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Die metallenen Herscher

Die metallenen Herscher

Titel: Die metallenen Herscher
Autoren: Hans Kneifel
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er, »aber es gibt immer noch einen Weg.«
    Saey legte ihre Hand gegen seine Wange und antwortete leise:
    »Genau diese Einsicht wollte ich in den vergangenen sieben Tagen in dich hineinhämmern.«
    Shenandoah spürte, wie ein Teil der düsteren Beklemmung von ihm wich.
    »Was bedeutet dieses Echo«, fragte Saey und deutete auf den Schirm. Vor einer stumpfen schwarzen Fläche, der Projektion des interstellaren Gases von sechzehnfacher Dichte des Normalwertes, blinkte das Ortungsecho. Es schien einer größeren Jacht zu entsprechen.
    »Ein Schiff, das Notimpulse abgibt.«
    »Ein Havarist?«
    »Das ist gut möglich«, gab der ehemalige Kapitän zurück.
    »Was willst du tun?« fragte das Mädchen und betätigte einen Schalter. Die Lehne des Kontursitzes richtete sich in einem Winkel von neunzig Grad auf.
    »Auf alle Fälle näher herangehen«, sagte Shenandoah.
    Einige Minuten vergingen. Die Schiffe schwebten in der diffusen Helligkeit eines Universums, dessen einziges Licht von einer Sonne kam. Der Begriff »Sterne« war bekannt, aber keiner der Raumfahrer, die seit zweitausend Jahren zwischen den neunzehn Welten geflogen waren, hatte je einen Stern gesehen. Die Dunkelwolke verhinderte den Ausblick, und ihre Ausdehnung von neun Parsek war zu groß, als daß sich ein Schiff mit dem einfachen Lichtantrieb hindurchgewagt hätte.
    »Eine Jacht in Raumnot.«
    Es war ein Schiff in der Farbe der Privilegierten des Systems, also weiß mit einem orangefarbenen Seitenstreifen. Es driftete träge am Rand einer wenig benutzten Route zwischen Dyrkan und Escader. Die Strahlen der Sonne, die mehr als 203 544 000 Kilometer entfernt war, leuchteten das Boot aus. Shenandoah vergrößerte einen Bildausschnitt des Sichtschirms und las: 10100 00100 Lamie, Beta Escader.
    »Eine Jacht, die den zweiten Mond unseres Planeten als Heimathafen ausweist«, brummte Shenandoah und kippte einen Schalter ... die Lautsprecher begannen leise zu rauschen. Das Kugelmikrophon fuhr aus dem Armaturenbrett.
    »Hier Empuse – Avedon Escader! « sagte er scharf.
    Ein erleichterter Seufzer war zu hören.
    »Ich sehe Ihr Schiff«, sagte eine Männerstimme. »Haben Sie meine Notsignale empfangen?«
    »Nein«, gab Crooks zurück. »Wir wohnen hier.«
    Ein amüsiertes Lachen war zu hören.
    »Hier Lamie, Beta Escader. Ich bin bewegungsunfähig.«
    Crooks Jacht trieb immer näher. Jetzt erkannte er die ausgeglühten Träger um den Maschinenraum und die aufgerissenen Bleche der Außenhülle. Der Lichtantrieb war ausgefallen.
    »Das sehe ich. Havarie?« fragte Shenandoah.
    »Nein. Totalschaden im Maschinenraum. Können Sie mich abschleppen?«
    Ein tollkühner Gedanke durchzuckte Shenandoahs Überlegungen. Er wartete drei Sekunden, dann lachte er hart und sarkastisch.
    »Hören Sie zu: Ich bin Crooks Shenandoah, vor Tagen aus der Handelsflotte gefeuert worden. Wenn Sie sich von mir helfen lassen, riskieren Sie eine Rüge des Komputers. Ich bin ein Geächteter.«
    Die Stimme des unsichtbaren Gesprächspartners klang wie die eines alten Mannes.
    »Notwendigerweise führt der Weg ins Licht durch Dunkelheiten, Shenandoah. Sagt Ihnen der Name ›van Gossen‹ etwas?«
    Crooks riß den Kopf hoch, betätigte die Bugdüsen und schwieg verblüfft.
    »Der Historiker van Gossen! Wollen Sie mich offiziell darum bitten, Sie aus Raumnot zu retten?«
    Der Historiker schien das Zusammentreffen mit einem Ausgestoßenen für einen vorzüglichen Scherz zu halten. Er lachte wieder.
    »Ich bitte Sie darum, Exkapitän. Führen Sie die notwendigen Außenarbeiten durch? Ich bin ein Greis und nicht mehr dazu in der Lage.«
    »In Ordnung, van Gossen«, erwiderte Shenandoah. »Wir verwenden, solange ich außerhalb des Schiffes bin, die Welle zweihundertdreizehn Ångström.«
    »Einverstanden. Ich schalte um.«
    Saey und Crooks wechselten schweigend einen überraschten Blick. Daß der Historiker Shenandoah als Exkapitän bezeichnete, war ungewöhnlich. Es konnte sein, daß die Revolutionäre in den letzten Monaten wichtige Fakten übersehen hatten.
    »Ich steuere beide Schiffe nebeneinander«, sagte Crooks ins Mikrophon.
    »Verstanden. Schlepptrossen?«
    »Ja.«
    Shenandoah schaltete das Funkgerät auf den anderen Kanal und sagte zu Saey:
    »Du brauchst nur die Schleusen zu betätigen. Und zu handeln, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert.«
    »Ich verstehe, Exkapitän!« sagte das Mädchen und lächelte ihn an.
    Er brachte mit vorsichtigen, genau abgeschätzten Stößen aus den
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