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Die Mitternachtsrose

Die Mitternachtsrose

Titel: Die Mitternachtsrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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sie ihn vor ihrer Rückkehr nach Indien dort zurücklassen müssen. Offenbar weigerte Anahita sich zu glauben, dass er tot war.
    » Ich dachte… «
    » Bestimmt hat man dir von seiner Sterbeurkunde erzählt. Und dass ich in meiner Trauer den Tod meines geliebten Sohnes nicht akzeptieren kann. «
    Ari rutschte auf seinem Stuhl herum. » Ja, ich kenne die Geschichte « , gab er zu.
    » Ich weiß, was meine Familie denkt, und kann mir vorstellen, was du davon hältst. Doch glaube mir: Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als ein von Menschen verfasstes Dokument erklären kann. Was Herz und Seele einer Mutter sagen, darf man nicht ignorieren. Und ich versichere dir, dass mein Sohn nicht tot ist. «
    » Nani, ich glaube dir. «
    Anahita zuckte mit den Achseln. » Mir ist klar, dass du das nicht tust, aber das macht mir nichts aus. Zum Teil ist es meine Schuld, dass meine Familie mir nicht glaubt. Ich habe ihr nie erklärt, was damals passiert ist. «
    » Warum nicht? «
    » Weil… « Anahita schüttelte, den Blick auf ihre geliebten Berge gerichtet, kaum wahrnehmbar den Kopf. » Es wäre nicht richtig, dir das jetzt darzulegen, denn es steht alles da drin. « Sie deutete auf das Papier in Aris Händen. » Wenn der richtige Moment gekommen ist– und du wirst ihn erkennen–, liest du meine Geschichte vielleicht und entscheidest selbst, ob du Nachforschungen anstellst. «
    » Verstehe « , sagte Ari, doch das tat er nicht.
    » Ich bitte dich nur, bis zu meinem Tod niemandem in unserer Familie etwas über den Inhalt dieser Aufzeichnungen zu verraten. Ich vertraue dir mein Leben an, Ari. Wie du weißt… « , Anahita schwieg kurz, » …geht meine Zeit auf Erden allmählich zu Ende. «
    Ari sah sie fragend an. » Du möchtest, dass ich die Geschichte lese und dann Nachforschungen über den Verbleib deines Sohnes anstelle? « , vergewisserte er sich.
    » Ja. «
    » Aber wo soll ich anfangen? «
    » Natürlich in England. « Anahita wandte sich wieder zu ihm. » Du folgst meinen Spuren. Was du dazu wissen musst, hältst du in Händen. Dein Vater sagt, du leitest eine Computerfirma. Du kannst sicher mit dem Netz umgehen. «
    » Du meinst das Internet? « , fragte Ari schmunzelnd.
    » Ja. Du brauchst wahrscheinlich nur ein paar Sekunden, um den Ort zu finden, an dem alles begann. «
    Ari folgte dem Blick seiner Urgroßmutter zu den Bergen. » Schönes Panorama « , bemerkte er.
    » Ja, deswegen bleibe ich hier oben, auch wenn es meiner Tochter nicht recht ist. Eines nicht allzu fernen Tages werde ich mit Freuden noch weiter hinaufreisen, höher als diese Gipfel, und viele Menschen wiedersehen, um die ich im Leben getrauert habe. Doch so, wie die Dinge stehen « , sie wandte sich wieder ihrem Urenkel zu, » nicht den, den ich am liebsten treffen würde. «
    » Woher weißt du, dass er noch lebt? «
    Anahita schloss müde die Augen. » Das steht alles in meiner Geschichte. «
    » Gut. Ich lasse dich jetzt wieder allein, Nani. «
    Anahita nickte. Ari erhob sich mit einem pranaam und küsste seine Urgroßmutter auf beide Wangen.
    » AufWiedersehen. Bis bald. «
    » Vielleicht « , erwiderte sie.
    An der Tür wandte Ari sich noch einmal zu ihr um. » Nani, warum ich? Warum gibst du die Geschichte nicht deinerTochter oder meinem Vater? «
    Anahita sah ihn an. » Weil sie nicht nur deine Vergangenheit, sondern auch deine Zukunft ist, Ari. «
    Als Ari den Raum verließ und zur Garderobe an der Haustür ging, wo seine Aktentasche stand, fühlte er sich ausgelaugt. Nachdem er die vergilbten Blätter darin verstaut hatte, betrat er das Wohnzimmer, wo seine Großmutter Muna auf ihn zukam.
    » Warum wollte sie dich sehen? « , fragte sie ihn.
    » Sie glaubt nicht, dass ihr Sohn tot ist, und möchte, dass ich in England Nachforschungen anstelle. «
    » Oje! « Muna verdrehte die Augen. » Ich kann dir die Sterbeurkunde zeigen. Ihr Sohn ist mit knapp drei Jahren gestorben. Bitte, Ari. « Muna legte eine Hand auf die Schulter ihres Enkels. » Achte gar nicht auf sie. Sie redet seit Jahren davon. Das ist das Hirngespinst einer alten Frau und nicht wert, dass du deine wertvolle Zeit damit vergeudest, glaube mir. Komm « , fügte sie mit einem Lächeln hinzu, » und trink ein letztes Glas Champagner mit deiner Familie. «
    Während des Flugs von Bagdogra zurück nach Mumbai versuchte Ari, sich auf die Zahlen vor ihm zu konzentrieren, doch er musste immer wieder an Anahita denken. Bestimmt hatte seine Großmutter mit ihrer Behauptung

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