefert die Hintergrundgeräusche.
    Gezeigt werden soll, auf welche Weise diese Weltgegenden in ihrer konfliktreichen Gegenwart und ihrer schwierigen postkolonialen Geschichte in der Literatur reflektiert werden – von Autoren, die kraft Herkunft über die Innenperspektive und kraft biographischer Mobilität auch über den Blick von außen verfügen. Immer geht es um die Intensität der ästhetischen Energie von Literatur – und nicht darum, einzigartige und vieldeutige literarische Kunstwerke auf ihre historischpolitischen Quellen oder auf soziologische Fakten zu reduzieren.
    Im Aufbau folgt das Buch den eingangs skizzierten zeithistorischen Entwicklungen, beginnend mit Autoren, die von den diversen Einwanderungswellen im Nachkriegsengland erzählen. Im Afrika-Kapitel wird vornehmlich am Beispiel von Autoren aus Nigeria gezeigt, wie rasant, widersprüchlich und ungleichzeitig enorme Entwicklungssprünge binnen weniger Generationen vonstattengehen. Während die einen Autoren die unterdrückte Kolonialgeschichte rekonstruieren, sich am Trauma des Biafra-Kriegs und den Geburtsfehlern des Staates abarbeiten und während andere Erzähler der Identitätsproblematik von Migranten im Westen nachgehen, leben wieder andere Autoren bereits den Luxus-Kosmopolitismus privilegierter «Afropoliten» aus und demonstrieren einen ostentativ untragischen, elitären Universalismus, der alle Quellen einer glamourösen Patchwork-Identität in vollen Zügen ausschöpft.
    Der zweite Hauptteil stellt in Einzelporträts und regionalen Längsschnitten Literaturen vor, die in den Ruinen des British Empire entstanden sind und von diesen – zumeist traumatischen – kolonialen Hinterlassenschaften künden. Als westliche Ankunftsstädte von Flüchtlingen und Immigranten wurden Toronto und New York ausgewählt,die sich – als Realität und Metapher – als besonders literaturträchtig erwiesen. Und die Maximum-City Bombay/Mumbai mit ihrer Fülle an Großstadtromanen steht exemplarisch für die Doppelgesichtigkeit der neuen Multi-Millionen-Städte mit ihren monströsen Gegenwartsproblemen und ihrem gewaltigen Zukunftspotenzial. Den Abschluss bilden mannigfache Zerfallsgeschichten aus den Bürgerkriegsländern Libanon und Jugoslawien.
    Gesellschaftliche Grundstimmungen sind variabel und stellen sich in verschiedenen Weltregionen unterschiedlich dar. In den rund sechs Jahrzehnten, die dieses Buch überblickt, haben sich die Zeitstimmungen und Gefühlslagen in Bezug auf die weltweiten Migrationen mehrfach geändert, insbesondere nach den New Yorker Anschlägen vom 11. September 2001. Dieser Wandel spiegelt sich auch in der Migrationsliteratur und wird in diesem Buch nachgezeichnet – im vollen Bewusstsein seiner Unabschließbarkeit.
    Erwähnte Bücher
    Kwame Anthony Appiah «Der Kosmopolit. Philosophie des Weltbürgertums» (C.H.Beck 2007)
    Homi K. Bhabha «Die Verortung der Kultur», Aufsätze (Stauffenburg 2000)
    Patrick Chamoiseau (mit Jean Bernabé und Raphaël Confiant) «Éloge de la créolité» (Gallimard 1989)
    David Damrosch «What Is World Literature?» (Princeton University Press 2003)
    Ã‰douard Glissant «Zersplitterte Welten. Der Diskurs der Antillen», Essay (Wunderhorn 1986)
    Pankaj Mishra «Aus den Ruinen des
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