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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte
Autoren: Andrew Harman
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Zauberer beinahe wie durch ein Wunder wieder zu Kräften gekommen war, dann war er doch recht stolz auf den Beitrag, den er dazu geleistet hatte.
    Merlot hielt sich angewidert die Nase zu, schluckte die gehaltvolle Thaumarbrühe hinunter und hustete gereizt.
    »So ist’s schon besser!«
    »Ein bißchen mehr Knoblauch hätte nicht geschadet«, murrte der Zauberer. »Und Honig. An jede Medizin gehört Honig.« Und dann warf er mit einer schwungvollen Handbewegung eine Karte vor das funkelnagelneue Runibike und trudelte los – mit Kurs auf die Höhlen von Losa Llamas.
    »Nein, nein, nein!« schrie er plötzlich und warf seinen Zauberstab auf den Holzboden. »Also bitte! Das geht doch wirklich auch anders!« brüllte er die versammelten Thaumaturgischen Physiker an. »Auf, ab, auf, ab! Laßt gefälligst euren Thaumizeps spielen! Nicht so lahm, Praxx! Du machst mir dafür fünfzehn Aufschwünge zusätzlich! Meine Götter, man könnte fast glauben, ihr hättet noch nie levitieren müssen! Magie ist schließlich kein Faschingsscherz! Einmal Magier, immer Magier!«
    Hogshead sah Arbutus an und grinste. Nicht mehr lange, und Merlot wäre wieder im Vollbesitz seiner einzigartigen Kräfte; die beiden waren sich da ganz sicher.

[4] Das Leben in einer Gesellschaft, die unablässig angestrengt in die unergründlichen Tiefen des Bevorstehenden schaute, führte unter anderem zu dem Problem, daß im Lauf der Zeit der Vergangenheit immer weniger Bedeutung beigemessen wurde. Was wiederum dazu führte, daß die Gewohnheit, sich an Ereignisse und Gegebenheiten zu erinnern, die nicht in der Zukunft lagen, in einigen Fällen völlig aufgegeben wurde. Kurz gesagt: Beinahe die meisten Axolotianer verfügten über ein Erinnerungsvermögen, das dem eines handelsüblichen Haushaltssiebs entsprach.
    So war es zum Beispiel nicht ungewöhnlich, daß eine axolotianische Hausfrau, nachdem sie den Tag mit Einkaufen auf dem Markt verbracht hatte, ziellos in ihrer Küche herumwanderte und absolut nicht in der Lage war, die entsprechenden Gerätschaften aufzufinden, die sie für die Zubereitung des Abendessens gebraucht hätte – sie war felsenfest davon überzeugt, daß sie zum ersten Mal im Leben in dieser Küche stand.
    Was fast immer auch daran lag, daß sie die Route ihres Nachhausewegs vergessen hatte und in der falschen Hütte gelandet war.

[8] Manche von diesen Kreaturen waren Geschöpfe der Natur und hatten schon vor Urzeiten in diesem Wald gelebt: der grauenhafte Flußnydd etwa, der vier Zahnreihen besaß, dreißig Fuß lang und mit olivgrünen Schuppen gepanzert war, und geräuschlos und unauffällig flußaufwärts schwimmen konnte. Es gab daneben aber noch andere Waldbewohner, Lebewesen, die erwiesenermaßen nicht Produkte der natürlichen Evolution der Arten waren.
    Das Thema Sicherheit war für Losa Llamas von Anfang an von entscheidender Bedeutung gewesen. Und so hatte man schon sehr bald nach Gründung des Zentrums eine eigene Thaumarforschungsstelle eingerichtet, die sich ausschließlich mit dem Aufgabenbereich Verteidigung befaßte. Nach einigen Jahren war es dieser Abteilung gelungen, die Artenvielfalt der Wälder von Losa Llamas um eine ganze Anzahl gelungener Kreationen zu bereichern: Das Säurespritzende Springkraut zählte dazu, fünf verschiedene Sorten einer temperatursensitiven Schlingrosenart, der Onomatopode und das Verbl.
    Bei den beiden letztgenannten Kreaturen handelte es sich um Entwicklungen einer Unterabteilung der Linguistischen Hochenergieforschung.
    Der Onomatopode maß zehn Fuß von Kopf bis Schwanz, war mit einem Ektoskelett gepanzert und mit einer unerhört komplex gestalteten Garnitur blitzender Mandibeln ausstaffiert. Er glich in gewisser Weise jenem sprichwörtlichen Hund, der bellte, statt zu beißen. Wobei allerdings sein ›Gebell‹ um vieles schlimmer war als jeder Biß: Geschaffen, um selbst den unversöhnlichsten Gegner in Angst und Schrecken zu versetzen, war dieses Tier in der Lage, wie auf Knopfdruck loszuheulen, zu kreischen, zu brüllen und eine Unmenge anderer grauenerregender Laute auszustoßen. Nur leider vermochte diese Kreatur gegen einen mit Ohropax gewappneten Feind nichts auszurichten.
    Im Vergleich zum Onomatopoden agierte das Verbl außerordentlich interaktiv. Dieses Geschöpf, ein unscheinbares Beuteltier, war mit der Fähigkeit ausgestattet, zur Wurzel eines Substantivs vorzudringen und diese so zu bearbeiten, daß sich das Substantiv wie ein Verb verhielt: Morgensterne etwa, jene
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