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DIE MEROWINGER: Familiengruft

DIE MEROWINGER: Familiengruft

Titel: DIE MEROWINGER: Familiengruft
Autoren: Robert Gordian
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dich gleichzeitig mehreren Prüfungen. Du wirst sie bestehen, mit seiner Hilfe.«
    »Hast du etwas erfahren?«, drängte Syagrius. »Sitzen sie immer noch in der Beratung?«
    »Ja, und sie finden kein Ende. Aber soviel ich hörte, scheint es weniger schlecht zu stehen, als zu befürchten war. Diese Abtrünnigen des wahren Glaubens haben offenbar noch einen Funken Ehrgefühl im Leibe. Jedenfalls will sich die Mehrheit im Rat der heidnischen Forderung nicht beugen. Wenn Chlodwig Krieg will, soll er ihn haben.«
    »Der heidnischen Forderung, sagst du? Welcher?«
    »Du fragst noch?« Chundo deutete mit dem Kopf nach dem Zelteingang. »Da hast du die Antwort. Aber bleib standhaft, verzage nicht. Denke immer daran, dass du den wahren Glauben hast und unter Gottes Schutz stehst.«
    Syagrius fand das nicht sehr trostreich. Er wollte etwas erwidern, doch die Stimme versagte ihm. Die kugelig vorgewölbten Augen folgten den Bewegungen des Diakons, der einen Hocker an das Ruhebett rückte und sich umständlich darauf niederließ. Den langen, schmalen Rücken gebeugt, die Hände auf die knochigen Knie gestützt, seufzte Chundo und fuhr fort: »Jetzt hilft nur beten, Patricius. Der Herr mache, dass es tatsächlich zum Krieg kommt.«
    Syagrius war noch immer stumm. Er wäre jetzt lieber allein, aber er hatte nicht die Kraft, Chundo zum Gehen aufzufordern. Er durfte den Letzten, der ihm geblieben war, nicht von seiner Seite lassen.
    Vor zwei Jahren, nach der Flucht aus Paris, war der frühere Vertraute des Bischofs Remigius zu ihm gestoßen.
    Chundo hatte sich gleich nach der Einnahme von Soissons durch die Franken in das römisch gebliebene Restgebiet der ehemaligen gallischen Provinzen abgesetzt. Notdürftig genesen von den fränkischen Späßen vor der Waldburg bei Tournai (das starke Hinken war die Folge der Brandverletzungen an den Beinen), die Barbaren aus tiefster Seele verabscheuend, beschloss er, alles zu tun, was in seinen Kräften stand, um ihren weiteren Vormarsch zu verhindern. Mit einer Gruppe gleichgesinnter Kleriker und nicht unbeträchtlichen Schätzen aus dem Besitz verschiedener Kirchen ging er über die Seine. Bei Priestern und Bischöfen kamen sie unter, auch mal bei frommen, vor den Franken zitternden Gutsherren oder in einer der wenigen, in jener Zeit kaum gefestigten Klostergemeinschaften.
    So wie die Franken in den folgenden Jahren nach Süden und Westen vordrangen, zog auch Chundo sich mit seinem Haufen zurück, zuletzt nach Le Mans. Als dann Paris nach zweijähriger Belagerung fiel und der Patricius mit knapper Not nach Orléans entkam, reiste er unverzüglich zu ihm und stellte sich ihm zur Verfügung. Er machte dann auch die letzte Flucht nach Angers mit, wo Syagrius – vor knapp einem Jahr – den endgültigen Entschluss fasste, sich ins westgotische Asyl zu begeben. Chundo riet ihm entschieden ab. Nur mit Grausen lieferte er sich selbst den Häretikern aus, doch er blieb bei ihm.
    Der hagere Diakon war mittlerweile zum Vertrauten des Patricius aufgerückt, und er war nunmehr sogar der einzige. Der alte Leunardus war in Angers gestorben, der ehemalige Legat Structus schon vorher bei einem überstürzten Ausfall gegen die fränkischen Belagerer vor Orléans gefallen.
    Mit seinem einzigen Verwandten, dem Pariser Präfekten Gaius Larcius, hatte sich Syagrius hoffnungslos überworfen, und er konnte von Glück sagen, dass ihn Larcius noch bei Nacht und Nebel entkommen ließ, bevor er die brot- und wasserlose, nicht mehr verteidigungsfähige Festung übergab.
    Was Syagrius von seinem einst so glänzenden Hofstaat blieb, waren untergeordnete und abhängige galloromanische Aristokraten, ein paar hilflose Emigranten, ein Haufen unentschlossener und unfähiger Militärs und eine kleine Dienerschar.
    Chundo gewann zunehmend Einfluss auf den ehemaligen Statthalter, weil er dem immer wieder Verzweifelnden geistlichen Trost bot und weil er auch sonst die allgemeine Mutlosigkeit nicht teilte. Er wurde nicht müde, zum Widerstand gegen den Vormarsch der Gottlosen aufzurufen – mit »Feuer und Schwert«.
    Was Chlodwig dem König der Westgoten vorwarf, war zumeist von Chundo und den Seinen ins Werk gesetzt: Überfälle auf kleinere fränkische Abteilungen, Morde an Sympathisanten der Franken, Brandstiftungen.
    Da der Diakon Geld hatte, fand er auch leicht willige Helfer, gewöhnlich unter den Flüchtlingen aus Britannien.
    Erst vor wenigen Tagen war der kriegerische Gottesmann von einem erfolgreichen Unternehmen
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